Kursschiffe und Katamaran
reduzieren Geschwindigkeit - Bagger und Lkw bergen Treibgut
Der Wasserstand des Bodensees ist allein am
Mittwoch innerhalb von 24 Stunden um 55 Zentimeter gestiegen. 302 Milliarden
Liter Wasser sind laut Meteorologe Sven Plöger in dieser Zeit in den See
gelaufen. Doch das Wasser kam nicht allein: Die östlichen Zuflüsse des Sees
haben Baumstämme, kleineres Gehölz und Müll mitgebracht - soviel, dass die
Schifffahrt auf dem See stark behindert ist.
Verwunderte Blicke warfen sich daher gestern
Katamaran-Passagiere zu, als gelegentlich ein Gegenstand am Schiffsrand
scheuerte. Besonders für die Schnellverbindung zwischen Konstanz und
Friedrichshafen ist das Treibgut hinderlich. Deshalb wird gegebenenfalls die
Geschwindigkeit des Schiffes reduziert. "Personen kann aber nichts
passieren", beschwichtigt Geraldine Thompson, Marketing-Beauftragte der
Katamaran-Reederei. Keine größeren Behinderungen erwarten die
Bodensee-Schifffahrtsbetriebe. Die Kursschiffe fahren möglichst nach Plan,
allerdings könne es zu leichten Verspätungen kommen, sagte Silke Rockenstein,
Pressesprecherin der BSB.
Bei einem Überwachungsflug mit dem
Polizeihubschrauber am Mittwoch wurden zwischen der Rheinmündung und Eriskirch
mehrere hundert Meter lange Treibholzfelder gesehen. Je nach Wind und Strömung
werden die Felder auseinander oder ans Ufer getrieben. In beiden Fällen können
sie Schaden anrichten: Auf dem See sind vor allem kleinere Boote gefährdet, bei
Zusammenstößen mit Treibholz beschädigt zu werden. Außerdem können zum
Beispiel Segler durch Aufprall und Bremswirkung stürzen und dabei verletzt
werden. Wird das Gehölz ans Ufer geschwemmt, können im Hafen liegende Boote
Schaden davon tragen, wenn sie mit Holz kollidieren. Genau das befürchten die
Segler des Württembergischen Yacht-Clubs. Deshalb hat Hafenmeister Erwin
Hillebrand schon am Mittwoch für die Nacht eine Sperrwand vor die Hafeneinfahrt
eingezogen. Auch gestern wurde um 18 Uhr der Hafen dicht gemacht.
Fünf Bagger und zehn Lkw waren in Langenargen
im Einsatz, um Treibgut an Land zu ziehen. Die Kosten der Räumungsaktion werden
auf 200000 Euro geschätzt. Schiffsführer bittet die Wasserschutzpolizei zu erhöhter
Aufmerksamkeit. Denn oft seien Baumstämme schlecht zu sehen, da sie mit Wasser
voll gesogen knapp unter der Oberfläche treiben. Das Regierungspräsidium hat
die Beseitigung des Treibguts von Land aus veranlasst
Yachthafen gesperrt
Treibholz
zu gefährlich
(Südkurier v. 26.08.05)
Die Bagger können nicht genug kriegen
Es scheint, als könnten die Bagger derzeit gar nicht genug bekommen: Treibholz um Treibholz fischen sie aus dem Bodensee. Aufräumen ist nach den heftigen Regenfällen angesagt.
Aus der Luft sieht es so aus, als hätte sich
eine riesige Krawatte ans Bodenseeufer geschmiegt: 20 bis 30 Meter breit
und rund vier Kilometer lang ist das Treibholzfeld, das sich von der Argenmündung
bis nach Kressbronn erstreckt. An der Malerecke Langenargen gibt es ein
weiteres, allerdings kleineres Feld. Und dann kommt noch das Treibholz hinzu,
das von der bayerischen auf die baden-württembergische Seite wechselt.
"Seit Mittwoch, 7 Uhr, haben wir im Bereich Gohren, Malerecke und Tunau fünf
Bagger im Einsatz, die das Treibholz aus dem Wasser holen", sagt Anton
Wilburger, Flussmeister der Gewässerdirektion Donau Bodensee, Bereich
Ravensburg. "Der Wind hilft uns, indem er das Treibholz ans Ufer treibt.
Wir haben eine super Bergeleistung."
Zehn Lastwagen mit einem Fassungsvermögen von
jeweils zwölf Kubikmetern nehmen die hölzerne Fracht auf und transportieren
sie zum Zwischenlagerplatz an der Kieskreuzung Kressbronn. Von dort wird es in
ein Unternehmen nach Herbertingen gebracht, wo es geschreddert wird. Das
zerkleinerte Holz soll in Verbrennungsanlagen Energie bringen, die ausgesiebten
Stoffe wie zum Beispiel Steine werden für die Betonherstellung verwendet.
Der "Biber", das Schiff der Gewässerdirektion,
darf sich noch ausruhen: Er wird erst dann eingesetzt, wenn sich auf dem
Bodensee ein richtig dichtes Treibholzfeld gebildet hat. Das ist nicht
ausgeschlossen: Denn nach wie vor schwemmt der Alpenrhein Treibholz in den
Bodensee.
Derzeit geht man davon aus, dass es noch zwei
Wochen dauern kann, bis das Treibholz aus dem Bodensee gefischt ist. 15
Mitarbeiter der Gewässerdirektion und weitere 20 externe sind damit beschäftigt,
die Kosten für die Entfernung des Treibholzes werden vom Regierungspräsidium
in Tübingen mit rund 200 000 Euro beziffert.
So viel wie sonst in einem Jahr
"Es hat gespenstisch ausgeschaut",
beschreibt Peter Schmid, zweiter Vorsitzender des Wasserburger Seglerclubs, das
Bild, das sich am ersten Treibholztag im Wasserburger Hafen geboten hat. Bei günstigem
Wind und mit Vorsicht könnten Segelboote noch auslaufen, mit Motorantrieb sei
dies jedoch unmöglich. Denn vor Wasserburg liegt eines der größten
Treibholzfelder im bayerischen Teil der Bodensees, ebenso im Bereich des
Nonnenhorner Seepumpwerks.
Insgesamt befanden sich gestern nach Angaben
von Ludwig Reinhardt, Leiter der Seemeisterstelle Lindau, noch rund 10 000
Kubikmeter Treibholz im bayerischen Uferbereich. Das entspricht etwa der Menge,
die hier sonst in einem ganzen Jahr ankommt. Am Tag zuvor belief sich die Schätzung
noch auf 15 000 Kubikmeter Holz. "Das ist jeden Tag etwas
anders", sagt Reinhardt, denn je nach Windverhältnissen können sich die
Holzfelder wieder lösen und woanders hin treiben.
Mit drei Baggern, zwei Booten, zwei Lastwagen,
einem Kiesschiff mit Bagger und etlichen Containerfahrzeugen machen sich die
Mitarbeiter der Lindauer Seemeisterstelle über die Holzmassen her, was laut
Reinhardt jeden Tag etwa 6000 Euro allein an Gerätekosten verursacht. 600
Kubikmeter Holz haben seine Leute vorgestern aus dem See geholt, gestern sollten
1000 Kubikmeter folgen. "Mit dieser Kapazität machen wir weiter." Er
geht davon aus, dass in acht bis zehn Tagen das meiste Holz abtransportiert ist.
Verbrannt wird es in Bad Wurzach. Bis freilich auch die schwer zugänglichen
Stellen geräumt sind, werde es länger dauern.
Einem Vergleich mit dem Pfingsthochwasser 1999
hält die jetzige Holzmasse nach Reinhardts Einschätzung indes nicht Stand.
Damals habe es deutlich mehr Treibholz und eine völlig andere Situation
gegeben: Während der See jetzt seinen für die Jahreszeit üblichen Pegel
hat, herrschte damals Hochwasser in Verbindung mit Sturm.
Wenn jetzt ein Sturm käme, wäre die Gefahr
groß, dass Schäden an Booten entstehen, sagt Klaus Achtelstetter von der
Dienstgruppe See der Polizei Lindau. Er hofft, dass auch auswärtige
Bootsbesitzer über das Treibholz informiert werden und ihre Leinen dem
Wasserstand anpassen. Und was die Verkehrssicherheit betrifft: "Es ist
bekannt, dass Treibholz da ist. Wer da rausfährt und gegen einen Baumstamm
prallt, ist fast selbst schuld." Sein Rat: Bootsfahrer müssten vorsichtig
navigieren, Ausguck halten und Flachwasserbereiche meiden. Denn eine Gefahr
stellen dort Baumstämme dar, die sich senkrecht in den Grund bohren und nicht
aus dem Wasser ragen.
(Schwäbische
Zeitung v. 26.08.05)