Johann Caspar Bodmer - ein Dampfschiffpionier
ohne Fortune
Vor 200 Jahren wurde der erste Versuch unternommen auf dem
Bodensee ein Dampfschiff zu betreiben
Schon 10 Jahre nach der ersten erfolgreichen Fahrt des
Amerikaners Robert Fulton mit dem Dampfboot „Clermont“ auf dem Hudson River im Jahre 1807, war die Idee eines Dampfschifffahrtsbetriebes bis
an den Bodensee vorgedrungen. Fulton war es auch, der im Jahre 1810 bei Napoleon Bonaparte den Bau einer Dampfkriegsflotte für eine Invasion
der britischen Insel vorschlug. Aber Napoleon ignorierte den Mann aus der Neuen Welt als spleenigen Phantasten. Als der französische Kaiser
im Juni 1815 an Bord des Linienschiffes "Bellorophon" nach St. Helena verbannt wurde, erblickte er im Ärmelkanal das erste Dampfschiff.
"Jetzt weiß ich, dass es einer der größten Fehler meines Lebens war, als ich Fulton aus den Tuillerien verwies!", soll er sich einem seiner
Begleiter anvertraut haben.
Etwa zur selben Zeit sah auch der in Konstanz lebende, Zürcher Textilfabrikant
Johann Caspar Bodmer auf einer Geschäftsreise nach England den ersten Raddampfer. Bodmer war von diesem Anblick so fasziniert, dass ihn der
Gedanke, für ein solches Schiff auf dem Bodensee nicht mehr losließ. Bodmer gewann für seine Idee mehrere einflussreiche Persönlichkeiten,
darunter die Stieftochter Napoleons, Hortense de Beauhairnais, deren Wohnsitz sich auf Schloss Arenenberg befand und Großherzog Ludwig von
Baden. Mit einem Startkapital von 20.000 Gulden ließ Bodmer auf dem Schiffmacherplatz am Konstanzer Seerhein beim heutigen Kur- und
Hallenbad eine provisorische Helling errichten. Unter der Leitung von zwei aus England angereisten Fachleuten, entstand ein hölzerner
Schiffsrumpf von rund 21 Metern Länge und sechs Metern Breite. Allerdings musste das Schiff mehrfach abgeändert werden und damit begannen
Bodmers Geldmittel zu schwinden. Bald sah er sich auf nicht mehr in der Lage, die bei Fawcett in Liverpool bestellte Dampfmaschine zu
bezahlen. Die Einzylinder-Maschine wurde deshalb schon in Rotterdam von den Zollbehörden beschlagnahmt. Doch so schnell ließ sich Bodmer in
seinem unbekümmerten Pioniergeist nicht entmutigen und ließ kurzerhand eine Dampfmaschine aus seiner in der Gegend der heutigen
Rheingutstraße betriebenen Spinnerei in den Schiffsrumpf einbauen. Am 30, September 1817 lief das Schiff vom Stapel und erhielt zu Ehren der
badischen Großherzogin den Namen „Stephanie“. Nach mehreren Probefahrten stellte sich bald heraus, das die provisorisch eingebaute Maschine
viel zu schwach war. Die Fahrt rheinabwärts bis in Höhe Stromeyersdorf glückte zwar, aber auf dem Rückweg musste die
„Stephanie“ mit einem Pferdegespann an ihren Liegeplatz zurückgeschleppt werden.
Auf der Jungfernfahrt am 18. April 1818 nach Meersburg, benötigte die „Stephanie“
ganze vier Stunden. Alleine das Überwinden der Rheinströmung bis zum Konstanzer Hafen nahm eine ganze Stunde in Anspruch. Auf der Rückfahrt
gab die unverhältnismäßig schwache Maschine endgültig ihren Geist auf. Die geladenen Ehrengäste, darunter mehrere Konstanzer Stadträte,
mussten das Schiff im Schweiße ihres Angesichts zurückrudern. Bodmer konnte sich nur durch schleunigste Flucht seinen wutentbrannten
Gläubigern entziehen und ließ nach Einbruch der Dunkelheit mit einem Fischerboot nach Meersburg übersetzen. Zuvor hatte er schon seine
Familie in Sicherheit gebracht. Übrig blieb ein verwaister Schiffsrumpf beim Pulverturm im Konstanzer Seerhein, von den einheimischen
Bevölkerung bald schadenfroh als „Steh-fahr-nie“ bezeichnet, bevor er 1821 abgebrochen wurde. Das Ende der „Stephanie“ fiel just mit dem
Todesjahr von Kaiser Napoleon zusammen. Die in Rotterdam beschlagnahmte Maschine, trieb sechs Jahre später, das erste, funktionstüchtige
Dampfboot „Wilhelm“ an.
Bodmer starb im Jahre 1827 in Ungarn, wo er sich noch an einem Bauprojekt für eine
Eisenbahnlinie beteiligt haben soll. Wäre Bodmers Vorhaben geglückt, so stünde er heute als wagemutiger Pionier und Wegbereiter der
Dampfschifffahrt in den Annalen der Schifffahrtsgeschichte auf dem Bodensee.
Doch am Bodensee ist Johann Caspar Bodmer
keineswegs in Vergessenheit geraten. Eines der ersten Dampfboote, das Hans Götz aus Bodman im Jahre 1980 bei der Bootswerft Wagner erbauen
ließ, erhielt zu seinen Ehren den Namen „Stephanie“.