Ein besonderes Musikerlebnis auf dem See
Schweizer Streicher und Häfler Bläser konzertieren auf der Euregia
Zum „Treffpunkt Bodensee“ hat das Internationale Bodenseefestival am späten Sonntagmorgen
auf die Fähre Euregia geladen und viele sind gekommen. Bodenseefestival pur an einem Tag, wie er
schöner nicht sein könnte. Aus Romanshorn brachte die Euregia das Jugendorchester Oberthurgau mit, in Friedrichshafen stieg das Symphonische
Jugendblasorchester Friedrichshafen zu, eine reizvolle Begegnung von Streichern und Bläsern.
Die Euregia fuhr ein Stück weit auf den See, blieb stehen und die Oberthurgauer legten los. Ein anspruchsvolles
klassisches Programm hatte ihr Leiter Gabriel Estarellas Pascual zusammengestellt, ein schwieriges Unterfangen, mit Streichern, die sich um
sensibles Spiel bemühen, gegen die Geräuschkulisse auf dem Schiff anzugehen. Zu hören waren Leichtigkeit und Biss bei Tschaikowsky,
beschwingtes, graziöses Tänzeln bei Gluck, feierliche Getragenheit in Elgars Elegie und Dynamik neben pastoraler Idylle bei Mendelssohn.
Wer anderes liebte, kam beim Häfler Jugendblasorchester voll auf seine Kosten. Sein Leiter Alain Wozniak hatte, dem
Motto des Festivals entsprechend, ein orientalisches Programm ausgewählt und lieferte damit auch gleich das aus technischen Gründen
ausgefallene, seit Jahren beliebte Muttertagskonzert nach. Hatten bei den Streichern die Maschinen, die für die Stromerzeugung laufen
mussten, das Hörerlebnis deutlich eingeschränkt, war das für die Bläser kaum ein Problem, hier setzten sich Piccolo und Co. ebenso durch wie
die Blechbläser. In farbigem Spiel begegneten sich bei Camille Saint-Saëns Orient und Okzident, märchenhaften Pomp bis hin zu
Klangexplosionen lieferte Carl Nielsens Orientalischer Festmarsch, starke Kontraste prägten Mickey Nicolas’ Suite Orientale. Dazwischen
erklang als spannend-sperrige und zugleich melodische Herausforderung Frigyes Hidas’ „Violina“ für Violine und Bläserensemble, in der Jannai
Balikavlayan, der an der Häfler Musikschule unterrichtet, als Solist glänzte. Zuletzt entführte das Jugendblasorchester in buntesten Farben
zu Harry Potter und Walt Disneys Aladdin.
Lockere Atmosphäre auf dem See
Die Idee, dass Friedrichshafen und Romanshorn wieder einmal zusammen etwas unternehmen, dass gerade die Jugend stark
eingebunden wird und das alles auf dem See, hat sich bewährt. Für nächstes Jahr ist jedenfalls an eine Neuauflage gedacht. Man konnte Musik
hören, die prächtige See-Kulisse genießen, konnte essen und trinken, es sich oben an der Sonne gut gehen lassen – Musik als Teil des
Lebensgenusses. In der ersten Hälfte sah man oben die Häfler Musiker noch eifrig in ihre Noten schauen, einiges anspielen. Auch sie genossen
die lockere Atmosphäre. Die Kommentare der Erwachsenen waren durchwegs zustimmend, auch wenn einige meinten, dass sie so weniger Musik
mitbekommen hätten. Es war eben ein etwas anderes Erlebnis, eines, das man lange nicht vergisst.
(Helmut Voith/Schwäbische Zeitung v. 19.05.14)