Das Häuschen für neblige Tage

Schifffahrt im Nebel: Heute mit Radar und GPS, früher mit Hilfe aus dem Nebelhäuschen

Dichter Nebel behinderte früher oft die Schifffahrt auf dem Bodensee . Am Rorschacher Kabisplatz stand ein Nebelhäuschen mit einer Glocke, deren Läuten den Kapitänen half, sicher in den Hafen zu finden .

Eines Tages stand es einfach nicht mehr da – das liebe alte Rorschacher Nebelhäuschen . Es schien bei Nacht und Nebel verschwunden, wo es doch selber im Nebel jahrzehntelang den Schiffen den Weg in den Hafen gewiesen hatte . Ein Lastwagen hatte einen der tragenden Pfosten beschädigt, und das Schindeldach war bereits morsch gewesen . Im Kantonsbauamt fand sich niemand, der das zierliche Miniaturgebäude den Rorschachern erhalten wollte . Bevor sich Widerstand gegen einen Abbruch regen konnte, fand das Häuschen ein unrühmliches Ende – am 15 . Juni 1970 wurde es abgerissen, vermutlich beinahe hundert Jahre alt . Viele Rorschacher beklagten den Verlust .

Handbediente Glocke

Auch Hafenmeister Urs Grob bedauerte seinerzeit das Verschwinden des Gebäudes, das bis in die 1960er-Jahre seinen Zweck erfüllt hatte: «Im dichten Nebel hupten die Schiffe, wenn sie in die Nähe des Hafens kamen . Ich läutete dann mit dem Seil, das von der Glocke herunterhing . Im Türmchen befand sich auch eine Sirene, die aber seit Jahren nicht mehr funktionierte . » Schiffe navigierten damals nur mit Karte und Kompass und waren in Hafennähe bei Nebel auf Hilfe vom Land angewiesen . In vielen Häfen befinden sich noch heute Läutwerke aus den Zeiten, als Kursschiffe auch im Winter verkehrten .

In den Fährschiffen zwischen Romanshorn und Friedrichshafen – ganzjährig unterwegs – wurden in den 50er-Jahren die ersten Radargeräte installiert, mit denen die Hafeneinfahrten deutlich erkennbar sind . Ende der 60er-Jahre wurden auch in den Passagierschiffen laufend Radargeräte eingebaut . Für die Kapitäne sind die Radargeräte nur Navigationshilfen, gesteuert wird heute zudem nach Kompass und mittels GPS .

Signale mit dem Nebelhorn geben die Schiffe auch im heutigen Verkehr noch: zwei lange Huptöne im Abstand von einer Minute . Sollte sich ein Schiff trotz aller technischen Einrichtungen doch einmal im Nebel verirren, gilt für Häfen, Landestellen und Nebelwarnanlagen immer noch die Regel: zwei kurze Töne dreimal pro Minute oder anhaltendes Läuten mit der Glocke .

Glocke neu am Kran

Das Glöcklein hängt jetzt am alten, unter Denkmalschutz stehenden Kran am Hafen und kann notfalls wieder geläutet werden . An das einst bedeutungsvolle Nebelhäuschen erinnern in den alljährlich nebligen Novembertagen nur noch Fotos in Chroniken oder Privatarchiven .

(Otmar Elsener /St. Galler Tagblatt v. 30.11.06)

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