Als die Bahn das Dorf prägte

Der Verkehrs knoten Romanshorn ist zwar kein Zufallsprodukt, hat seine Existenz aber weitgehend den politischen Konstellationen der Entstehungszeit zu verdanken.

Sicher gehört es nicht zur Allgemeinbildung, den Club der Ticketsammler («Club of Ticket Collectors») zu kennen. Tatsächlich ist dieser aber der einzige deutschsprachige Verein, dessen Mitglieder sich auch, aber nicht nur, mit dem Sammeln von Fahrausweisen aus allen Epochen der Verkehrsgeschichte beschäftigen. Romanshorn hatte am Wochenende die Ehre, sich als Tagungsort für die Jahreshauptversammlung zu präsentieren.

Ein Thema: Ein Referat des Eisenbahn-Historikers Anton Heer über die Entstehungsgeschichte des Eisenbahn-Verkehrsknotens Romanshorn.

Konkurrenz der Kantone

Gemäß Anton Heer ist die Entstehungsgeschichte des Romanshorner Bahnhofs mit seinen umfangreichen Gleis- und Umschlaganlagen vor allem der Konkurrenz der Kantone zu verdanken. Und einem Anachronismus, dem bereits bei seiner Entstehung überholten Fährverkehr. Rorschach hatte sich längst etabliert, als durch die Thurtallinie Romanshorn und nicht Amriswil als Hochburg der Textilindustrie als Knotenpunkt in den Vordergrund rückte. Was den Romanshorner Historikern um Max Tobler in allen Einzelheiten präsent ist, rückte Heer in den Kontext zu den Bemühungen, die Schweiz verkehrstechnisch zu erschließen. Für die St. Galler war der Thurgau zu jener Zeit «Feindesland», was damals zu bautechnisch riskanten Projekten wie der Thurtallinie führte, die einer sinnvollen Erschließung widersprachen. Das Universalgenie Alois Negrelli oder der Vermessungsexperte und Kartograph Johann Sulzberger, erinnerte Heer, seien eng mit dieser Entwicklung verbunden.

Lebendige Erinnerungen

Nach dem Trajektwesen, das sich bis in die 1970er-Jahre hielt, habe die Autofähre die Bedeutung des Standorts Romanshorn eisenbahntechnisch relativiert, zumal modernste Technik und die Umstrukturierung des Bahnwesens aufwendige Knotenpunkte überflüssig machten. Eine Führung mit Ortshistoriker Max Tobler durch das neue Museum vertiefte die Eindrücke der Besucher.

(Alois Degenhardt/St. Galler Tagblatt v. 01.10.09)

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