Den Hafen mit Kanonen geschützt
Straßennamen in
Rorschach: Dem berühmten General Dufour haben viele Schweizer Ortschaften eine
Strasse gewidmet. Aus gutem Grund benannte auch Rorschach eine – wenn auch
unscheinbare – Strasse nach der Militärlegende.
In
Rorschach spart man bei der Bezeichnung von Strassen mit Namen von Berühmtheiten.
Abgesehen von den nach amerikanischen Präsidenten benannten Strassen im Feldmühlequartier
sind nur die Dufourstrasse, die Pestalozzi-, die Müller-Friedberg-, die Karl-
Brandt- und neu die Adolf-Gaudy-Strasse nach Personen benannt, die im öffentlichen
Leben standen.
Als
die Hafenstadt um 1890 einen Namen suchte für eine neue Verbindungsstrasse, die
oberhalb der St. Galler Bahnlinie östlich der Reitbahnstrasse abzweigt,
erinnerten sich die Rorschacher, dass der berühmte General Guillaume-Henri
Dufour ihrer Stadt einst seine besondere Aufmerksamkeit geschenkt hatte.
Im ganzen Land bekannt
Dufour
war zur Mitte des vorletzten Jahrhunderts aus zwei Gründen wohl der damals
bekannteste Schweizer: Unter seiner Leitung war die Schweiz ab 1832 vermessen
und die «Dufourkarte» geschaffen worden, und er hatte als General der Eidgenössischen
Armee 1847 den Sonderbundskrieg, den letzten Bürgerkrieg in unserem Land,
umsichtig und humanitär mit wenigen Verlusten beendet.
Dufour
wurde erneut zum Oberbefehlshaber gewählt, als während des Neuenburgerhandels
der König von Preußen drohte, im Januar 1857 seine Heere gegen die
Eidgenossenschaft in Bewegung zu setzen. Es ging um den Status des Kantons
Neuenburg, der Mitglied der Eidgenossenschaft, gleichzeitig aber im Besitz des preußischen
Königs war.
Kanonen für Rorschach
In
seiner Rede nach der Wahl sagte Dufour: «Meine Aufgabe ist schwer, ich bin
schon alt, die Jahreszeit ist rauh und unser Feind ist mächtig. Doch wir werden
uns Gott anvertrauen.» Seine Verteidigungspläne betrafen auch den Bodensee: «Die
der Schweiz angehörenden Dampfschiffe auf dem Bodensee sollten jedes mit vier
leichten Geschützen auf Marine Lafetten bewaffnet werden. Die Häfen von
Romanshorn und Rorschach waren mit einigen Stücken schwerem Geschütz, durch
Brustwehre gedeckt, in Verteidigungszustand zu setzen.» Aus der ganzen Schweiz
marschierten Soldaten an die Grenze am Rhein, von Basel bis zum Bodensee. Das
Tagblatt der Stadt St. Gallen beschrieb den Marsch eines Tessiner Bataillons,
das in Rorschach von einer großen Volksmenge und der Bürgermusik empfangen
wurde: «Die Passage durch das Misox und über den 6700 Fuß hohen Bernhardin
war sehr gefährlich. Der Schnee lag drei bis vier Schuh hoch und der
schneidende Wind verwehte den Weg. Die Tessiner Soldaten riefen <Viva Rosak>
bevor sie sich auf den Dampfschiffen <Stadt
Schaffhausen> und <Thurgau>
nach Romanshorn einschifften.»
Dufour besucht Rorschach
Am
16. Januar 1857 erhielt Dufour von der Bundesversammlung die Nachricht, dass der
befürchtete Krieg habe vermieden werden können. Der General ordnete sofort die
Entlassung der Truppen an und begab sich auf Inspektionsreisen. Überschwänglich
schrieb das Tagblatt der Stadt St. Gallen am 20. Januar 1857 von seinem Empfang
im festlich mit Flaggen geschmückten Rorschach. Am Bahnhof wurde der Gefeierte
von den Offizieren Rorschachs begrüßt. Unter dem Jubelruf der Bevölkerung
begab er sich mit seinem Gefolge zu Fuß in den «Flecken Rorschach». Im Archiv
der Bürgermusik Rorschach ist bestätigt, dass die Musik den General am Bahnhof
abholte und zum Hotel Schiff begleitete.
Die Strasse des Gewerbes
Die
ersten Bauanzeigen für Häuser an der neuen Strasse datieren von 1889, als sich
die Stadt über die Bahnlinie hinaus auszudehnen begann. Zwischen Bahnlinie und
Strasse befand sich der 1906 gegründete Betrieb der Wagnerei Eberle, eines
Gewerbes aus der Zeit von Ross und Wagen, als alles, was fahrbar oder
geschlittet werden konnte, von Wagnermeistern hergestellt wurde.
Heiri
Eberle übernahm die Wagnerei seines Onkels 1953 und führte sie noch bis 1968.
Seine Liegenschaft hat er soeben an die Stadt verkauft. Der Stadtrat sichert
sich das Land für den möglichen Ausbau des Stadtbahnhofs. Andere seither über
die Jahre verschwundene Betriebe an der Dufourstrasse waren die Schlosserei App,
die Wäschefabrik Keller-Fässler, das Baugeschäft Bischofberger, das
Restaurant Schlüssel und die Bäckerei Wäspe, bekannt im Pestalozzi für
Pausengebäck.
Quellen: Bibliothek am
Guisanplatz in Bern, Kantonsbibliothek Vadiana, Tagblatt der Stadt St. Gallen
(Otmar
Elsener/St. Galler Tagblatt v. 10.01.13)