Bodenseeflotte in schwerer See

Regierungsrat Kaspar Schläpfer will im Arbeitskonflikt bei der Schweizerischen Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft (SBS) vermitteln. Die Aufgabe ist schwierig. Die Mitarbeiter sind nur zu geringen Zugeständnissen bereit, die Führung will vom vorgezeichneten Sparkurs nicht abweichen.

Die Schweizerische Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft (SBS) ist in schwere See geraten nach einem Verlust von 800.000 Franken im letzten Jahr und happigen Investitionen. «Wir stehen finanziell aber nicht am Abgrund», stellt Verwaltungsratspräsident Hermann Hess klar.

Trotzdem: Die Firma muss sparen, auch beim Personal. Mindestens sechs Personen ist nach Angaben des Schweizerischen Eisenbahn- und Verkehrspersonal-Verbandes (SEV) seit Anfang April bereits gekündigt worden. Geplant sind weitere Sparschritte, die der neue SBS-Geschäftsführer Benno Gmür den Angestellten am Dienstag eröffnete: Die Löhne sollen im Schnitt um fünf Prozent gekürzt, alle Zulagen gestrichen und die Arbeitszeit um 50 Stunden im Jahr erhöht werden. Einbussen soll es auch im Bereich der sozialen Sicherheit geben. Im Extremfall fehlten einzelnen Mitarbeitern am Schluss 20 Prozent des heutigen Einkommens, hat der SEV ausgerechnet. Der Spareffekt der bereits umgesetzten und noch ins Auge gefassten Maßnahmen beläuft sich gemäß Hess auf 400.000 bis 500.000 Franken.

Schläpfer will vermitteln

Die SBS-Mitarbeiter wollen sich das nicht bieten lassen. Und sie werfen der SBS-Führung vor, die Änderungen im Schnellzugstempo durchziehen zu wollen – ungeachtet der gesetzlichen Vorschriften.

Gestern fuhr eine Belegschaftsdelegation in Uniformen und mit Fahnen nach Frauenfeld, um Regierungsrat Kaspar Schläpfer um Hilfe zu bitten. «Der Kanton steht in der Verantwortung», sagt SEV-Sekretär Peter Hartmann. Schläpfer konnte das Schreiben nicht selber entgegennehmen, da er terminlich verhindert war. An seiner Stelle wartete Werner Müller, der Leiter öffentlicher Verkehr/Tourismus, vor dem Regierungsgebäude auf die SBS-Angestellten. Diese waren deswegen nicht enttäuscht. Denn was er ihnen sagte, hörten sie gerne.

Der Staat habe sich zwar nicht einzumischen in Vertragsverhandlungen der Sozialpartner. Der Kanton habe aber ein Interesse daran, dass die Schiffe auf dem Bodensee weiter fahren. Und wenn von beiden Seiten gewünscht, werde Schläpfer im Konflikt vermitteln, erklärte Müller.

Fronten verhärtet

Die Fronten sind verhärtet. Die SBS-Mitarbeiter haben den SEV zu ihrem Sprachrohr gemacht, doch die SBS-Führung will nicht mit den Gewerkschaftsvertretern reden. Das war jedenfalls bis vor ein paar Tagen so. SBS-Verwaltungsratspräsident Hess machte gestern einen Schritt auf den SEV zu, als er sagte, in dieser Situation müsse man miteinander sprechen.

SEV-Sekretär Hartmann hofft mit Blick auf den baldigen Saisonstart der Schifffahrt auf eine schnelle Lösung des Konfliktes. Dazu müssten sich aber beide Seiten stark bewegen. Die SBS-Angestellten fordern, dass die angedrohten Kürzungen vollständig zurückgenommen werden. Hand bieten würden sie gemäß Hartmann höchstens zu befristeten Maßnahmen, die sich nicht im Portemonnaie auswirken. SBS-Verwaltungsratspräsident Hess sieht jedoch kaum Verhandlungs-Spielraum. «Ich halte es für ausgeschlossen, dass wir unsere Vorschläge stark korrigieren können.» Die heutigen Arbeitsverträge seien «eine Altlast» und viel zu kompliziert. Die Löhne in Deutschland seien rund ein Drittel tiefer.

(Markus  Schoch/St. Galler Tagblatt v. 24.04.09)

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