Braungebrannt mit dunkler
Sonnenbrille – so kennen die Rorschacher ihren Hafenmeister. Sein
Bekanntheitsgrad dürfte sich nun mit einem Schlag vervielfacht haben, hat ihn
die Kantonalbank doch als Model und Werbeträger entdeckt.
«Den kenn ich
doch», dürfte sich mit Bestimmtheit so mancher Passant gedacht haben, der in
letzter Zeit den Durchgang zwischen Marktplatz und Signalstrasse benützt hat.
Grund dafür ist der Aushang der dort domizilierten St. Galler Kantonalbank, wo
das Konterfei des Rorschacher Hafenmeisters Urs Grob zu sehen ist. Im weißen
Hemd, mit dunkler Sonnenbrille und «Goldketteli» versehen – einem
italienischen Gigolo gleich – macht er sich für eine der Dienstleistungen der
Bank stark. Und da das Werbeplakat nicht nur in den KB-Filialen im ganzen Kanton
zu sehen ist, sondern der charmante 64-Jährige seit Anfang Juni auch von
halbseitigen Inseraten in der Tagespresse lächelt, kann er sich seither vor
keineswegs böse gemeinten Sticheleien seiner Kumpels kaum mehr retten.
«Einer hat mich
gefragt, ob ich die Kantonalbank gekauft habe», erinnert sich Grob schmunzelnd
an den 8. Juni, als das KB-Inserat erstmals im Tagblatt erschien. Ein anderer
habe gar wissen wollen, ob er denn der neue Bankdirektor sei. Nach 45 Jahren Tätigkeit
als Hafenmeister kann er sich über fehlende Bekanntheit nicht beklagen. Im
Gegenteil, nicht nur für Einheimische, sondern auch für Bootsbesitzer rund um
den Bodensee, für die Kapitäne der Kursschiffe und auch für zahlreiche Fahrgäste
gehört das «Rorschacher Original» längst zum vertrauten Bild am heimischen
Hafen.
Seit 1962 sorgt
Urs Grob dafür, dass die Kursschiffe an der Rorschacher Hafenmole an der für
sie vorgesehenen Stelle «parkieren», die Passagiere ins richtige Schiff
einsteigen, die Kurse korrekt ausgerufen werden; kurz gesagt, dass alles rund um
die Schifffahrt wie am Schnürchen läuft. Und dies tut er stets bestens
gelaunt, gepaart mit einer Engelsgeduld. Auch der leicht verwirrt wirkende Herr,
der während des Interviews schon zum dritten Mal nach der nächsten Verbindung
nach Lindau fragt, bekommt ebenso viele Male und höflich die erhoffte Auskunft.
Auskunft geben
musste er zuletzt aber nicht nur über die Abfahrtszeiten der Schiffe. Seit er
sich als Model «ködern» lies, haben ihn unzählige, auch wildfremde Menschen
auf die Werbekampagne der Kantonalbank angesprochen. «Es war eine Riesengaudi»,
sagt Grob, «wie positiv die Menschen reagiert haben. Ich hätte nie geglaubt,
dass dieses Foto derartige Wellen schlagen würde.» Das Fotoshooting dafür war
bereits im April. Geschlagene zweieinhalb Stunden habe ihn der Fotograf «verfolgt»,
wobei er sich möglichst natürlich benehmen musste. Die bei der Bootsvermietung
– Urs Grob führte diese seit 1962, hat sie aber inzwischen seinem Sohn übergeben
– aufgenommenen Fotos hätten dem Profiknipser allerdings nicht gefallen,
weshalb er einige Tage später nochmals vor die Linse musste. «Seltsamerweise
ist dann aber doch ein Foto vom ersten Fotoshooting ausgewählt worden»,
wundert er sich.
Und wie wurde er
als Model entdeckt? «In der Sauna», sagt er und biegt sich dabei beinahe vor
Lachen. Thomas Rüegg, Marketingleiter der KB, den er schon länger kenne, habe
ihn im Winter beim gemeinsamen Schwitzen im Säntispark auf das Thema
angesprochen. Und weil ihm die Idee, Menschen zu zeigen, die es zu etwas
gebracht haben und trotzdem mit beiden Füssen auf dem Boden geblieben sind,
gefallen habe, sei man sich rasch einig geworden. Der Spruch «Es kann kommen,
was will», der nun auf dem Plakat prange, der passe zudem sehr gut zu ihm, denn
«Chom wa wöll», sei schließlich auch einer seiner Leitsätze.
Auf dem Boden
geblieben ist Urs Grob auch nach dieser Erfahrung, obwohl er seither reichlich
mit Komplimenten und Fanpost eingedeckt wird. Könnte er sich vorstellen, auch für
ein anderes Produkt als Model zu fungieren? «Klar», sagt er schmunzelnd. Die
Reaktionen auf das KB-Foto seien derart herzlich und humorvoll gewesen, dass er
nichts dagegen hätte. Nicht des Geldes wegen, betont er, sondern wegen des großen
«Plausches», der durch dieses Foto ausgelöst worden sei.
(Rudolf
Hirtl/St. Galler
Tagblatt v. 21.06.07)