Wintersturm
An die anderen "Konstellationen" erinnere ich mich nicht mehr. Die Mannschaft bestand aus älteren Kapitänen und Steuerleuten, die den Fahrdienst den Arbeiten in der Werft vorzogen. Der Hafenschalter war damals noch stundenweise geöffnet, vermutlich vor allem wegen der Pendler mit Monats- und Zeitfahrkarten. Ich erhielt zwei halbe Kinderfahrten für die Hin- und Rückfahrt nach Meersburg zum Personalpreis von damals je 45 Pfennigen. Dazu wurde die Fahrkarte noch mit einer Schere schräg durchgeschnitten! Die Mannschaft begrüßte uns ironisch mit den Worten: "Euch wird es aber nachher schön durchschütteln!". Doch bedingt durch den Voith-Schneider-Antrieb hielt sich die "Hegau" wacker und begann erst zwischen dem Hörnle und Meersburg zu rollen.
Ich erinnere mich auch an den Hecksalon, der für die I. und II. Klasse unterteilt war. Der hintere Teil war ursprünglich der Rauchsalon gewesen, später wurde der vordere Teil für die II. Klasse eingerichtet. An der Rückwand des I. Klasse-Abteils hing ein schönes Gemälde mit dem Meersburger Schloss, das heute im Büro des Personalrats-Vorsitzenden Frank Burkhard hängt. Ich habe ihm einmal gesagt, dass ich das Bild länger kenne als er und er meinte: "Nicht möglich!"
Als die Wellen höher wurden, verzogen wir uns in die vordere Kajüte mit wunderschön lackierten Naturholz-Bänken. Ich stellte mich auf eine Bankreihe am Fenster auf der Backbordseite und schaute fasziniert in die anrollen Wellen, bis ein Brecher gegen das Bullauge klatschte und ich vor Schrecken hinterrücks von der Bank fiel, aber von Albert rasch aufgefangen wurde.
In Meersburg wurde am alten Platz 3, dem Motorbootsteg an der Innenseite der Mole vor dem Gredhaus angelegt. Einer von der Besatzung meinte noch, dass man deswegen die "Hegau" anstelle der "Mainau" in den Kurs genommen hätte, deren Vorschiff für diesen Platz zu hoch wäre. In Höhe der Haltnau kam schon die "Augsburg" in Sicht und Albert meinte, warum man bei diesem Wetter nicht die "Grünten" auf dem Häfler-Kurs eingesetzt hatte.
Schon
aus der Ferne kam mir die "Augsburg" etwas seltsam vor, da man die
Fenster des vorderen Salons nicht sehen konnte. Das lag an den, an allen unteren
Fensterreihen angebrachten Seeschlagblenden. Im hinteren Salon war es deshalb
auch nicht nur wegen der Jahreszeit ziemlich dunkel. Nur einige Fenster hatte
man freigelassen. Zwischendurch kam die Sonne heraus und im tiefliegenden Schein
sah ich noch die "Hegau", die mit ihrer großen Hecksee Kurs auf
Unteruhldingen nahm. Dass das "Gaule" bis 1935 "Baden" hieß,
wusste ich damals noch nicht, aber die Hecksee war mit der Nachfolgerin
identisch! Bei Einbruch der Dunkelheit erreichten wir um 16.40 h ohne
Zwischenfall den Konstanzer Hafen....
(Karl F. Fritz)