Am
Hafen in Hard ist es kalt. Und garstig. Vielleicht nicht die schlechteste Zeit,
um Abschied zu nehmen, wenn dazu noch der Himmel Tränen weint: Nach 19
Jahren Erfolgsgeschichte geht der Lotse von Bord - Kapitän Reinhard E. Kloser
übergibt das Steuerrad des einzigen Schaufelraddampfers auf dem Bodensee, der
derzeit winterfest gemacht wird, an Adolf-Franz Konstatzky.
Kerzengerade
steht er auf der Brücke der "Hohentwiel",
der stolze Kapitän, und steuert mit sicherer Hand den festlich geschmückten
Schaufelraddampfer durch den Bodensee. Das Bild einer Schicksalsgemeinschaft,
das am 17. Mai 1990 mehr als nur um den See ging: Damals hatte die
"Hohentwiel" ihre zweite Jungfernfahrt - ein Ereignis, an das nur
wenige geglaubt hatten. Denn dass aus dem Schrotthaufen, der das Schiff lange
war, wieder die stolze "Hohentwiel" werden könnte, das hatten die
meisten für unmöglich gehalten.
"Für
mich war das Schiff schon immer ein Traum", sagt Reinhard E. Kloser. Einer,
der ihm nachts oft genug den Schlaf geraubt hat. Denn der gebürtige Harder
hatte 1984, gemeinsam mit dem Lindauer Alt-Landrat Klaus Henninger, Vorsitzender
des Vereins "Internationales Bodensee-Schifffahrtsmuseum", eine
riesige Herausforderung angenommen. Die beiden wollten den Dampfer, der am 1.
Mai 1913 seine Jungfernfahrt hatte und am 1. November 1962 ausgemustert worden
war, wieder herrichten - nicht als schleppfähiges Museumsschiff, nein. Die
"Hohentwiel" sollte wieder aus eigener Kraft fahren.
So
kam es, dass der Küchentisch bei Klosers zum Schreibtisch umfunktioniert wurde; Ehefrau
Anneliese ihren Mann unterstützte, wo es nur ging. Wie viele Modellzeichnungen
Kloser angefertigt hat, der bei der Hamburger Reederei Laeisz mit 25 Jahren
Leitender Ingenieur, jahrelang auf den Weltenmeeren unterwegs war, kann er heute
nicht mehr sagen. 185 Firmen haben mitgeholfen, das Schiff wieder in den
Originalzustand von 1913 zu bringen und damit ein Stück Bodenseegeschichte zu
erhalten. "Wenn ich mit meinem roten Auto auf ein Unternehmensgelände
gefahren bin, haben die Leute rot gesehen, und zwar im wahrsten Sinne des
Wortes", sagt er und schmunzelt. "Dann war viel Improvisationstalent
gefragt, weil wir ein Teil brauchten, das es nicht mehr zu kaufen gab."
Reinhard
E. Kloser hat sich innerlich keine Fluchttüre offen-, ein richtiges Tief nie
zugelassen. "Allein die Eventualität in Betracht zu ziehen, dass unser
Vorhaben scheitern könnte, wäre fatal gewesen", ist er sich sicher.
Seine
Strategie ist aufgegangen. Mehr als 160 000 Kilometer hat der
Schaufelraddampfer seit seiner zweiten Jungfernfahrt unfall- und pannenfrei zurückgelegt.
Dass zu Klosers Abschied Gäste aus nah und fern gekommen sind, hat ihn
besonders gefreut. Und es ist für den Dampfschiff-Experten typisch, wenn er als
erstes nicht die politische Prominenz, sondern Lufthansa-Kapitän Burghard
Reymann und dessen Frau Heike erwähnt, zwei, die ihn von Anfang an bei seinem
Mammut-Vorhaben unterstützt haben.
Und
der Abschied selbst? "Der fällt mir nicht sehr schwer. Wir haben ein
dickes Geldpolster für die "Hohentwiel" angespart. Für alle Fälle",
sagt Kloser.
"Wir
werden das Schiff in ihrem Sinne weiter betreiben", hat die Crew ihrem
Kapitän versichert. Und der ist überzeugt: "Sie werden mich nicht
enttäuschen."
Auf
das Bild mit Kloser, dem stolzen Kapitän an Bord der "Hohentwiel",
wird man in der kommenden Saison nicht ganz verzichten müssen -- nach wie vor
ist der Seemann gefragt, auch wenn er jetzt ins zweite Glied zurücktritt.
Leerlauf, da ist sich der "gerichtlich beeidete und zertifizierte Sachverständige
für Schifffahrt und Wasserfahrzeuge" sicher, wird es keinen geben - weder
in seinem Privatleben, wo die Familie und einige Oldtimer auf ihn warten, noch
auf der "Hohentwiel". Denn die Klosersche Erfolgsgeschichte und damit
die des Dampfers ist noch lange nicht zu Ende. Auch da ist man sich am Bodensee
ganz sicher.