Die Bodenseeflotte hat einen neuen Riesen
Die deutsche Bodenseeflotte hat ein neues Schiff: Am Donnerstag ist der Rohbau des bislang namenlosen Schiffs in Friedrichshafen eingetroffen. Mit seinen 60 Metern Länge gehört es zu den Riesen auf dem Bodensee. Kosten wird es rund acht Millionen Euro.
Es ist ein ungewöhnliches Bild, das sich am Donnerstag um die Mittagszeit vor Friedrichshafen bietet: Das kleine Arbeitsschiff „Friedrichshafen“ hat schnaubend den viel größeren, motorlosen rostbraunen Schiffsrohbau im Schlepptau - der sieht aus, als sei er ausgebombt. Dahinter fährt das Motorschiff „Graf Zeppelin“, das neue Schiff nicht etwa schiebend, sondern ihm von hinten die Richtung anzeigend. Im Hafen wird es dann eng. Die Motorfähre will nach Romanshorn ablegen, als das neue Schiff mit Seilen und Tauen auch per Hand durch Werftarbeiter aus Fußach und Friedrichshafen gen Werfteinfahrt gerichtet wird.
Damit ist die Odyssee zu Ende: Im Sommer im österreichischen Linz an der Donau auf Kiel gelegt, im Herbst per Tieflader über Salzburg und durch den Pfänder auf der Straße nach Fußach transportiert und dort bis zum Oberdeck verschweißt, hat der Schiffsrohbau Friedrichshafen erreicht. Dort soll über den Winter der Innenausbau vorgenommen werden. Ab Sommer dieses Jahres soll das bislang namenlose Schiff auf dem Überlinger See im Kursverkehr eingesetzt werden. Wie das neue Schiff heißen wird, will traditionell nicht vor der Taufe verraten. Favoriten sind „Überlingen“ und „Mainau“.
Innenausbau kann beginnen
Nicht nur der Zeitplan stimmt bei den Bodensee-Schiffsbetrieben (BSB) mittlerweile, es stimmen auch die Bilanzen. Einst allenfalls Schiffskosmetik betreibend, verfolgen die BSB seit einigen Jahren ein Flottenkonzept, das sowohl die Renovierung der alten Schiffe vorsieht, als auch den Schiffsneubau forciert und die Flotte verjüngt. Gestern warteten in der Werft neben dem Zeppelin Museum bereits die Handwerker, um mit dem Innenausbau beginnen zu können.
Die offensive Geschäftspolitik der BSB scheint zu greifen: Die Passagierzahlen steigen, trotz Wirtschaftskrise und angehobener Fahrpreise stiegen in den zurückliegenden Jahren mehr Menschen in die großen weißen Schiffe auf dem Bodensee, um auf ihnen zur Mainau, ins schweizerische Stein am Rhein, nach Konstanz, Friedrichshafen oder Bregenz zu schippern. Sie scheinen zu schätzen, dass der Komfort auf den Schiffen gewachsen ist, dass neue Schiffe die veralteten ersetzen. Allein die Fahrten zur Seebühne nach Bregenz waren zuletzt der Renner – und die Schiffe immer ausgebucht.
Die Vergabe des Neubauschiffs an die österreichische Öswag-Werft in Linz hat am Bodensee nicht nur Beifall gefunden. Die heimische Kressbronner Bodan-Werft hätte den Auftrag gerne übernommen, musste sich aber sagen lassen, dass sich das Angebot der Österreicher als das wirtschaftlichste erwiesen habe und von der Öswag die Fertigstellung rechtzeitig zu Beginn der Sommersaison 2010 zugesagt worden sei. Die Öswag ist seit über 20 Jahren Auftragnehmer der BSB sowohl im Schiffsneubau als auch bei schiffbaulichen Arbeiten wie Revisionen und Umbauten. In Kressbronn schluckte man – und hofft, künftig wieder zum Zuge zu kommen. Denn die Bodensee-Schiffsbetriebe setzen ihren Investitionskurs fort.
„Sonnenkönigin“ unter Druck
Die Erfolge der zu den Konstanzer Stadtwerken gehörenden Bodensee-Schiffsbetriebe fallen in eine Zeit, in der das Flaggschiff „Sonnenkönigin“ auf dem Bodensee mit Auslastungsproblemen kämpft. Und das überrascht viele. Denn sie rechneten bereits mit einem Überlaufen der Kundschaft zu dem neuen Paradeschiff unter österreichischer Flagge, das alles zu bieten schien, was die BSB-Schiffe nicht hatten. Doch weit gefehlt, wie sich herausstellen sollte.
Unter anderem die Wirtschaftskrise macht dem größten Schiff auf dem Bodensee zu schaffen, nachdem das Klientel der großen Unternehmen derzeit das Geld nicht so locker sitzen hat und weniger bereit scheint, teure Events auf dem Wasser abzuhalten. Allerdings sind die beiden Unternehmen nur bedingt vergleichbar: Während die Bodensee-Schiffsbetriebe vorwiegend im Kursverkehr ihr Geld verdienen, muss sich das die „Sonnenkönigin“ über Sonderveranstaltungen holen, und die sind im Moment nicht so gefragt wie vom Eigner erhofft.
Die Bodensee-Schiffsbetriebe bieten mit einer Flotte von insgesamt 14 Schiffen alljährlich zwischen Ostern und Oktober einen regelmäßigen Kursverkehr auf dem gesamten Bodensee sowie Ausflugs-, Programm- und Charterfahrten. Gemeinsam mit der Schweizerischen Bodensee-Schifffahrt AG Romanshorn betreiben sie ganzjährig im Stundentakt die Fährverbindung zwischen Romanshorn und Friedrichshafen.
(Siegfried Großkopf/Schwäbische Zeitung v. 08.01.10)
Neues Schiff im Schlepptau
Die Werft der
Bodensee-Schiffsbetriebe Konstanz (BSB) in Friedrichshafen ist um einen
„Gast“ reicher. Seit gestern Nachmittag liegt das Neubauschiff der BSB im
Dock, um endgültig für den Kursverkehr auf dem Bodensee ab Juni dieses Jahres
fit gemacht zu werden.
„Für den Laien klingt
es umständlich, für den Fachmann ist es selbstverständlich“, sagt
Werftleiter Franz Dossinger im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Das Schiff wurde
bei der ÖSWAG-Werft im österreichischen Linz im Juni 2009 auf Kiel gelegt. Im
Oktober waren die ersten Teile auf einem Schwerlasttransport in Fußach
angekommen und wurden anschließend bis zum Hauptdeck zusammengeschweißt.
Anfang dieser Woche lief das Schiff, das 700 Passagieren Platz bietet, vom
Stapel. „Bevor das Schiff heute aus der Rheinmündung herausgezogen werden
konnte, musste zunächst ein Eisbrecher eine Fahrrinne frei räumen. Dann wurde
es im Schleppverband vom Arbeitsschiff ‚Friedrichshafen' und dem Motorschiff
‚Graf Zeppelin' ans deutsche Bodenseeufer gezogen“, berichtet der Experte.
Aus dem Rohbau werde nun in der Werfthalle nach und nach ein schmuckes
Ausflugsschiff, das im Frühjahr in See stechen werde, teilt Dossinger mit.
Jörg Handreke, Geschäftsführer der
Schiffsbetriebe betont, mit dem neuen Schiff setze man die Strategie der
Gesellschaft fort und modernisiere die Flotte der BSB weiter. „Mit dem Neubau
soll die Flotte modern, umweltfreundlich und effizient gestaltet werden. Das 59
Meter lange Schiff wird ab dem Sommer besonders im Kursverkehr auf dem Bodensee
eingesetzt. Es ist dann das zweite neue Schiff der Reederei innerhalb von vier
Jahren. Die Kosten dafür belaufen sich auf rund acht Millionen Euro“, so der
Geschäftsführer. Das Schiff werde mit modernster, kraftstoffsparender Motoren-
und Propellertechnik ausgestattet und sei so konzipiert, dass auch Menschen mit
Behinderung problemlos bis zum Oberdeck gelangen könnten.
„Dieses Schiff wurde wie MS Lindau intensiv geplant“, erklärt Jörg Handreke. Gemeinsam mit Schiffbauingenieur Bernhard Utz wurde bei Schleppversuchen mit einem maßstabsgetreuen Modell in der Potsdamer-Schiffbau-Versuchsanstalt und durch Computersimulationen der Widerstand und die Wellenerzeugung des Schiffes im Wasser untersucht und ausgefeilt. „Der Baufortschritt des Schiffes liegt gut im Plan. Die Zusammenarbeit der österreichischen ÖSWAG-Werft mit unserem Projektteam von den BSB klappt hervorragend“, unterstreicht der Geschäftsführer.
(Südkurier v. 08.01.10)
Rohbau des
neuen BSB-Schiffs nun in Friedrichshafen