Mittagstisch auf dem Mensaschiff

Bald könnten die Schüler des Humboldt-Gymnasiums auf der alten "Friedrichshafen" essen

Eine Idee, die Verwirrung bis Verwunderung hervorruft - und die Schüler, Eltern und Lehrer des Humboldt-Gymnasiums begeistert: Das ausgemusterte Schiff "Friedrichshafen" könnte zum Mensaschiff für die "Schule am See" werden. Derzeit essen täglich bis zu 70 Kinder in der ehemaligen Hausmeisterwohnung.

Rund 30 Kinder stürmen gleichzeitig den Raum, die Schulranzen fliegen in die Ecke. Die Fünft- und Sechstklässler des Humboldt-Gymnasiums sind ausgehungert. Der Mittagstisch in der ehemaligen Haumeisterwohnung der "Schule am See" ist vor allem wichtig für die "Küken", wie Silvia Schneider sagt. Sie ist eine der Mütter, die gemeinsam mit gut 20 anderen Elternteilen den Mittagstisch organisiert. Die Situation ist zwar sehr fröhlich und liebevoll, aber die Enge ist nervig.

Das könnte sich bald ändern. Eine entsprechende Idee wurde an die Stadträtin Gabriele Weiner (FWG) herangetragen: Das Humboldt könnte ein Mensaschiff bekommen. Und zwar die ausgemusterte "Friedrichshafen", die derzeit im Hafenbecken liegt. Sie sei zwar nicht seetauglich, aber fest verankert am Pulverturm könnte man sie nutzen.

Auf diesen Gedanken gekommen ist der Küchenchef der Gastronomiebetriebe des Klinikums, Reinhard Ruhland, in der Diskussion mit Eltern und einer Lehrerin. "Die Situation in der Wohnung kann so nicht bleiben. Das ist allen klar", sagt Ruhland, der seit einem Jahr das Essen liefert.

"Die Idee ist doch wirklich großartig und egal, wen ich bislang angesprochen habe: Die Begeisterung ist überall vorhanden ", sagt Gabriele Weiner. Das Landratsamt habe Unterstützung signalisiert und auch die Stadtwerke als Eigner zeigen sich offen. Stadtwerke-Sprecherin Silke Roggenstein: "Die Idee klingt spannend, vorstellen können wir uns das schon." Allerdings müssten noch einige Rahmenbedingungen geklärt werden.

Das sagt auch der Konstanzer Bürgermeister Claus Boldt, in dessen Zuständigkeit auch das Thema Schule fällt. Er bremst die Euphorie etwas. "Wir finden die Idee prinzipiell klasse. Rechtliche und versicherungstechnische Fragen müssen aber ganz genau geklärt werden." Ein Problem, das die Stadt auch zurückhaltend reagieren ließ, ist bereits gelöst: Reinhard Ruhland und seine Truppe vom Klinikum würden die Mensa betreiben.

Die Direktorin am Humboldt-Gymnasium, Anna-Maria Lacher, findet die Idee als Übergangslösung super. "Was auch immer dazu beitragen kann, unsere Situation zu verbessern, ist willkommen." Im Zuge des achtjährigen Gymnasiums und der vielen Schulstunden müssten die Kinder einfach ein warmes Essen am Mittag bekommen. Im Humboldt seien das an Spitzentagen bis zu 70 Kindern. Die Räume seien zwar inzwischen eingerichtet und auch mit schönen Bildern geschmückt. Aber die Enge ist unerträglich.

Auch die Eltern, die seit mehr als einem Jahr den Mittagstisch in Eigenregie organisieren, freuen sich über eine Veränderung. Silvia Schneider: "Die Kinder sind so dankbar, dass sie hier ein warmes Essen bekommen. Aber Platz haben sie einfach zu wenig." Heinrich-Otto Silber schöpft seiner Tochter Gemüse-Makkaroni und meint: "Ich kann nur ein Kompliment an alle Eltern loswerden, die sich hier kümmern." Und das sind vor allem berufstätige Mütter und Väter, die in ihrer knapp bemessenen Freizeit auch noch helfen, wo wirklich Not am Mann herrscht.

Auch Anna-Maria Lacher lobt: "Ohne diese Eltern könnten wir das nicht machen." Deshalb will sie auch die Einrichtung einer richtigen Mensa forcieren. "Im nächsten Jahr brauchen 120 Schüler den Mittagstisch."

(Südkurier v. 27.10.05)

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