Nach 10 Jahren vom See nicht mehr
wegzudenken
Die Katamaran-Verbindung als wichtiges Bindeglied zwischen den
beiden größten Bodenseestädten
Direkte Schiffsverbindungen von Konstanz nach
Friedrichshafen und umgekehrt gab es schon im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Als Ausgleich für badische Dampferkurse auf dem
Untersee, befuhr in den 1870er Jahren ein Dampfschiff aus Schaffhausen täglich einen Kurs von Konstanz nach Friedrichshafen und stellte
damit eine bequeme Verbindung für Durchgangsreisende in Richtung Ulm-Stuttgart her. Ab 1893 führte ein österreichischer Frühkurs von Bregenz
über alle Stationen bis nach Friedrichshafen, dann ging es direkt über den See nach Konstanz, wo das Schiff um 9.05 Uhr eintraf. Bei einer
Schiffsgeschwindigkeit von 22-24 km/h lag die offizielle Fahrtzeit bei einer Stunde und 15 Minuten. Gemessen an den heutigen Fahrtzeiten der
Katamarane von 50 Minuten, schneidet also die gute, alte Zeit gar nicht so schlecht ab. Einziger Nachteil war, dass es damals nur zwei
tägliche Direktverbindungen gab. Die eine führte von Friedrichshafen nach Konstanz, die andere von Konstanz nach Bregenz. Der
österreichische Dampfer kam um 7.40 Uhr in Friedrichshafen an, um die Reisenden aus dem Eilzug von Ulm in Richtung Konstanz zur Weiterfahrt
in Richtung Waldshut-Basel zu übernehmen. Als Touristik-Unternehmen steckte die Bodenseeschifffahrt noch in den Kinderschuhen, bildete aber
damals eine unverzichtbare Ergänzung des Schienennetzes. Durch den Bau der Bodensee-Gürtelbahn verloren diese Verbindungen immer mehr an
Bedeutung und wurden nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges nicht mehr aufgenommen. Zwischen den beiden Seestädten Friedrichshafen und
Konstanz hatte es bis auf die Schifffahrt, über viele Jahrzehnte nie eine enge Verbundenheit gegeben. Daran änderte auch die 1928 zwischen
Staad und Meersburg eröffnete Fähreroute nichts. Beide Städte schienen Welten zu trennen. Ein älterer Häfler“ brachte es 1976 auf den Punkt:
„Konstanz ist eine schöne und beschauliche Stadt, aber im Winterhalbjahr fahre ich schneller und bequemer mit der Bahn nach Ulm, als auf
umständlichem Wege nach Konstanz!“
Zu den geistigen Vätern der
Katamaran-Verbindung zählten der Landtagsabgeordnete Ulrich Müller und der Konstanzer Bürgermeister Volker Fouquet. Lange Zeit blieb diese
Idee umstritten. Umweltschützer und Berufsfischer traten ebenso auf den Plan wie engagierte Wassersportler, die um ihr geliebtes
Freizeitrevier fürchteten. Ein Bürgerentscheid brachte aber keine absolute Mehrheit für die Gegner der geplanten Verbindung. Am 28. November
1998 konnte die Katamaran-Reederei als Tochterunternehmen der Stadtwerke Konstanz und der Technischen Werke Friedrichshafen aus der Taufe
gehoben werden. Die Endmontage der beiden ersten Katamarane begann am 15. Dezember 2004. Die feierliche Einweihung auf die Namen
„Constanze“ und „Fridolin“ fand am 1. Juli 2005 unter
der Anwesenheit des damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler statt. Am 6. Juli erfolgte die offizielle Betriebseröffnung. Beide Boote
pendeln im Stundentakt. Die Ankunfts- und Abfahrtszeiten sind exakt auf die in Konstanz und Friedrichshafen abgehenden Züge in Richtung
Zürich und Ulm abgestimmt. Bei einer vorgeschriebenen Geschwindigkeit von 40 km/h beträgt die Fahrtdauer in der Sommerfahrplan-Periode 46
und auf der Winterroute zwischen dem 1. November und dem 30. März 50 Minuten. Die zweiköpfige Besatzung wird gemeinsam von den Stadtwerken
Konstanz und den Bodensee-Schiffsbetrieben gestellt. Für das leibliche Wohl der bis zu 186 Passagiere sorgt ein Bordbistro, wo Getränke und
kleine Snacks oder Imbisse erhältlich sind. Der dritte Katamaran mit dem Namen „Ferdinand“ wurde
am 28. Januar 2007 in Lindau eingeweiht. Der Versuch, mit dem Katamaran einen Schnellkurs zwischen der Insel Mainau und Bregenz einzuführen,
wurde zugunsten der konventionellen Fahrgastschiffe bald wieder aufgegeben. In den ersten fünf Betriebsjahren wurden zwischen Konstanz und
Friedrichshafen in beiden Richtungen insgesamt 1,7 Millionen Fahrgäste befördert. Neben Geschäftsreisenden und Berufspendlern wird die
Katamaran-Route über das Sommerhalbjahr auch gerne von Touristen und Tagesausflüglern angenommen, da sich diese Direktverbindung gegenüber
der Fahrgastschifffahrt als eine kostengünstigere und zeitsparende Alternative anbietet. Der „Kat“ bildet nicht nur eine rasche Verbindung
zum Zeppelin-Museum in Friedrichshafen, sondern auch auf umgekehrte Weise den „Häflern“ eine willkommene Möglichkeit für einen Stadt- oder
Einkaufsbummel im historischen Konstanz. Eine Fahrt mit dem Katamaran quer über den See öffnet ganz andere Perspektiven als die überwiegend
in Ufernähe verkehrenden Linienschiffe. Besonders die klaren Tage bietet sich ein faszinierender Blick auf die Alpenwelt rings um den See.
Die Sicht reicht von den Höhen des Allgäus bis zu den eisgepanzerten Viertausendern des Berner Oberlandes. Neben den üblichen Tarifen, laden
zahlreiche Spezialangebote an 365 Tagen im Jahr zu einer Tour mit den Katamaranen ein. Vor allem über die kalte Jahreszeit, wenn so manchem
Seeanwohner „die Decke auf den Kopf fällt“, bietet der „Kat“ eine willkommene Abwechslung aus dem Alltagstrott. Die einst so umstrittene
Verbindung hat sich ebenso wie die beiden Fähre-Routen zu einer unverzichtbaren Institution auf dem großen Dreiländersee etabliert.
(Karl F. Fritz