Griff nach Österreichs Flotte

Stadtwerke zeigen Interesse an Schifffahrt des Nachbarlandes - Ausschreibung erfolgt

Die Stadtwerke haben die Chance, die Schiffsflotte weiter zu vergrößern. Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) wollen ihre Bodensee-Schifffahrt ausschreiben. Sie suchen einen Käufer für die Flotte, die Anlegestellen, Liegenschaften und Werkstätten. Zu den heißen Favoriten gehören die Stadtwerke Konstanz

Stadtwerke-Chef Kuno Werner wurde schon als "Onassis vom Bodensee" bezeichnet. Denn wie beim früheren griechischen Großreeder wächst die Flotte von Jahr zu Jahr. Nach dem Kauf der Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) sind die Stadtwerke, die auch die Fähre Konstanz-Meersburg betreiben, zum größten Reeder am See aufgestiegen. Nun könnten weitere Schiffe und Liegenschaften hinzukommen. Denn die ÖBB wollen neben der Wolfgangsee- auch die Bodensee-Schifffahrt ausschreiben. Es wurde bereits eine Bekanntmachung veröffentlicht. Bis 9.August können mögliche Käufer ihr Interesse bekunden. Ein Vergabe-Verfahren wird sich anschließen.

Die Stadtwerke Konstanz interessieren sich für die Nachbarflotte. "Wir werden die Ausschreibung anschauen und dann entscheiden", sagte Kuno Werner auf SÜDKURIER-Anfrage. Die Schifffahrt im österreichischen Teil des Sees sei für die Stadtwerke wichtig. Schließlich arbeiten die BSB bereits mit den anderen Unternehmen in der VSU (Vereinigte Schifffahrtsunternehmen für den Bodensee und Rhein) zusammen. Und genau aus diesem Grund dürfte das Konstanzer Unternehmen der ideale Käufer sein. Für die Stadtwerke sei es von großem Interesse, wie sich die Schifffahrt auf dem See weiter entwickelt, so der Stadtwerke-Geschäftsführer. Es gebe aber keinen direkten Kontakt mit den ÖBB.

Im Nachbarland ist die Begeisterung nicht grenzenlos. Politiker in Vorarlberg und in der Stadt Bregenz protestieren. Schließlich geht es auch um die Hafenanlagen der Landeshauptstadt. Darunter sind einige Flächen in bester Lage. Nun werden Möglichkeiten gesucht, die Schiffsbetriebe im Land zu belassen.

Beste Karten haben die Stadtwerke im anderen Nachbarland. Die Schweizer Bundesbahnen (SBB) wollen ihre Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft (SBS) nach Konstanz verkaufen. Der einzige Haken: Einzelne Aktionäre wollen ihr Vorkaufsrecht geltend machen (wir berichteten). Doch Kuno Werner ist weiter zuversichtlich: Alle Beteiligten, von den Kommunen bis zum Kanton, meinen, dass wir die richtigen Partner sind."

ÖBB

Die österreichische Bodensee-Schifffahrt gehört zu den ÖBB (Österreichische Bundesbahnen). Auf ihren sechs Motorschiffen ist Platz für insgesamt 3360 Personen. 2004 beförderten sie rund 580000 Passagiere.

VSU

In den Vereinigten Schifffahrtsunternehmen für den Bodensee und Rhein (VSU) arbeiten zusammen: Bodensee-Schiffsbetriebe GmbH (BSB), Schweizerische Bodensee-Schifffahrts-Gesellschaft AG (SBS), Österreichische Bundesbahnen (Geschäftseinheit Bodensee), Schweizerische Schifffahrts-Gesellschaft für den Untersee und Rhein und Schifffahrtsbetrieb Rorschach.


Komentar von VON JOSEF SIEBLER

Flottenstrategie

Erobern die Konstanzer nach dem Lindauer Löwen nun das Bregenzer Seeufer? Drehen sie 200 Jahre nach Beendigung der Habsburger Herrschaft über die Stadt den Spieß um und machen sich Vorarlberg untertan? Solche Sorgen scheinen etliche österreichische Landespolitiker und Bregenzer derzeit umzutreiben. Denn die Stadtwerke Konstanz gehören zu den potenziellen Käufern der österreichischen Bodensee-Flotte. Die Schifffahrts-Abteilung der einst mächtigen Bischofsstadt wird an den Ufern des Dreiländersees schon seit geraumer Zeit kritisch beäugt. Seit dem Kauf der Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) gehören einige Filet-Grundstücke in deutschen Häfen den Konstanzern - unter anderem der bayrische Löwe im Lindauer Hafen. Die Expansionsgelüste der Stadtwerke erfassten dann das Schweizer Ufer: Die eidgenössischen Eigner möchten die Schweizerische Bodensee-Schifffahrt nach Konstanz veräußern. Es bietet sich an, die vereinte Weiße Flotte auf dem See unter einer Flagge fahren zu lassen. Nur so kann die Schifffahrt, die bislang von öffentlichen Unternehmen subventioniert wurde, in Zukunft rentabel betrieben werden. Das ist der einzige Grund für das Konstanzer Begehren: Es ist kein Eroberungsfeldzug in befreundete Nachbarländer geplant. Die Admiräle auf der Stadtwerke-Kommandobrücke sollten allerdings so klug sein, die Partner in den Städten und Gemeinden nicht zu überrumpeln. Aber auf der deutschen Seeseite haben sie die nötige Sensibilität bislang gezeigt.

(Südkurier  v. 27.07.05)

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