Seit 140 Jahren liegt
die «Jura» auf dem Grund des Bodensees. Jetzt hat der Kanton das Wrack unter
Schutz gestellt. Eine Stiftung will das Dampfschiff heben, restaurieren und
wieder auf dem Bodensee einsetzen.
«Der Bodensee ist ein Schiffsfriedhof», sagt Otto Egloff.
Der Rechtsanwalt aus Tägerwilen ist Präsident der Stiftung «Historische
Schifffahrt Bodensee» und als solcher steht für ihn fest: «Das schönste
Wrack holen wir raus.» Gemeint ist die «Jura», ältestes Dampfschiff der Welt
und Europas berühmtestes Süsswasser-Wrack. Am 12. Februar 1864 um 11 Uhr wurde
die bayerische «Jura» bei dichtem Nebel vom Dampfer «Zürich» gerammt und
sank innert vier Minuten. Ein Matrose verlor das Leben, ein Schiffsjunge brach
sich den Arm. Die Passagiere und die restliche Besatzung wurden gerettet. Die
geladenen Seiden- und Baumwollstoffe kamen schwimmend an die Oberfläche. Fünf
Tonnen Eisenwaren und das Gepäck der Passagiere gingen mit dem Schiff unter.
Damit hatte die «Zürich» der bayerischen Regierung schon das zweite Schiff
versenkt.
Plündern ist jetzt strafbar
Seit fast 141 Jahren liegt das Wrack nun in 40 Meter Tiefe
vor Bottighofen. Nicht einsam, sondern oft besucht von Tauchern. Das Wrack gelte
als Attraktion, sagt Egloff. Die Kehrseite: Es wird geplündert und beschädigt.
Rechtlich gehörte es bis vor kurzem niemandem mehr. Im Sommer erhielt die «Stiftung
historische Schifffahrt Bodensee» den Tipp, dass eine kommerzielle Organisation
das Wrack heben und wegtransportieren wolle. «Ihr müsst, was unternehmen»,
habe es geheißen. Das tat Egloff. Im August teilte er der Staatskanzlei mit,
die Stiftung habe den Raddampfer in Besitz genommen. Sogar ins Schiffsregister
wollte man das Wrack eintragen lassen, was aber abgelehnt wurde. Das ist nicht
mehr nötig, nachdem der Kanton die «Jura» unter Schutz gestellt hat. Denn
jetzt macht sich strafbar, wer etwas mitgehen lässt.
Damit ist das Wrack nicht mehr gefährdet, das hält der
Stiftung den Rücken frei für ihre Arbeit. Sie hat sich viel vorgenommen, will
im Laufe des kommenden Jahres abklären, ob und wie sich die «Jura» fachmännisch
heben lässt. Allein diese Abklärung dürfte um die 50 000 Franken kosten,
rechnet Egloff. Auch sonst wird sich die Stiftung intensiv mit dem Thema Geld
beschäftigen müssen. Die Bergung wurde 1981 schon auf 1,5 Millionen Franken
geschätzt, sagt Kantonsarchäologe Jost Bürgi. In der Zwischenzeit wird es
kaum billiger geworden sein. Das Amt für Archäologie denkt daher auch gar
nicht daran, selbst das Schiff aus dem See zu holen. «Viel zu teuer», sagt Bürgi,
«Wir übernehmen die Arbeit der Dokumentationsstelle.»
(Thurgauer
Zeitung v. 10.12.04)