Prüfer leuchten in jeden Winkel
Eigentlich sind sie Störenfriede auf der Bodan-Werft in Kressbronn. Das wissen Frank Weber, Manfred Büsing und Rainhard Melde ganz genau. Und trotzdem ist es wichtig, dass der Kapitän und die beiden Schiffsbau-Ingenieure dort derzeit nach dem Rechten sehen: Sie garantieren die Sicherheit des neuen Schiffs der Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB).
Ein "wunderschönes Näschen" hat
die junge Dame, die gerade auf der Bodan-Werft in Kressbronn entsteht. Das
zumindest findet Manfred Büsing von den BSB, Diplom-Ingenieur für Schiffsbau
und für die Bauüberwachung des neuen BSB-Schiffes zuständig, und schaut ganz
begeistert. Das Näschen entpuppt sich bei der Führung in der Montagehalle als
ziemlich groß: Es handelt sich um eine schön gearbeitete Wölbung am Bug des
Schiffsrumpfes, die Wellenbildung verhindern soll. Mit zwei weiteren Fachleuten,
BSB-Kapitän Frank Weber und Schiffsbau-Ingenieur Rainhard Melde vom
"Germanischen Lloyd", einer Schiffsklassifikations-Gesellschaft, hat Büsing
derzeit einiges zu tun: Die Drei überprüfen die Qualität der verwendeten
Werkstoffe, leuchten mit Taschenlampe und Spiegel in jeden Winkel des
Schiffsrumpfes, nehmen die Stellen unter die Lupe, auf die später die größten
Kräfte wirken werden. Der Fachmann vom Germanischen Lloyd röntgt auch die
Schweißnähte, prüft mit Luft die Dichtigkeit von Tanks, Wasserkästen und
beispielsweise Lukendeckeln. Entspricht alles den Vorschriften, schreibt Melde
eine Rumpfbaubescheinigung aus.
"Wir stellen höchste Anforderungen an
die Sicherheit des Schiffskörpers", erklärt Manfred Büsing. "Das
4,6 Millionen Euro-Schiff muss bei einer Windstärke von bis zu zwölf Beaufort
und einer Wellenhöhe von bis zu zwei Metern auf dem See fahren können."
Also wurde neben der Bauüberwachung durch den Auftraggeber BSB der Germanische
Lloyd Hamburg ins Boot geholt. "Wir profitieren von der hohen Fachkompetenz
der Schiffsklassifikations-Gesellschaft", so Büsing weiter. Am Ende der
Qualitätskontrolle steht das Landratsamt Konstanz: Dessen
Schiffsuntersuchungskommission erteilt letztlich die Genehmigung für das
Schiff.
Abnahmefahrten Anfang Juni
Anfang Juni soll das Schiff für die bis zu
zehn Abnahmefahrten bereit sein. Dann wird es auf dem Bodensee ausgiebig geprüft,
zudem wird das BSB-Personal ausgebildet. Und es wird das "Mann über
Bord-Manöver" geübt. Als erstes auf dem Bodensee ist das Schiff, das 400
Passagiere fasst und am 23. Juni getauft wird, mit zwei Rutschen ausgestattet.
Vorne gibt es eine, über welche die Besatzung und die Fahrgäste im Notfall
seichtes Gewässer erreichen können. Die hintere endet auf einer Rettungsinsel,
die sich, einmal ins Wasser geworfen, selbst aufbläst und 150 Passagiere
aufnehmen kann. Zwei solche Inseln gibt es. Die verbliebenen 100 Passagiere bekämen
im Notfall Schwimmwesten.
(Hildegard Nagler/Schwäbische Zeitung v. 09.03.06)