Die Bahn sagt sich endgültig von ihrer Tochter los

In einer Feierstunde auf der „Graf Zeppelin“ im Konstanzer Hafen mit rund 200 Gästen ist gestern die operative Führung der Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) endgültig von der Deutschen Bahn AG an die Stadtwerke Konstanz übergegangen. In deren, also in badischer Hand, ist der Löwe an der Hafeneinfahrt von Lindau noch immer, auch wenn es gestern im Rundfunk eine anderslautende Meldung gab.
Von unserer Redakteurin Hildegard Nagler

Die „Graf Zeppelin“ als Symbol dafür, wie die Zusammenarbeit der Schifffahrt am See künftig sein soll, ist doch der Luftschiffbauer in Konstanz geboren und hat in Friedrichshafen gewirkt: Dies haben gestern viele Redner, unter ihnen der Konstanzer Oberbürgermeister Horst Frank und sein Friedrichshafener Kollege Josef Büchelmeier, sehr betont. „Wir wollen mit den Städten und Gemeinden am See zusammenarbeiten“, machte gestern der neue kaufmännische Geschäftsführer der Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB), Kuno Werner, zugleich Geschäftsführer der Stadtwerke Konstanz, deutlich.

Dieser Wunsch betreffe zum einen die BSB ?hier werden maximal 24,9 Prozent als Anteile verkauft, denn das Unternehmen müsse eine klare Führung haben, die jetzt an die Stadtwerke Konstanz übergegangen ist. Zum anderen treffe dies auf die eigens gegründete Bodensee-Hafengesellschaft mbH (BHG) zu. Hier sei die Vorstellung, 33 Prozent als Anteile zu verkaufen, so Werner, wobei dieser Prozentsatz noch angehoben werden kann. Weil es derzeit noch kein Ertragswertgutachten für die Immobilien gebe, solle ein solches in den kommenden drei bis vier Monaten erstellt werden. „Wenn wir die Werthaltigkeit kennen, können wir den Städten und Gemeinden Angebote machen“, sagte Kuno Werner. Klar wurde gestern aber auch: Selbst wenn Filetstücke der BHG verkauft werden sollten, weil sie für den Schiffsbetrieb nicht notwendig sind, soll den Gemeinden und Städten ein Vorkaufsrecht eingeräumt werden und es sollen darauf kommunale Projekte verwirklicht werden. Auf Geld angewiesen, auch das wurde gestern deutlich, ist man in Konstanz offenbar nicht; auch der Kaufpreis für die BSB wird weiterhin nicht genannt.

Dass der Löwe an der Hafeneinfahrt in Lindau zurück in bayerische Hände soll und nicht, wie gestern fälschlicherweise im Rundfunk berichtet wurde, bereits an die Stadtwerke Friedrichshafen verkauft ist, darüber ist man sich in Konstanz im Klaren. Die Stadtwerke wären bereit, das gewaltige Tier zum symbolischen Preis von einem Euro zu verkaufen allerdings mit der Zusage, dass Lindau oder der Staat Bayern das Tier regelmäßig pflegen, sprich, die Verkehrssicherungspflicht an der Hafeneinfahrt übernehmen. Eine derartige Zusage gibt es derzeit noch nicht.

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts fahren die Bodenseeschiffe unter der Flagge der Eisenbahn, ab 1920 unter der Flagge der Deutschen Reichsbahn. 1962 wurde die Bodenseeschifffahrt der drei Bundesbahndirektionen Karlsruhe, Stuttgart und Augsburg zu einer Organisationseinheit, den Bodenseeschiffsbetrieben mit Sitz in Konstanz, zusammengeführt.

1996 wurde die BSB aus der Deutschen Bahn AG als eigenständige GmbH ausgegliedert. Das Unternehmen beschäftigt derzeit rund 150 Mitarbeiter, die Flotte umfasst 14 Fahrgastschiffe mit 1,5 Fähren (die halbe Fähre bezieht sich auf die „Euregia“, die jeweils zur Hälfte den BSB und der Schweizerischen Bodensee-Schiffahrtsgesellschaft AG gehört).

Der Jahresumsatz von BSB und Stadtwerken Konstanz beträgt zusammen rund 28 Millionen Euro. Die neu gegründete Bodensee Hafengesellschaft mbH (BHG) verwaltet in 13 Orten am deutschen Bodenseeufer die zum Betrieb der Schifffahrt notwendigen Immobilien. Es handelt sich vor allem um Häfen und Hafenanlagen beziehungsweise Landungsstege mit einer Gesamtfläche von rund 260 000 Quadratmeter.

(Schwäbische Zeitung  v. 22.05.03)

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