Vor 100 und auch 150 Jahren boomte der Hafen Romanshorn. Heute wartet auch das Massivlagerhaus, einst als Getreidelager gebaut, auf neue zündende Ideen, auf Investoren mit Weitsicht und Bereitschaft zum Risiko.
Der «Tag des Denkmals», der zehnte in der Schweiz, «musste» einfach in Romanshorn durchgeführt werden. Wer Denkmalpflegerin Beatrice Sendner-Rieger und Gemeindeammann Max Brunner im Massivlagerhaus zuhörte, und diesen mächtigen Zeugen einer blühenden Epoche der Vergangenheit auf sich wirken ließ, kam zu diesem Schluss.
Um 1850 nahm der alte Hafen eine Fläche von 11 500 m2 ein, er wurde durch den Kanton 1853 auf die heutige Grösse von 74 000 m2 erweitert, als Grundlage «für einen florierenden Handel», wie die Denkmalpflege ausführt. 1871 wurde zur Lagerung von Getreide das Massivlagerhaus erbaut. Später entdeckte man, wie Max Tobler erinnerte, dessen Eignung für die Lagerung von Tabak, sodass der erste Stock für dieses Luxusprodukt eingesetzt wurde. Der Stolz der Mitarbeiter war es: bei uns fasst keine Maus Fuss. Mit der raffinierten Fassadenkombination von Reihung und Rhythmisierung - Tradition der Münchner Architekturschule - verleihe es dem Hafen Romanshorn fast so etwas wie einen Hauch von Welthafencharakter, führt Annina Lanfranconi vom Amt für Denkmalschutz aus.
Romanshorn besaß einst den größten Hafen am Bodensee, es war Handelsort, Eisenbahnknotenpunkt und hatte ein eidgenössisches Zollamt. Allmählich ging diese Bedeutung zurück. Mit dem Silobau, 1980, verloren die riesigen Hallen im Lagerhaus an Bedeutung. Das Getreide wurde nun nicht mehr in Säcken verpackt gelagert, sondern offen. Denkmalpflegerin Beatrice Sendner führte die Besuchergruppen in den Sinn des «Tags des Denkmals» ein. Es gehe nicht darum, zu sehen «wie der Nuntius schläft», sondern so interessante Monumente kennen zu lernen, wie sie Romanshorn bietet. Das Hafenareal besitze ein großes Entwicklungspotenzial. Beim Blick in die große Vergangenheit seien am historischen Ort im Hafen Romanshorn neben der Dampflok, seit 1835, auch die Dampfschifffahrt, seit 1824, aufzuführen. Man nehme den See nicht mehr als Verkehrsfläche, das Schiff nicht mehr als Verbindung von Ufer zu Ufer wahr.
Im Thurgau kennt die Denkmalpflege zwei große Verkehrsdenkmäler, neben dem Hafenareal Romanshorn den Bahnhof Etzwilen mit der Hemishofer Brücke. Im Hafen Romanshorn gelten: umnutzen, erhalten, neu bauen. Sendner stellte Vergleiche mit Hamburg und Kopenhagen an. Lagern sei nicht mehr «in», produziert wird, sobald die Bestellung eingeht. Moderne Kommunikation macht's möglich.
Ideen zur Umnutzung gebe es schon lange, sagte Gemeindeammann Max Brunner, unter anderen eine wertvolle Architektur-Seminararbeit. Erst 1995 habe die SBB aber entschieden, welche Areale sie veräußern könne. Laut Brunner umfasst die Brache 7,6 Hektaren, zwölf Fußballfelder. Heute liegt für das größte Romanshorner Entwicklungspotenzial ein behördenverbindlicher Richtplan vor. Im Hafenareal kann sich wieder ein belebtes Zentrum entwickeln. Es geht, wie Brunner ausführte, «um Dutzende von Millionen Franken». Investoren klärten das Risiko entsprechend gründlich ab. Schritte nach vorne brauchten Zeit. Mit einem belebten Hafen könne sich die Gemeinde wieder besser positionieren. Auch 1855 sei nicht alles in einem Wurf entstanden, sondern im Zeitraum von 50 Jahren. Erwünscht seien «seriöse Nutzer». Regierungsrat Hans Peter Ruprecht: «Der Tag des Denkmals soll sensibilisieren, auf Potenziale aufmerksam machen, er soll daran erinnern, Zeugen der Zeit zu erhalten. Die Romis Örgeler spielten im historischen Saal.
(St.
Galler Tagblatt v. 13.09.04)