Die prächtige
"Primadonna" der "Weißen Flotte" feiert Geburtstag
zum 50. Geburtstag von MS München
MS
München im Heimathafen Konstanz
(Bild. Karl F. Fritz)
Am 1.
August 1962 hieß es für das neue Motorschiff
"München" zum ersten Mal offiziell "Leinen los". Der
Taufakt auf den Namen der bayerischen Landeshauptstadt erfolgte unter der
Anwesenheit des Präsidenten der Bundesbahndirektion Karlsruhe, Diplomingenieur
Heinrich Günthert und Ehrengästen, darunter der damalige bayerischen
Innenminister Dr. Alfons Goppel und Graf Lennart Bernadotte als Hausherr der
Insel Mainau. Das stattliche Dreideck-Motorschiff wurde in Lindau mit flotter
Marschmusik und Böllerschüssen verabschiedet. Damals erinnerten sich nur noch
wenige Lindauer, dass auf den Tag 50 Jahre zuvor, in einem vergleichbaren
Festakt das letzte bayerische Dampfschiff, die 1961 verschrottete "Bavaria"
in Dienst gestellt worden war!
Schon
nach wenigen Tagen mussten die Lindauer ernüchtert feststellen, dass der neue
Stolz der Bodenseeflotte nicht wie bisher angenommen in der bayerischen
Inselstadt, sondern in Konstanz stationiert wurde! Einer der Gründe war die bei
Jahresbeginn 1962 erfolgte Zentralisierung der deutschen Bodenseeflotte unter
den Zuständigkeitsbereich der Bundesbahndirektion Karlsruhe mit der Hauptgeschäftsstelle
Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) in Konstanz.
Immerhin
hatte der Freistaat Bayern rund 400.000 D-Mark für die damals als luxuriös zu
bezeichnende Inneneinrichtung der "München" beigesteuert. Mehrere
Protestschreiben des damaligen Lindauer Oberbürgermeisters Steurer, selbst ein
gebürtiger Münchner, an die Bundesbahndirektion Karlsruhe liessen nicht lange
auf sich warten. Schon wollte man in Karlsruhe auf die Wünsche der Lindauer
eingehen, als sich der damalige Konstanzer Oberbürgermeister Dr. Helmle
einschaltete. "Das neue Motorschiff "München" bleibt für die
touristische Infrastruktur der Stadt Konstanz unverzichtbar!",
argumentierte das Stadtoberhaupt und kündigte gleichzeitig an, notfalls sogar
das Verkehrsministerium in Bonn einzuschalten. So verblieb der stattliche
400-Tonner mit bayerischem Namen im Hafen der Konzilstadt und bildet seither ein
unverzichtbares Rückgrat der Konstanzer Flotte. Mehr oder weniger als
"Trostpflaster", wurde im Mai 1965 das modernere, im Vorjahr in Dienst
gestellte Motorschiff "Konstanz"
nach Lindau verlegt. Im Gegenzug erhielt der Hafen Konstanz, ebenfalls wieder
zum Leidwesen der Lindauer, das bisherige, aus dem Jahre 1935 stammende,
bayerische Flaggschiff "Deutschland"
zugeteilt, das 1970 in "Überlingen" umbenannt und 2006 aus dem
Verkehr gezogen wurde.
Die
"München" unterscheidet sich von dem 1960 in Dienst gestellten
Schwesterschiff "Stuttgart"
durch die damals modischen Zwillingskamine, die dem Schiff seine besondere
Charakteristik verleihen. Da bei allen neueren Motorschiffen die Auspuffgase der
Antriebs- und Hilfsmotoren durch das Heck abgeführt werden, dienen diese
Kaminatrappen allerdings nur noch der Ventilation und der Abluft von Küche und
Heizung.
Eigentlich
sollte die "München" schon zum Saisonbeginn des Jahres 1962
fertiggestellt werden. Aber die termingerechte Ablieferung verzögerte sich
durch ein beim Auftragen einer hochbrennbaren Isoliermasse durch einen
Kurzschluss verursachtes Explosionsunglück auf der Bodanwerft in
Kressbronn. Dieses Unglück geschah am 18. November 1961 und forderte mehrere
Todesopfer und eine Anzahl von Schwerverletzten. Der Knall dieser Detonation war
sogar noch in Friedrichshafen und am 13 Kilometer entfernten Schweizerufer zu hören.
Die Werfthalle wurde vollständig abgedeckt und der bis auf die
Hauptdecks-Aufbauten fertiggestellte Neubau erheblich in Mitleidenschaft
gezogen.
Dem
Konstanzer Maschinenamt blieb keine andere Wahl, als die schon zur Ausmusterung
vorgesehene "Hohentwiel"
noch einmal für die Frühjahrssaison unter Dampf zu setzen. Dieses Ereignis hat
möglicherweise den aus dem Jahr 1913 stammenden Dampfer über die Zeit
gerettet. Die "Hohentwiel" wurde nach der offiziellen Ausmusterung als
schwimmendes Clubheim nach Bregenz verkauft und von 1987-1990 als funktionstüchtiges
Dampfschiff restauriert.
Schon
nach wenigen Tagen hatte die "München" als neuer "Star" der
Konstanzer Flotte den beiden älteren Motorschiffen "Baden"
und "Karlsruhe" den Rang
abgelaufen. Die großflächigen Panoramafenster bieten auch bei regnerischem
Wetter einen ungehinderten Ausblick auf den See und die Landschaft. Ein
besonderes Schmuckstück der "München" bildete damals der im vorderen
Drittel des Sonnendecks ausgebaute Cafesalon mit bequemen Sitzmöbeln und runden
Glastischen. Das Schanzkleid an der Stirnseite des Mitteldecks schmückt seit
der Indienststellung die Galionsfigur des legendären "Münchner
Kindl". Von Anfang an wurde die "München" für die beliebten
Sommernachtsfahrten mit Tanz und Musik und Verwaltungs-Sonderfahrten wie die
"Große Bodensee-Rundfahrt" mit Aufenthalten in Lindau und Rorschach
sowie die "Große Austria-Fahrt" nach Bregenz bevorzugt. Nach 1980
wurde auch die "München" immer mehr dem kursmäßigen Linienverkehr
zugeteilt. Rund 20 Jahre lang bildete das Kurspaar 137/138 von Konstanz nach
Bregenz die Stammroute der "München".
Ab 2006
wurde das Schiff schwerpunktmäßig dem Linienverkehr auf dem Überlingersee
zugeteilt. Neuester "Hit" sind die inzwischen zu einer festen
Institution geworden "Spaghetti-Fahrten" auf dem letzten Abendkurs
zwischen Konstanz/Meersburg und Überlingen.
Im
Winterhalbjahr 2007/8 wurden sämtliche technischen Bereiche und die Fahrgasträume
mit einem Kostenaufwand in Höhe von 2,3 Millionen Euro aufwändig restauriert.
Vergleichsweise lagen die Neubaukosten im Jahre 1962 bei 2,4 Millionen D-Mark!
Beinahe phänomenal mutet die Tatsache an, dass die ursprünglichen
Sechszylinder-Viertakt-Dieselmotoren der Motorenwerke Mannheim (MWM) auch nach
50 Betriebsjahren zuverlässig und ohne nennenswerte Leistungsminderung
arbeiten. Auf den Probefahrten nach der Renovierung erreichte das Schiff im Frühsommer
2008 immer noch seine ursprüngliche Höchstgeschwindigkeit von rund 26 km/h.
Dass die beiden Antriebsmotoren immer noch „rund“ laufen, bleibt
unbestritten ein Verdienst des technischen Personals der
Bodensee-Schiffsbetriebe!
Zusammen
mit dem Schwesterschiff "Stuttgart" zählt auch die "München"
längst zu den "Klassikern" unter den Bodenseeschiffen und hat
innerhalb der vergangenen 50 Jahre den Begriff "Weiße Flotte"
entscheidend mitgeprägt. Das ebenso imposante wie elegante
Dreideck-Motorschiff, wird noch über viele Jahre als eine beim Personal
wie bei den Fahrgästen beliebte Persönlichkeit dem Bodenseeverkehr erhalten
bleiben!