Altnau flirtet mit grossen Schiffen
Die Gemeinde Altnau will Anschluss an die öffentliche Kursschifffahrt. Mit der Erweiterung des Hafens und dem Bau eines neuen Betriebsgebäudes plant der Gemeinderat deshalb den Bau eines 250 Meter langen Stegs mit Anlegestelle in den See hinaus.
Die Gemeinde Altnau, eingebettet in die «Sonnenecke», hat vom Tourismus noch lange nicht genug. Wenn es nach dem Gemeinderat geht, dürften die Besucherzahlen gerne noch weiter in die Höhe schnellen. Wie aber bringt man das zu Stande? Beispielsweise, indem man neue Ressourcen anzapft. Bahn und Bus machen seit langem in Altnau Halt, die Skater und Velofahrer durchqueren das Dorf auf dem gut ausgebauten Radwegnetz von alleine.
Öffentliche Schifffahrt heisst das Zauberwort, von dem sich die Seegemeinde einiges verspricht. «Wir sind der Überzeugung, dass die öffentli- che Personenschifffahrt ein wichtiger Standortfaktor ist», sagt Gemeindeammann Beat Pretali. Nicht nur Privatbootbesitzer sollen «den See erleben» dürfen, sondern auch die breite Allgemeinheit. Die Schifffahrt, findet Pretali, ist ein Bestandteil des öffentlichen Verkehrs und soll bedürfnisgerecht unterstützt werden.
Die Deutschen sollen kommen
Seine Gemeinde, so Pretali, sei
für eine Anlegestelle wegen der zentralen Lage zwischen Kreuzlingen
und Romanshorn besonders gut geeignet. Die beiden Campingplätze - «2000
Leute, die etwas unternehmen wollen» - und die
gute verkehrstechnische Anbindung sprechen
laut dem Gemeindeammann für Altnau.
Einfach eine neue Haltestelle - das macht für Pretali wenig Sinn. «Für uns
sind seequerende Kurse von Interesse.»
Die Deutschen sollen also kommen - beispielsweise aus Hagnau - und
umgekehrt will es der Altnauer Gemeinderat seinen Einwohnern und Gästen ermöglichen,
mit dem Schiff auf der anderen Seite des Sees einzukehren. Meist gehören
diese Anlegestellen zwar den
Schifffahrtsgesellschaften, doch die Altnauer wollen auch in diesem
Bereich neue Akzente setzen: «Ich bin der Meinung, dass die Infrastruktur
öffentlich sein soll.»
Das bedeutet, die Kosten bleiben an der Gemeinde haften. Oder nicht? «Es ist
eine Investition in die touristische
Attraktivität des Thurgaus. Das ist mir auch noch ein Gespräch mit
dem Regierungsrat wert», sagt der Gemeindeammann, «schliesslich bringt diese
Investition der Allgemeinheit viel.» Doch die
kantonalen Behörden zeigen wenig Interesse an einer
finanziellen Beteiligung (siehe Box). Wie viel der Steg überhaupt kosten wird,
ist momentan noch unklar. «Abklärungen
laufen», erklärt Pretali.
Will die Bodenseeflotte überhaupt?
Abklären muss die Gemeinde auch, ob die Schweizer Bodenseeflotte SBS das Ziel Altnau überhaupt ansteuern will. «Wir hatten Kontakt zur Bodenseeflotte, doch ist die Situation dort momentan natürlich sehr unsicher.» Die SBB, Besitzerin der SBS, will bekanntlich an die Stadtwerke Konstanz verkaufen. Trotzdem: Pretali ist zuversichtlich, dass seine Gemeinde und die öffentliche Schifffahrt eine gemeinsame Zukunft haben. An der nächsten Gemeindeversammlung möchte er über einen Projektierungskredit für den Hafenausbau mit Betriebsgebäude und Steg abstimmen lassen.
Kanton beurteilt Altnauer Pläne grundsätzlich positiv
Die Zielsetzung, zusätzliche
Haltestellen für die öffentliche Schifffahrt am Obersee zu realisieren,
sei im kantonalen Richtplan verankert, erklärt Werner Müller, Leiter der
Abteilung öffentlicher Verkehr Thurgau.
«Wir begrüssen das Vorhaben der Gemeinde Altnau», meint er.
Allerdings sei es an den Betreibern, zu entscheiden, ob eine Haltestelle in
Altnau ermöglicht werden könne.
Grundsätzlich habe der Kanton nichts gegen neue Haltestellen einzuwenden,
auch nicht gegen mehrere. Bleibe einzig die Frage, ob dies fahrplantechnisch
- vor allem bei ufernahen Kursen - überhaupt
möglich wäre, gibt Müller zu bedenken. Die finanzielle
Verantwortung für eine Haltestelle Altnau liege ganz klar in den Händen der
Gemeinde, in Zusammenarbeit mit der
Schifffahrtsgesellschaft, welche dort anlegen wolle.
Und wie werden Altnaus Schifffahrts-Pläne aus raumplanerischer Sicht beurteilt?
«Wir haben das Projekt studiert und es
gibt viele positive Aspekte», sagt Ulrich Hofer, stellvertretender Chef
Amt für Raumplanung, dazu. Klar sei jeder Bau in den See ein Eingriff, der 250
Meter lange Steg allerdings ein
vergleichsweise kleiner, da er lediglich auf Pfählen gebaut werde.
Die Flachwasserzone gehe nicht kaputt. Hofer hält zwar fest, dass es gewisse
Probleme aus Sicht der privaten
Schifffahrt und der Fischerei geben könne und der lange Steg auch aus optischer
Sicht verschieden beurteilt werden könne. «Nach sorgfältiger
Interessenabwägung sind wir aber zu einer
positiven Schlussbeurteilung gelangt.»
(Martina Eggensberger/Thurgauer Zeitung v. 31.01.06)