Die Fähre
„Konstanz“ ist von oben bis unten überholt worden. Die Stadtwerke
Konstanz haben rund 750.000 Euro investiert.
Für den absoluten Notfall liegen Holz und Säge
bereit: In der Schifffahrt vertrauen die Fachleute immer noch auf bewährte
Hilfsmittel. Sollte eine der Fähren zwischen Konstanz und Meersburg in echte
Seenot geraten und Wasser ins Schiff gelangen, stehen Keile und Sandsäcke
bereit, um ein Leck abzudichten. „Das Holz ist nach wie vor am einfachsten“,
sagt Dieter Ehinger von den BSB (Bodensee-Schiffsbetriebe), der als Leiter der
BSB-Werkstätten auch bei der Sanierung der Fähre „Konstanz“ federführend
war. Holz und Säge sind aber noch nie zum Einsatz gekommen: „Ich weiß von
keinem Fall, in dem wir sie gebraucht hätten.“ Und damit es nicht soweit
kommt, wird die komplette Technik stets geprüft und bei Bedarf erneuert.
63 Mal um die Erde Die Stadtwerke haben eben
die „Konstanz“ aufwändig saniert und rund 750 000 Euro in das Schiff
gesteckt. Neues Glanzstück ist ein MTU-Motor. Der alte hat seine Schuldigkeit
getan nach rund 130 000 Betriebsstunden seit dem Jahr 1985 – etwa 500 000 Überfahrten
waren es oder 63 Erd-Umrundungen, wie Technik-Chef Hans-Dieter May vorrechnet.
Der Einbau eines neuen Motorentyps sei immer sehr aufwändig. Doch er garantiere
geringe Schadstoff-Ausstöße. Hinzu kommen moderne Rußpartikelfilter, die
elektronisch gesteuert sind. Da alle Fähren mit MTU-Modellen ausgestattet sind,
ist der Austausch von Ersatzteilen insgesamt einfacher und günstiger, erläutert
Projektleiter Dieter Ehinger.
In der „Konstanz“ sind zudem Getriebe und
Steuerung ausgetauscht sowie die Propeller überholt worden. Der Motorenraum
wurde gereinigt und neu gestrichen, nachdem sich über die Jahre überall Ruß
angesammelt hatte. „Der ganze Raum war wie eine schwarze Höhle“, erzählt
Ehinger.
Es ist eine Art Frischzellenkur für das in
die Jahre gekommene Schiff. Der Fahrgast sieht es schon beim Betreten der Brücke:
Die Bemalung der Fahrspuren an Bord zeigt satte Farbtöne. Im Rahmen der
Sanierung wurden auch die einzelnen Räume aufgemöbelt. Fähre-Bereichsleiter
Stefan Ballier: „So ein Schiff ist wie ein Haus.“ Er nennt die Sanierung der
Toiletten oder den Austausch der Trinkwasseranlage mit dem 5000 Liter fassenden
Tank. Dieter Ehinger: „Die Trinkwasser-Bestimmungen werden immer
anspruchsvoller.“ Der Tank selbst ist allerdings nur bis zur Hälfte gefüllt,
da alle zwei Tage das Wasser ausgetauscht wird.
Der Mannschaftsraum, in dem sich die
Mitarbeiter in den Pausen aufhalten, wurde auf Vordermann gebracht. Nachdem er
seit 1975 unverändert war, habe Ehinger darauf besonderes Augenmerk gelegt,
sagt Stefan Ballier. „Es ist ihm alles sehr gut gelungen.“ Auch die Steuerhäuser
wurden modernisiert. Neben der Optik habe man auf ergonomische Arbeitsplätze
geachtet, erläutert Hans-Dieter May. Bei der Sanierung waren neben Fremdfirmen
rund zehn Mitarbeiter der Fähre im Einsatz.
Die Stadtwerke und die BSB nutzen die
Wintermonate, um ihre Schiffe von oben bis unten zu überholen. Dazu kommt der
Sicherheits-Check, bei dem rund 200 Punkte abgearbeitet werden. „Das ist eine
Sicherheitsfrage für uns und unsere Kunden“, sagt May. Er hat zudem selbst
die elektronische Alarmanlage im Detail geprüft. Schließlich sollen Säge,
Holz und Sandsäcke auch in Zukunft nicht zum Einsatz kommen.
Die „Konstanz“ wird seit 1975 auf der
Verbindung Konstanz-Meersburg eingesetzt. Sie war seit 1928 die neunte Fähre.
Das Schiff ist 68 Meter lang und fasst etwa 54 Autos. Leer kann es bis zu 24
Stundenkilometer fahren, beladen 22,5 Stundenkilometer. Der bisherige Motor
wurde 1985 eingebaut. Die „Konstanz“ hat rund 6,7 Millionen Mark (3,4
Millionen Euro) gekostet. Zum Vergleich: Die neue „Lodi“,
die seit 2010 auf der Fährverbindung im Einsatz ist, misst 82,37 Meter und
fasst bis zu 64 Autos. Die Stadtwerke haben in die Lodi rund elf Millionen Euro
investiert. Im Einsatz waren seit dem Jahr 1928 insgesamt 13 Fähren, aktuell
sind es sechs.
(Josef Siebler/Südkurier v. 03.01.12)