Bayrischer Löwe in badischer Hand
Der Kauf der Bodensee-Schiffsbetriebe und die Reaktion der Staatskanzlei in München
Das hatten die Chefs der Stadtwerke nicht
geahnt. Der Kauf der Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) entwickelte sich prompt zum
Staatsakt. Denn die Konstanzer haben künftig den bayrischen Löwen in der Hand.
Das steinerne Tier thront im Lindauer Hafen - und der gehört zum BSB-Paket. Die
bayrische Staatsregierung wurde hellwach. Eine Stadt im benachbarten Baden soll
das Symbol des stolzen Freistaates besitzen? Die Staatskanzlei im München
machte sich ernste Sorgen, wie von den Stadtwerken zu erfahren war.
Bevor die bayrisch-badischen Irritationen zur
Staatsaffäre ausarteten, schritt die neue Löwenbändigerin ein. Geschäftsführer
Konrad Frommer machte sich auf die Reise nach München. Sein Auftrag:
Friedenspfeife rauchen und die Nachbarn im Freistaat beruhigen. Das Wappentier
hat für die Bajuwaren hohen symbolischen Wert. Der steinerne Löwe bewacht die
Lindauer Hafenmole und zeigt seit 1856 den Besitzanspruch auf die Stadt. Den
Bregenzern streckt das sechs Meter hohe Marmortier das Hinterteil zu, denn die
Österreicher hatten hier nur kurze Zeit (1804/05) das Sagen.
Die badische Fahne wird nicht gehisst. Die
eher friedfertig wirkende Raubkatze darf Lindau weiter bewachen und wird nicht
mit der Imperia im Konstanzer Hafen ausgetauscht. "Wir geben den Bayern den
Löwen", sagte Frommer dem SÜDKURIER. Er gab den Politikern in München
die Zusage. Oberbürgermeister Horst Frank: "Wir wollen keinen
Alleinanspruch auf den bayrischen Löwen."
Es ist kein Aprilscherz. Die diplomatischen
Verwirrungen waren eine Folge des Kaufs. Bislang war die BSB-Mutter Deutsche
Bahn nicht nur im Eigentum des Löwen. Im Kaufpaket sind viele Hafenanlagen und
Immobilien in den deutschen Seegemeinden enthalten. So besitzen die Stadtwerke
in Radolfzell mit dem Gelände rund ums Molencafé ein Filetstück. Dabei haben
die Radolfzeller den Konstanzern nicht nur beim Thema Krankenhausfusion die
kalte Schulter gezeigt. Pikanterweise stellen sie sich auch in den Verhandlungen
über eine Stadtwerke-Kooperation am See stur. Die Konstanzer Rathausspitze und
die Stadtwerke-Geschäftsführung machten aber mehrfach deutlich, das sie den
Immobilienerwerb keineswegs politisch einsetzen wollen. Man sucht das Gespräch.
Als der Gemeinderat nun dem Kauf zustimmte, fasste Berthold Maier (SPD) diesen
Willen zusammen: "Das ist keine feindliche Übernahme. Und da waren die
Stadtwerke auch nicht auf Raubzug."
Im Gemeinderat gab es breite Zustimmung zum
Kauf. Vom "Glücksfall" sprach Alexander Fecker (CDU), von lauter
Gewinnern Heinrich Everke (FDP) und von einer Stärkung des Oberzentrums
Christian Tweer (NL). Walter Pilz (FWG) freute sich, dass die Arbeitsplätze
erhalten werden. Berthold Maier sprach vom "günstigen Preis" (der
nicht genannt wird). Auch Grüne und PDS sind mit dem Kauf zufrieden. Von ihnen
kamen aber Wermutstropfen. Falls es Defizite gebe, dürften sie nicht zu höheren
Preisen bei Bus, Strom oder Gas führen, forderte Monika Schickel (PDS).
"Wir sehen den Katamaran nicht so rosig in diesem Geschäftsbereich",
so Dorothee Jacobs-Krahnen (FGL).