Der Verein Pro Dampfer sammelt seit vier Wochen Geld für seine Ökodampfer-Idee, und zwar mit Erfolg. In dieser kurzen Zeit kamen schon 30 000 Franken zusammen. Auch die Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein zeigt sich offener gegenüber dieser Idee als auch schon.
Ein Schaufelraddampfer legt in Diessenhofen an. Er tankt Holzpellets. Die gelangen mit einem großen Schlauch vom ehemaligen Bunker in das Schiff. Diese Szene ist Zukunftsmusik. Aber so ähnlich könnte es ablaufen, wenn die Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein (URh) 2020 einen modernen Ökodampfer in Betrieb nehmen würde. Wobei natürlich noch nicht feststeht, ob der Ökodampfer eine feste Pellet-Tankstation haben wird oder mobil betankt wird. Oder ob es überhaupt einen Ökodampfer gibt, denn der Weg ist noch weit. Doch Eduard Joos, ehemaliger Gymnasiallehrer in Schaffhausen, langjähriger Kantonsrat und Präsident des Vereins Pro Dampfer, ist trotzdem begeistert dabei. Er steht damit nicht allein. Sein junger Verein gewann in rund eineinhalb Jahren 1400 Mitglieder. «Wir sind der am schnellsten wachsende Verein in der Schweiz», sagt Joos.
Seit vier Wochen, seit der Schaffhauser Herbstmesse, geht es zudem ans Spendensammeln. Dazu gründeten die Dampferfreunde den 1000er-Club. 30 Spender haben schon 1000 Franken überwiesen. Der Start ist gelungen. Aufgrund von Offerten geht der Verein davon aus, dass die Detailplanung 200 000 Franken kostet. Denn Pro Dampfer will den Ökodampfer zur Konstruktionsreife bringen. Dazu braucht es unter anderem Modellversuche im Strömungskanal.
Dampfer lukrativ vermarkten
Als nächstes steht zudem ein Kultur-Businessplan für den Dampfer an. Dem wird sich Vorstandsmitglied Wendelin Oberli als ausgebildeter Kulturmanager annehmen. «Es geht darum, einen innovativen Ökodampfer auch lukrativ zu vermarkten», sagt Joos. Der Verein stützt sich dabei auf eine Studie aus dem Jahr 2008, in der Fachmann Jürg Meister einem solchen Dampfer bis zu 25 Prozent mehr Passagiere prognostiziert.
Die URh muss sowieso in absehbarer Zeit ein neues Schiff anschaffen. Es kostet bis zu neun Millionen Franken. Doch die URh hatte aufgrund von einer Machbarkeitsstudie mit der Dampfschiff-Idee abgeschlossen und zeigte sich bislang eher reserviert gegenüber den neuen Vorstößen. Doch mit dem neuen Verwaltungsrat scheint auch hier Tauwetter einzusetzen. Denn erstmals trafen sich Anfang November drei Delegierte des Verwaltungsrats mit drei Vorstandsmitgliedern von Pro Dampfer. «Wir haben jetzt das Gefühl, wenn wir die Zusatzkosten regeln, dann nehmen die URh gerne ein Dampfschiff», sagt Eduard Joos.
Fördergelder der EU abholen
Der Verein muss dafür die drei Millionen Franken in Angriff nehmen, die ein Ökodampfer mehr kostet als ein herkömmliches Schiff. Joos hat dabei unter anderem Interreg-Gelder der EU im Blick. Der innovative und CO2-neutrale Ökodampfer könnte sich als grenzüberschreitendes und überregionales Pionierprojekt dafür eignen. Doch hier sieht Joos auch erst einmal die Arbeit, die vor seinem jungen Verein liegt. Die deutschen Gemeinden etwa will er noch ins Boot holen. Die meisten Thurgauer Untersee-Gemeinden sind schon aufgesprungen, laut Joos fehlen höchstens noch drei. Allerdings werde seinem Verein noch vorgeworfen, dass er zu schaffhausenlastig sei. Joos lacht: «Das ist richtig, lässt sich aber schnell ändern – die anderen müssen nur beitreten.»
Der Ökodampfer soll neu gebaut und mit einer modernen Dampfmaschine ausgerüstet werden. Das bedeutet, dass es keinen Maschinisten mehr gibt, die Dampfmaschine aus dem Führerhaus ferngesteuert und der Kessel automatisch überwacht wird. Geheizt wird mit Holzpellets. «Alle Komponenten sind für sich erprobt», sagt Eduard Joos, Präsident des Vereins Pro Dampfer. Die Kombination aber ist eine Weltneuheit. Entsprechend groß ist laut Joos das Interesse der Dampferfreunde in der Schweiz, wie es mit der Idee, «made am Untersee», weitergeht
Ausstellung: Das Jahr der langen Kamine im Seemuseum
Vor 100 Jahren verkehrten auf dem Bodensee um die 30 Dampfschiffe mit Salon – die größte Binnensee-Flotte Europas. Jedes dieser Schiffe ist im Kreuzlinger Seemuseum zu sehen, die meisten als Modell, so auch die «Schaffhausen». Die Ausstellung geht auch auf den Verein Pro Dampfer ein. Zudem eröffnete das Seemuseum sein neues Format «Seeblicke» vor einigen Tagen mit einer Info-Veranstaltung über das geplante Dampfschiff für Untersee und Rhein.
Seemuseum geöffnet von November bis März: mittwochs, samstags, sonntags 14 bis 17 Uhr
(Gudrun
Enders/Thurgauer Zeitung v. 29.11.13)