Lack,
Leder, Latex: Wer diesen Kleiderkodex einhält, darf heute Abend mit dem Schiff
der Leidenschaft in See stechen. Rund 700 Freunde der bizarren Erotik erwartet
der Veranstalter zur neunten SM-angehauchten Fetisch-Party auf der MS
Schwaben. Höhepunkt ist die erotische Show am Pier drei in Konstanz.
"Wer
sich die Gäste auf dem so genannten "Torture-Schiff" als wilden
Haufen vorstellt, der gierig über sich herfällt, geht fehl." So will
Veranstalter Thomas Siegmund von der Augsburger Event-Agentur Zip Zone das schräge
Bild vom SM-Schiff gerade rücken. Schätzungsweise ein Zehntel lebe sich beim
Party-Marathon auf der MS Schwaben bis in die Puppen freizügig aus. Der Rest
habe allein seinen Spaß beim Zuschauen oder Abtanzen auf einem der beiden
Dance-Floors. Was sich genau abspielt, bleibt der erotischen Szene im "sündigen
Schwarz" vorbehalten. Einen Vorgeschmack bekomme das gemeine Volk bei der
einstündigen Show am Pier drei in Konstanz.
Noch
bevor der SM-Dampfer in Konstanz anlegt, geht es dort heiß ab. Die 14 Artisten
der Schweizer Gruppe Toxic spucken Feuer, kreuzen die Klingen und zeigen in Lack
und Leder alles, was so manchen anmacht. Doch keine Bedenken: "Die Show ist
jugendfrei", versichert der Veranstalter. Das sei die Bedingung dafür
gewesen, um keinen weiteren Ärger auf sich zu ziehen. Denn davon habe es bei
der achten Auflage der Fetisch-Party genug gegeben. Vor allem das beleuchtete
Kreuz am Bug habe Empörung hervorgerufen und eine Flut an Leserbriefen ausgelöst,
erinnert sich Siegmund. Daraus habe er seine Lehre gezogen.
SM-Schiff
legt 19.45 Uhr ab
Um
die Gemüter erst gar nicht zu erhitzen, stehe heute Abend also eine ägyptische
Statue am Bug. Sie habe keinerlei religiöse Bedeutung und soll nur das Schiff
schmücken, das gegen 20.50 Uhr in den Konstanzer Hafen einläuft, nachdem es in
FN um 19.45 abgelegt hat. Mit bis zu 1000 Schaulustigen rechnet Siegmund bei der
Show in Konstanz. Hinzu kommen die 700 Fetisch-Fans, die von der MS Schwaben
hinuntergucken. 55 Euro lässt sich jeder von ihnen den frivolen Spaß auf dem
See kosten. Das Gros der Bevölkerung finde das auch gar nicht anstößig, sagt
Siegmund zu den Rückmeldungen aus den Vorjahren. "Die sollen doch ihren
Spaß haben." Und das haben sie wahrscheinlich auch, ganz ungestört von
der Polizei, die zuerst vom SM-Dampfer gar nichts wusste und dann auf die guten
Erfahrungen des Vorjahres verweist. "Wir würden wohl nur stören", fügt
Polizeisprecher Wolfgang Hoffmann an. Stichprobenartige Kontrollen behalten sich
die Bodensee Schiffsbetriebe nach eigenen Angaben vor, um den Jugendschutz zu
wahren. Ansonsten zeigen sich die BSB eher liberal. "Gegen Fahrgäste mit
besonderem Interesse haben wir nichts", sagt BSB-Sprecherin Silke
Rockenstein. Freilich gebe es Grenzen. Rechtsextreme etwa könnten kein Schiff
chartern. Lack, Leder und Latex öffnen hingegen die Pforten. So richtig stolz
scheinen die BSB allerdings nicht auf das Event zu sein. Schließlich steht es
nicht im Jahresbericht.
(Schwäbische
Zeitung v. 25.06.05)