«Jura» soll wieder dampfen

Stiftung will Wrack auf dem Grund des Bodensees heben und in Betrieb setzen - «Actiengesellschaft» geplant

Seit 141 Jahren liegt das Dampfschiff «Jura» im Bodensee vor Bottighofen auf Grund. Eine Stiftung will das weitgehend ausgeweidete Wrack nun bergen und restaurieren.

Am 12. Februar 1864 wird die «Jura» bei dichtem Nebel vom Dampfschiff «Zürich» gerammt und sinkt innert weniger Minuten. 100 Jahre später machen sich Taucher auf die Suche nach dem vergessenen Wrack und finden es in einer Tiefe zwischen 36 und 40 Metern bei Bottighofen.

Unter Schutz gestellt

Seither ist das 42 Meter lange Holzschiff eine Attraktion für Taucher. Alles, was nicht niet- und nagelfest ist, wurde abmontiert. Um den Rumpf vor der weiteren Zerlegung zu bewahren, stellte der Thurgauer Regierungsrat die «Jura» Ende des letzten Jahres unter Schutz. Begründung: Der Schaufelraddampfer sei von «hoher industriearchäologischer Bedeutung» und müsse der Nachwelt erhalten bleiben. Dieser Meinung ist auch die 2002 gegründete Stiftung «Historische Schifffahrt Bodensee» mit Sitz in Tägerwilen, die den nautischen Zeitzeugen heben, restaurieren und wieder in Betrieb setzen will, wobei gemäß Geschäftsführer Peter Schottmüller noch «einige Fragen» offen sind.

Volksaktie geplant

Trotzdem: Im Rahmen eines Dampfboots-Treffens am 2./3. Juli in Kreuzlingen soll zur Finanzierung des Projektes eine «Actiengesellschaft» gegründet werden. Die Bergung des so genannten Glattdeckdampfers mit knickbarem Schornstein- große Aufbauten wie bei der «Hohentwiel» fehlen - soll von möglichst breiten Bevölkerungskreisen getragen werden. Es werden darum Anteilscheine im Wert von 20 Franken ausgegeben. Wenn nur jeder der rund 50 000 Bootsbesitzer am Bodensee einen zeichnen würde, wäre bereits eine Million oder ein Fünftel der geschätzten Kosten beisammen, rechnet Schottmüller vor. Das Vorhaben sei zwar ambitiös, aber auch äußerst reizvoll. «Würde die Jura wieder fahrtüchtig gemacht, wäre sie der weltweit älteste Raddampfer in Verkehr.» Eine Schifffahrtsgesellschaft am Bodensee habe am Betrieb des Museumsstückes bereits Interesse gezeigt.

«Gustav Prym» gechartert

Um Werbung für die «Jura»-Hebung zu machen und gleichzeitig Geld zu erwirtschaften hat die Stiftung für zwei Jahre das 1916 gebaute Dampfboot «Gustav Prym» gechartert, das zwölf Personen Platz bietet und ab April auf dem Bodensee verkehrt.

www.gustavprym.ch Stiftung «Historische Schifffahrt Bodensee», Telefon 076 345 15 14

(St. Galler Tagblatt v. 15.02.05)

 

Die «Jura» soll wieder fahren

Seit 140 Jahren liegt die «Jura» auf dem Grund des Bodensees. Jetzt hat der Kanton das Wrack unter Schutz gestellt. Eine Stiftung will das Dampfschiff heben, restaurieren und wieder auf dem Bodensee einsetzen.

«Der Bodensee ist ein Schiffsfriedhof», sagt Otto Egloff. Der Rechtsanwalt aus Tägerwilen ist Präsident der Stiftung «Historische Schifffahrt Bodensee» und als solcher steht für ihn fest: «Das schönste Wrack holen wir raus.» Gemeint ist die «Jura», ältestes Dampfschiff der Welt und Europas berühmtestes Süsswasser-Wrack. Am 12. Februar 1864 um 11 Uhr wurde die bayerische «Jura» bei dichtem Nebel vom Dampfer «Zürich» gerammt und sank innert vier Minuten. Ein Matrose verlor das Leben, ein Schiffsjunge brach sich den Arm. Die Passagiere und die restliche Besatzung wurden gerettet. Die geladenen Seiden- und Baumwollstoffe kamen schwimmend an die Oberfläche. Fünf Tonnen Eisenwaren und das Gepäck der Passagiere gingen mit dem Schiff unter. Damit hatte die «Zürich» der bayerischen Regierung schon das zweite Schiff versenkt.

Plündern ist jetzt strafbar

Seit fast 141 Jahren liegt das Wrack nun in 40 Meter Tiefe vor Bottighofen. Nicht einsam, sondern oft besucht von Tauchern. Das Wrack gelte als Attraktion, sagt Egloff. Die Kehrseite: Es wird geplündert und beschädigt. Rechtlich gehörte es bis vor kurzem niemandem mehr. Im Sommer erhielt die «Stiftung historische Schifffahrt Bodensee» den Tipp, dass eine kommerzielle Organisation das Wrack heben und wegtransportieren wolle. «Ihr müsst, was unternehmen», habe es geheißen. Das tat Egloff. Im August teilte er der Staatskanzlei mit, die Stiftung habe den Raddampfer in Besitz genommen. Sogar ins Schiffsregister wollte man das Wrack eintragen lassen, was aber abgelehnt wurde. Das ist nicht mehr nötig, nachdem der Kanton die «Jura» unter Schutz gestellt hat. Denn jetzt macht sich strafbar, wer etwas mitgehen lässt.
Damit ist das Wrack nicht mehr gefährdet, das hält der Stiftung den Rücken frei für ihre Arbeit. Sie hat sich viel vorgenommen, will im Laufe des kommenden Jahres abklären, ob und wie sich die «Jura» fachmännisch heben lässt. Allein diese Abklärung dürfte um die 50 000 Franken kosten, rechnet Egloff. Auch sonst wird sich die Stiftung intensiv mit dem Thema Geld beschäftigen müssen. Die Bergung wurde 1981 schon auf 1,5 Millionen Franken geschätzt, sagt Kantonsarchäologe Jost Bürgi. In der Zwischenzeit wird es kaum billiger geworden sein. Das Amt für Archäologie denkt daher auch gar nicht daran, selbst das Schiff aus dem See zu holen. «Viel zu teuer», sagt Bürgi, «Wir übernehmen die Arbeit der Dokumentationsstelle.»

(Thurgauer Zeitung v. 10.12.04)

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