Am nördlichen Bodenseeufer hofft man auf eine „MS Überlingen III“

Genau 110 Jahre lang wurde der Name Überlingen von Schiffen der Weißen Flotte über die Wellen des Bodensees getragen. Bis 2005. Seither hofft man in und um Überlingen, dass die BSB ihr schon damals für 2010 angekündigtes Neubauschiff wieder „MS Überlingen“ taufen. Doch das scheint völlig offen, in Konstanz hält man sich zum Thema bedeckt.

Hunderte Menschen bevölkerten die Seepromenade an jenem strahlend sonnigen Dezembersamstag 2005. Doch die Stimmung war gedämpft. Damen erinnerten sich mit feuchten Augen daran, wie sie als Backfische auf der MS Überlingen tanzten. Die Dampfkapelle intonierte getragene Melodien und der Shantychor leistete mit Seemannsliedern Trauerarbeit. Zur Abschiedsvorstellung pendelte das altersschwache Schiff einen Tag lang zwischen dem Namenspaten Überlingen und dem Heimathafen Konstanz. Die letzten Fahrten des „MS Überlingen“ zeigten, wie emotional die Menschen am Bodensee den Schiffen der Weißen Flotte und ihren Namen verbunden sind.

Bei der allerletzten Fahr über den See übergab der SÜDKURIER Jörg Handreke, dem Geschäftsführer der BSB, rund 400 Unterschriften von Lesern aus Stadt und der ganzen Region, die an die BSB appellierten, bitte doch eines der nächsten Schiffe wieder „Überlingen“ zu taufen. Und Handreke machte damals ein bisschen Hoffnung für 2010, denn es war schon klar, dass jenes Schiff vor allem zum Kursdienst im Überlinger See eingesetzt werden wird: „Diesen Neubau für den Namen in Betracht zu ziehen wäre das Naheliegendste.“ Auch im Überlinger Gemeinderat und im Wirtschaftsverbund (WVÜ) war Thema, welchen Verlust das Ende der 110-jährigen Kontinuität für die Tourismusstadt darstellt. Beide Gremien richteten nachdrückliche Bitten in Richtung Konstanz, die Tradition baldmöglichst fortzusetzen.

Nun wird das Neubauschiff im Frühjahr vom Stapel laufen und im Juni getauft werden. Doch ob sich die Hoffnungen erfüllen, scheint offen – auch „MS Mainau“ soll im Gespräch sein. Die Blumeninsel ist ein wichtiger touristischer Partner der BSB. „Die Frage nach dem Namen können wir nicht vor Juni beantworten, obwohl ich sie ja gerne mit Ja beantworten würde“, sagt BSB-Pressesprecherin Silke Rockenstein, selbst Überlingerin, „aber einen Schiffsnamen vor der Taufe zu nennen, soll Unglück bringen“. Geschäftsführer Handreke lässt vielsagend mitteilen: „Es ist schön, dass die Menschen sich so mit den Schiffen identifizieren und die Namensgebung unseres Neubaus schon jetzt ein Thema ist. Wir sind uns der Verantwortung bewusst, wie immer wird der Name jedoch erst bei der Taufe bekannt gegeben“.

Wie aus informierten Kreisen zu hören ist, will man sich im Beirat der BSB, der den Namen entscheidet, keinesfalls unter Druck setzen lassen. Freundliche Gespräche und gute Argumente indes von der anderen Seeseite würden aber wohl freundlich aufgenommen werden.

Wollen Sie, liebe Leser mithelfen? Schreiben Sie uns ihre Argumente, weshalb endlich wieder ein Schiff „Überlingen“ getauft werden soll. Per Post an: SÜDKURIER-Lokalredaktion, Mühlenstraße 6, 88662 Überlingen, oder per E-Mail an ueberlingen.redaktion@suedkurier.de.

Die BSB

Bodensee-Schiffsbetriebe: Die BSB unterhalten eine Flotte von 14 Schiffen, die auf dem gesamten Bodensee im regelmäßigen Kursverkehr unterwegs sind. Überdies bietet sie Ausflugs-, Programm- und Charterfahrten. Seit Mai 2003 gehören die BSB, die die Weiße Flotte von der Bundesbahn übernommen hatten, zur Unternehmensgruppe der Stadtwerke Konstanz.

Neubauschiff: Der Stapellauf des neuen 700-Personen-Schiffes soll laut BSB im Frühjahr 2010 sein, Taufe und Inbetriebnahme sind auf Juni terminiert. Das Dreideckschiff in Stahlbauweise kostet rund acht Millionen Euro, wird eine Länge von gut 58 Meter haben, eine Breite von zwölf Metern. Die beiden Dieselmotoren bringen 2343 kW (3186 PS) an die beiden Ruderpropeller. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 26,6 km/h.

Flottenmodernisierung: Nachdem sich die BSB durch die Novellierung der Rheinschiffs-Untersuchungsordnung (RheinSchuO) ab 2004 wegen der strengen Sicherheitsauflagen zur Modernisierung ihrer Flotte binnen 30 Jahren gezwungen sahen, wurde im Juli 2005 als erstes Neubauschiff die kleine „MS Lindau“ in Dienst gestellt, benannt nach ihrem Heimathafen. Da zur Flottenmodernisierung etwa alle vier Jahre ein Schiff auf Kiel gelegt werden muss, sah der Plan der BSB schon vor fünf Jahren vor, dass 2010 wieder ein großes Fahrgastschiff in Betrieb geht, das wie die damals ausgemusterte MS Überlingen im „Überlinger See“ im Kursdienst eingesetzt werden soll. Die definitive Entscheidung fiel Mitte 2008 und nach europaweiter Ausschreibung des Auftrags erhielt die österreichische „ÖSWAG Werft“ in Linz im November vergangenen Jahres den Zuschlag. Im Mai diesen Jahres begann dort der Bau. Inzwischen brachten Schwerlasttransporter die einzelnen Segmente durch den Pfändertunnel nach Fußach am österreichischen Bodenseeufer, wo derzeit der Schiffsrumpf zusammengebaut wird.

Informationen im Internet: www.bsb-online.com

(Südkurier v. 07.11.09)

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