Eine
Ansicht der «Feste Munoth» verweist aus einem historischen Blickwinkel auf die
Unterstadt. Die um 1835 entstandene Gouache stammt aus der Sammlung Böhni und
wurde unlängst von der Sturzenegger-Stiftung erworben.
Das vor
rund 180 Jahren gestaltete Bild von David Kölliker (1807–1875), einem
Blumen-, Tier- und Landschaftsmaler der bleulerschen Malschule, vermittelt eine
heute kaum mehr vorstellbare Gemütlichkeit, eine grandiose Ruhe in einer total
friedlichen Landschaft ohne jede Hektik. Am liebsten möchte man rechtsumkehrt
machen und zurückmarschieren, eine Zeitreise, einen kurzen Abstecher in die
Vergangenheit unternehmen.
Idylle
pur. Besonnt der Rhein, brav und bieder die behüteten Bürger auf der Brücke,
einmal zu Fuß, dann mit Hund, auf dem Pferd, im Hintergrund die «Feste Munoth»,
rechts am Rheinufer, an der heutigen Schifflände beim Güterhof, ein
Dampfschiff, klein wie ein Spielzeug.
Drunter
und drüber
Doch der
Schein trügt, ganz so idyllisch waren die Zeiten auch damals nicht. Noch 1847
wurde in Schaffhausen ein Mann, der angeblich seine Frau mit einer arsenhaltigen
Tünne vergiftet hatte, enthauptet. Vor der Toren der Munotstadt wiederum
standen Klettgauer, unzufrieden mit der um ihre Pfründe besorgten Regierung.
Der Stadtstaat befand sich in Auflösung. Es gab Aufruhr, Rabatz, eine
Neuorientierung, politisch, gesellschaftlich. Die Industrialisierung setzte ein,
mit dem Bau des Moserdamms und der Ansiedlung von Betrieben am Rheinufer war es
mit der Ruhe vorbei.
Das
erste Kursschiff
Manches
ging im Nachgang zu den napoleonischen Kriegswirren drunter und drüber, vieles
war im Umbruch, gleichwohl: Hans Ulrich Wipf bezeichnet die liebliche Ansicht
von David Kölliker zu Recht als «besonders ansprechend und dokumentarisch
wertvoll». In einem Beitrag zu der von der Sturzenegger-Stiftung vor kurzem
erworbenen Sammlung Böhni verweist der Historiker auch auf das oben erwähnte
Dampfschiff en miniature mit seinem rauchendem Kamin; es ist die «Helvetia»,
die 1832 als erstes Kursschiff regelmäßig in Schaffhausen anlegte und 1841 in
«Omnibus» unbenannt wurde, nachdem gleich noch eine zweite «Helvetia» vom
Stapel gelaufen war.
Verdienstvoller
Ankauf
Köllikers
Bild gehört zu den grafischen Blättern, die von der Sturzenegger-Stiftung
verdienstvollerweise von den Nachkommen des vor zwei Jahren verstorbenen Arztes
Hanspeter Böhni gekauft wurden. Der bekannte Rheumatologe habe sich auf
kantonaler wie nationaler Ebene während Jahren im Rahmen des Heimatschutzes für
die Erhaltung von Baudenkmälern und historischen Ortsbildern engagiert und
gleichzeitig mit «Begeisterung und viel Sachverstand» alte Grafiken gesammelt,
schreibt Wipf. So konnten der Öffentlichkeit eine Reihe kostbarer Zeichnungen,
Aquarelle und Gouachen zugeführt werden, insgesamt 45 Ansichten der Stadt
Schaffhausen, 37 Darstellungen des Rheinfalls und 4 Bilder von Hallau und
Neunkirch. In einem Begleittext zuhanden der Stiftung erinnert Hans Ulrich Wipf
auch wieder einmal an den Sinn und Zweck jedwelcher Sammeltätigkeit;
topographische Ansichten auf graphischen Blättern, zumal aus einer Zeit, die
noch ohne Fotografie auskam, dokumentierten die «bauliche und technische
Entwicklung einer Stadt oder eines Dorfes auf einzigartige Weise».
Rarität
vom Lande
Dazu zählt
unter vielen erlesenen Blättern auch der um 1860 entstandene «Chûte du Rhin»
mit Umschwung, mit einem mehrstöckigen Hotel, einem Rebberg, mit Fabrikschloten
– ein originelles Bild in einer Art Cinémascope, einem Breitformat, gemalt
von Kupferstecher Theophil Beck, der damit den Aufbruch in die Moderne
signalisierte. Nachtrag: Anders als der Rheinfall und die Gegend um die
Munotstadt wurden damals Dörfer nur selten künstlerisch erfasst, weshalb die
Gouachen von Hallau aus der Sammlung Böhni eine absolute Rarität darstellen;
die Weinbaugemeinde zählte vor 150 Jahren mehr als 2600 Einwohner, darunter 130
Gewerbetreibende mit 35 Berufen. Hallau war mithin wohlhabend, vielleicht nahm
deshalb der eine oder andere Künstler auch mal auf dem Lande Stift oder Pinsel
in die Hand.