Rommels Schiffe konnten den Lindauer Hafen nicht erobern

Lindau und Konstanz streiten sich um den Lindauer Hafen. Das nimmt die LZ zum Anlass, einen Blick in dessen Geschichte zu werfen. Und da gibt es einiges zu entdecken. Einen gescheiterten Angriff vom See aus zum Beispiel.

Lindaus Arbeiter- und Soldatenräte hatten sich am 7. April 1919 der Ausrufung der bayerischen Räterepublik angeschlossen. Eine großzügige Sozialisierung sei durchzuführen, der Kapitalismus und die Macht der Bürokratie zu brechen, wie Lindaus Rätevorsitzender Oskar Groll diesen Schritt begründete. Inzwischen bat die bisherige parlamentarische Landesregierung von Bamberg aus die benachbarte württembergische Landesregierung um militärische Unterstützung gegen die revolutionäre Rätedemokratie, welche im Frühjahr 1919 besonders in Südbayern relativ viel Unterstützung erfuhr.

Der in Weingarten und Friedrichshafen stationierte Hauptmann Erwin Rommel erhielt am 16. April den Befehl, mit zwei Sicherheitskompanien gegen Räte-Lindau vorzugehen, um "die Lindauer Sicherheitskompanie zu entwaffnen, die Waffen- und Munitionslager zu besetzen, die Entwaffnung der Arbeiter durchzuführen und die Hauptagitatoren gegen die Regierung Hoffmann sofort in Schutzhaft zu nehmen", wie er in seinem späteren Bericht schrieb.

Die Warnung kam per Fahrrad

Zu Rommels Plan für die Nacht vom 18. auf den 19. April gehörte ein Angriff auf das rote Lindau über den Seehafen: "Eine Flotille bestehend aus bewaffneten Motor- und Dampfbooten sollte gleichfalls um 1 Uhr vor Lindau eintreffen, den Hafen anlaufen und die Blockade übernehmen."

Doch es kam anders. Teile der Soldaten in Weingarten und Friedrichshafen weigerten sich, gegen "die bayerischen Brüder in Lindau" zu marschieren, und ein Friedrichshafener Arbeiter begab sich per Fahrrad auf den Weg zur Inselstadt, um dort die Räte rechtzeitig zu warnen. Deren geplante Überrumpelung war dadurch geplatzt und die Inselstadt eiligst rundum mit Waffen gesichert worden, bevor Rommels Truppen mit Unterstützung etlicher bewaffneter Bauern aus dem Umland am Festlandufer eintrafen.

Rommels kleiner Bodenseeflotte erging es ähnlich: "Hauptmann Jacobi versuchte am 19. abends Punkt 1 Uhr mit seiner Flotille die Einfahrt in den Lindauer Hafen. Auf 200 Meter angekommen, wurde er von den Hafenpostierungen angeschossen und erwiderte sofort das Feuer. Nach einer halben Stunde versuchte er erneut die Einfahrt in den Hafen. Es entwickelte sich ein kurzes Feuergefecht. Auf das hin beschränkte sich die Flotille, Lindau von See her abzusperren. Verluste sind bei dem Unternehmen nicht zu verzeichnen."

Militärisch erfolglos, erreichte der spätere Generalfeldmarschall Hitlers durch die Belagerung der Stadt allerdings, dass eine noch auf den gleichen Tag angesetzte Volksversammlung sich mit großer Mehrheit für das Ende der Rätedemokratie und für den Anschluss Lindaus an die parlamentarische Regierung Hoffmann entschied.

(Lindauer Zeitung v. 17.01.08)

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