Noch einen halben Meter Wasser

Der Bodenseepegel sinkt – in Rorschach stand er gestern sogar tiefer als im Hitzesommer 2003

Im Rahmen seiner Renaturierung ist der Alte Rhein diesen Sommer ausgebaggert worden . Ein Glück für die Schifffahrt: Dadurch hat sie einen halben Meter mehr Spielraum und kann trotz des tiefen Wasserstandes immer noch fahren .

«Mir wäre wohler, es wäre schon September», sagt Kurt Reich, Leiter der Schifffahrtsbetriebe Rorschach . Der Seepegel nähert sich der für die Schifffahrt auf dem Alten Rhein kritischen Grenze . «Dank der Ausbaggerung im Rahmen der Renaturierung haben wir aber einen halben Meter mehr <spatzig> als gewöhnlich, sonst wäre nun Schluss», sagt Reich . Konstant zwei Meter beträgt die Wassertiefe auf dem Fluss, fällt sie unter 1,5 Meter, können die Schiffe nicht mehr fahren .

Problem: Schwemmholz

Holz, dass angeschwemmt wird und auf dem Grund liegen bleibt, sowie Versandungen behindern bei tiefem Wasserstand die Schifffahrt . Problematisch gestaltete sich jeweils der Abschnitt beim Kibag-Plätzli und der Wendeplatz in Rheineck . «Dort wurde der Alte Rhein vorher nie mehr ausgebaggert», sagt Reich . Im Zuge der Renaturierung wird die Sohle des Flusses abgesenkt, es kommt zu einer stärkeren Strömung . Info lgedessen bleibt weniger Schwemmholz liegen . Kurt Reich schätzt, dass der Schifffahrtsbetrieb bei den derzeitigen Bedingungen noch rund 20 Tage aufrechterhalten werden kann . «Wenn es keine Überraschung gibt und der Pegel nicht mehr als zwei Zentimeter im Tag fällt . »

Pegel unter langjährigem Mittel

In der Regel tritt der mittlere Höchststand des Bodenseepegels in den Monaten Juni bis September auf . Der trockene Sommer 2003 führte dazu, dass in jenem Jahr der Pegel im August (394,98 m ü . M . ) und im September (394,85 m ü . M . ) auf einen historischen Tiefststand fiel . Gestern stand der Pegel bei 395,42 m ü . M . (-1 cm/24 Std . ) . Damit lag er fünf Zentimeter tie-fer als am gleichen Tag im 2003 (395,47 m ü . M . ) und 1,3 Meter tiefer als im Hochwasserjahr 1999 . Und rund einen Meter unter dem langjährigen Mittel . «Wir hoffen auf Regen», sagt Reich . «Aber der See braucht lange, bis er sich erholt hat . »

Rücksicht auf das Ufer

Noch können die Schiffe den Alten Rhein befahren, müssen es aber langsamer tun, um das Ufer nicht zu beschädigen und um Schäden an den Schiffen zu vermeiden . «Wenn er mehr Wasser führt, saugt der Propeller weniger Wasser vom Ufer weg . Dann besteht weniger die Gefahr, dass es unterspült wird», erklärt Reich . Er achte darauf, so weit als möglich in der Mitte des Flusses zu fahren und wenig Wellenschlag zu verursachen, sagt Kapitän Clemens Mauch, der gestern die «Alte Rhy» steuerte . «Je weniger Wasser er führt, desto langsamer fahren wir . » Für ihn ist dies eine Gratwanderung: Ist er zu langsam, leidet die Pünktlichkeit . «Fahren wir schneller, saugt die Schraube das Wasser zu schnell an, das Heck des Schiffes senkt sich . Das ist an sich kein Problem, nur dreht die Schraube dann im Dreck . » Touchiert das Schiff Schwemmholz, wird die Stelle im Protokoll vermerkt und dem Rheinamt gemeldet . Dessen Mitarbeiter fischen das Holz heraus . «Dass das Schiff auf Grund laufen könnte, ist aber kein Thema», sagt Mauch .

(Andrea Sterchi /St. Galler Tagblatt v. 24.07.06)

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