Fähre-Pirouetten sorgen für Ärger

Eine unerwartete Karussellfahrt auf dem See, angeheiterte Stadträte an Bord und ratlose bis erboste Passagiere: Eine nächtliche Überfahrt nach der Haltnau-Sitzung des Konstanzer Gemeinderats könnte noch einigen Ärger mit sich bringen.

Hoppla, dachten sich Fähre-Fahrgäste der Fähre von Meersburg nach Konstanz in der Nacht zum Samstag, was ist denn da los? Vor Einfahrt in den Staader Hafen begann das Schiff plötzlich Pirouetten zu drehen. Was als nette Geste gemeint war, könnte nun einigen Ärger nach sich ziehen - die Konstanzer Stadtwerke sind bereits mit der Aufarbeitung des Vorfalls beschäftigt.

Konstanzer Stadwerke mit Aufarbeitung beschäftigt

Der eindrucksvolle Leistungsbeweis der Voith-Schneider-Antriebe kam, wie die Zuschrift einer Leserin aus Neuleinigen zeigt, aber nicht überall gut an. Eine der Redaktion namentlich bekannte Frau schreibt wörtlich: „Nach ca. 10 Min. Fahrt, ich saß im Aufenthaltsraum, fing das Schiff unheimlich an zu vibrieren, ich dachte, wir fahren schon in den Hafen in KN ein, schaute auf und sah, wie sich die vielen Lichter vom Ufer um das Schiff drehten. Ich fühlte mich wie in einem Karussell im Dunkeln, Tausende Lichter draußen drehten und drehten sich um das Schiff. Es hörte gar nicht mehr auf. Ich dachte nur: ,Was ist das jetzt?', ich begriff gar nicht, was los war. Das Ganze ging minutenlang so, mir wurde schlecht und schwindelig, die Leute schauten ungläubig, keiner kapierte, was los war. Natürlich drehten sich nicht die Lichter um das Schiff, sondern das Schiff selbst drehte sich.

Irgendwann stand ich auf, ging nach draußen und fragte eine Frau, die zuvor im Restaurant gearbeitet hatte und Schichtende hatte, ob sie wisse, was das solle. Sie sagte, nein, so etwas habe sie auch noch nicht erlebt. Wir standen ca. 200 Meter vor der Hafeneinfahrt und die Fähre drehte sich unaufhörlich um die eigene Achse. Wir hatten Angst, das Schiff sei defekt und manövrierunfähig. Angst, das Ufer nicht mehr zu erreichen. Ich dachte, ich müsse mich demnächst übergeben.

Sie ging nach oben zum Kapitän und wollte sehen, was los sei. Als sie wieder kam, war sie fassungslos. Sie sagte, eine Gruppe von zirka 20 alkoholisierten Passagieren sei auf der Brücke und der Kapitän habe gesagt, er wollte ihnen zeigen, was das Schiff könne!!!! Um 24.00 Uhr lief das Schiff dann schließlich in den Konstanzer Hafen ein und legte an. Mir war immer noch schlecht. Die Dame sagte, sie würde wohl jetzt ihren Bus in die Stadt verpassen. Vor lauter Aufregung fiel sie dann noch beim Herabgehen die letzten zwei Treppenstufen herunter und schlug sich die Knie auf.

Bierflaschen in der Hand

Diese Gruppe von Passagieren, viele davon noch mit Bierflaschen in der Hand, kam sichtbar bespaßt die Treppe herunter und stieg dann in einen roten Sonderbus der Stadtwerke ein. Dieser Kapitän sollte meines Erachtens vom Dienst suspendiert werden. Solche Späßchen kann er machen, wenn er allein auf der Fähre ist, aber nicht auf einer normalen Überfahrt mit Passagieren. Aber selbst dann wäre so etwas wahrscheinlich nicht erlaubt. (…) Ich fahre nun schon seit 25 Jahren Fähre, aber so etwas habe ich noch nie erlebt.“

„Angst und Schrecken“, wie die Beschwerdeführerin sagt, hat auf der Fähre zwar nicht überall geherrscht, einige Fahrgäste an Deck freuten sich durchaus über die unerwartete Karussellfahrt auf dem See. Andere fanden es weniger witzig. Doch was da los war, das hätte man den Fahrgästen schon mitteilen sollen: Beseelt von ihrer Haltnausitzung kamen die Konstanzer Stadträte an die heimischen Gestade zurück, und wie jedes Jahr bei der Rückfahrt zeigte der Fährbetrieb den Vertretern des Eigentümers (also der Konstanzer Bürgerschaft), was in den Schiffen so steckt.

Stadträte auf Schlingerkurs

Eine kleine Durchsage hätte die große Verwirrung erspart. Denn irgendwie reicht es ja, wenn – auch das blieb den Passagieren ja nicht verborgen, siehe die Zuschrift – der eine oder andere Stadtrat auf Schlingerkurs ist.

(Jörg-Peter Rau/Südkurier v. 15.10.12)

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