Während Jahrhunderten findet der Güterverkehr
rund um den Bodensee weitgehend auf dem Wasser statt. Zahlreiche Fuhrhalter sind
Schiffsleute. Noch im 19. Jahrhundert verkehren 150 Lastschiffe, die 33 Meter
langen Lädinen und die kleineren Segmer. Sie transportieren vor allem Salz,
Getreide, Wein, Obst und Baumaterialien. Bis nach dem Ersten Weltkrieg haben die
Bodenseekapitäne die unterschiedlichen Uhrzeiten von fünf Staaten zu berücksichtigen:
In Konstanz (Baden) gilt die Karlsruher, in Friedrichshafen
Gegen Ende des Jahrhunderts baut Saurer
Petrol- und Benzinmotoren in die Segelschiffe ein – eine willkommene Neuerung
für die Schiffsleute und für Saurer ein erfolgreicher Geschäftszweig. Mit der
stürmischen Industrialisierung um 1900 und der damit verbundenen regen Bautätigkeit
wächst der Bedarf an Baumaterial.
Hinzu kommt der Kies- und Sandabbau bei der Mündung
der Argen (Langenargen/ Kressbronn) und im Rheindeltagebiet. Mächtige
schwimmende Baggerwerke laden das laufend angeschwemmte Material auf die
Kiesschiffe um. Problemlos arbeiten Österreicher, deutsche und Schweizer
Unternehmen nebeneinander. Nach der Jahrhundertwende verschwindet der Gütertransport
auf dem Wasser. Saurer-Lastwagen treten an die Stelle der langsamen Schiffe. Was
bis in unsere Tage bleibt, sind die Kiesschiffe.
Nach der Jahrhundertwende beginnt der
vielseitige Fuhrhalter Hans Kugler mit dem Kiesumschlag auf dem Hafendamm, und
seither gehören die Kiesberge verschiedenster Körnung zum vertrauten Ortsbild
am Ufer wie der Glockenturm zur Kirche. Zunächst sind es die Pferdefuhrwerke,
die für den wachsenden Verkehr auf der Bahnhofstrasse und der 1898 gebauten St.
Gallerstrasse hinaus auf die vielen Baustellen im Neuquartier sorgen. Der «Oberthurgauer»
berichtet von zeitweise mehreren hundert Fuhrwerken täglich. Um die
Bahnhofstrasse und das Nadelöhr der Schiffländestrasse zu entlasten, liegt
1910 das Projekt für eine neue Hafenstrasse vor (heute Adolph-Saurer-Quai). Die
Textilkrise und der Erste Weltkrieg verhindern zunächst die Ausführung.
1922/23, inmitten der Wirtschaftskrise der
Nachkriegsjahre, gelangt dann das um den Hafen und die Quaianlage erweiterte
Projekt zur Ausführung. Bemerkenswert aus heutiger Sicht ist die Reihenfolge
der Argumente in der Abstimmungsbotschaft der Ortsverwaltung; steht doch die
neue Strasse an erster Stelle. Der Hafenbau und die Quaianlage mit dem Stadtpark
sind als zusätzliche Notstandsarbeiten gedacht, können doch stets bis 150 der
600 Arbeitslosen beschäftigt werden – eine willkommene Erwerbsquelle für
viele entlassene Fabrikarbeiter. Notstandsarbeiten lösen zudem kantonale
Subventionen aus.
Der Rückblick zeigt, dass die Arboner nicht
zuletzt dank Hans Kuglers Kiesumschlag auf dem Hafendamm ihre erste Uferanlage
erhalten.
(Hans
Geisser/St. Galler
Tagblatt v. 23.01.10)