ÖBB
segnen Verkauf ab
Gegen die Verkaufspläne regt sich Widerstand bei der Bevölkerung des Heimathafens Bregenz – die «Blumenmolo» gilt als Naherholungsgebiet. Der Bregenzer Hafen und die Schiffe gehörten dem Volk, sagen etwa SP und Grüne.
(St. Galler Tagblatt v. 02.09.05)
Der
Eigentümer der Silvretta-Nova Gruppe und mögliche neue Arbeitgeber von
Vizekanzler Hubert Gorbach (B) hat sich laut ORF schon seit mehr als einem Jahr
für den Betrieb der ÖBB-Bodensee-Schifffahrt interessiert. Die jetzt öffentlich
gewordene angestrebte Lösung - die Illwerke/VKW-Gruppe soll nach dem Willen des
Landes die Liegenschaften zur Gänze erwerben, bei der Schifffahrt aber Walter
Klaus 25,1 Prozent an der Flotte zugestehen - biete eine ideale Gelegenheit, so
Klaus. Er könnte sich so auf seine Kernkompetenz Touristik, also auf den
Betrieb der Schifffahrt, konzentrieren.
Klaus
glaubt an eine ganze Reihe von verbesserungsfähigen Punkten. Allein durch seine
Kontakte zu den Bus-Unternehmen rund um den Bodensee könnte nach seiner Einschätzung
eine Initialzündung erreicht werden. Der Bregenzer Bürgermeister Markus
Linhart (V) stellte unterdessen bereits fest, dass der Verwertbarkeit des Areals
Grenzen gesetzt seien. Er könne sich nicht vorstellen, dass da „wesentlich
mehr passieren kann als jetzt“. Für Verbesserungen sei man aber natürlich
offen. Dem Wunsch der Stadt Bregenz, bei einem Zuschlag für die Illwerke/VKW-Gruppe
Besitzanteile erwerben zu können, stehe Landeshauptmann Herbert Sausgruber (V)
ebenfalls offen gegenüber, hieß es im ORF-Bericht.
Gespalten
fiel die Reaktion der Oppositionsparteien SPÖ und Grüne auf die Pläne des
Landes aus. Während SPÖ-Landesparteivorsitzende Elke Sader die klare
Kaufabsicht des Landes als einen deutlichen Erfolg der monatelangen Bemühungen
der SPÖ wertete, sprachen die Grünen von einer „Packelei der übelsten
Art“. Es sei ein wohl einzigartiger Vorgang, wenn mitten in einem offenen
Ausschreibungsverfahren von Land, Bund und einem privaten Unternehmer eine
fertige Lösung paktiert werde, die weder die Interessen der Stadt Bregenz wahre
noch die zuständigen Gremien wie Stadtvertretung oder Landtag damit befasse,
wetterte Landessprecher Johannes Rauch.
„Es
ist wohl ein einzigartiger Vorgang, wenn mitten in einem offenen
Ausschreibungsverfahren von Land, Bund und einem Privaten Unternehmer eine
fertige Lösung paktiert wird, die weder die Interessen der Stadt Bregenz wahrt
noch die zuständigen Gremien wie Stadtvertretung oder Landtag damit befasst.
Die Zusage einer Sperrminorität an den Seilbahnunternehmer Klaus ist eine
glatte Übervorteilung anderer Interessenten und widerspricht sämtlichen
Vergabe- und Ausschreibungsrichtlinien!“, so Rauch.
„Entgegen
der Zusage des Landeshauptmannes wurde am Landtag vorbei eine Entscheidung
getroffen, ohne dass dem zuständigen Ausschuss die Unternehmenszahlen der
Bodenseeschifffahrt vorgelegt wurden und ohne dass über die möglichen
Betreibermodelle noch einmal diskutiert wurde. Anstatt die Zahlen offen zu legen,
hat das Land eine Schweigeerklärung unterschrieben, in der es sich
verpflichtet, der Öffentlichkeit diese Daten und Zahlen vorzuenthalten."
"Hier
wird ohne jedes Konzept und ohne jede Not öffentliches Eigentum verscherbelt,
und zwar auf eine Art und Weise, die punktgenau zur schwarz-blauen Bundespolitik
passt!“, fasst Rauch die Kritik der Grünen zusammen. (Quelle: Grüne)
Land will
„Silvretta-Klaus“ als Partner
Ob
der 71-jährige Walter Klaus dabei auch den Bregenzer Baulöwen Rhomberg und die
Pfänderbahn einbindet, ist noch offen.
Kurze
Einreichfrist
Die
„VN“ berichteten exklusiv: Die ÖBB Personenverkehrs AG gliedert die
Schifffahrtsbetriebe am Bodensee und Wolfgangssee mit Wirkung vom 1. Oktober in
die neue Gesellschaft „ÖB Zwei“ aus. In diese wird demnächst das Vermögen
der Schifffahrt samt Arbeitnehmern, Konzessionen und Bewilligungen übertragen.
Als dritter Schritt folgt die Veräußerung. Parallel dazu laufen bekanntlich
die Vorbereitungen für den Verkauf. Nach der Interessensbekundung hat das ÖBB
Management in Wien bereits konkrete Unterlagen an die „Bewerber“ verschickt,
bis 15. September müssen die Angebote vorliegen. Preise werden vorerst noch
keine genannt.
Illwerke
statt Land
Die
überwiegende Mehrheit der Vorarlberger Bevölkerung will das Hafengelände
weiter in öffentlichem Eigentum sehen. Dies wurde beim „VN“-Leservotum
eindrücklich demonstriert. LH Sausgruber bringt anstelle des Landes die
Illwerke in Spiel: Sie sollen 100 Prozent des Geländes und der Liegenschaften
kaufen. Bei den Schiffen will man eine Eigentümerlösung unter Einbeziehung des
Montafoner Touristikers Walter Klaus. Mit 25,9 Prozent hätte er die
Sperrminorität: Der Mehrheitseigentümer Illwerke könnte also keine
Entscheidung ohne Klaus treffen. Ob und in welcher Form die weiteren
Interessenten Rhomberg Bau und Pfänderbahn AG ebenfalls mitmischen können, ist
noch offen.
Schifffahrt:
SPÖ befürchtet Zerstückelung
Die
der SPÖ zurechenbaren ÖBB-Aufsrichtrsräte würden den Verkauf in der
Aufsichtsrats-Sitzung am Donnerstag ablehnen, so Sader.
Nun müsse alles unternommen werden, damit die Bodenseeflotte und die Liegenschaften in öffentlicher Hand blieben, forderte Sader. Wer immer auch Schiffe und Hafen erwerbe, sollte nach Ansicht der SPÖ-Landesparteivorsitzenden zur Vorlage eines Nutzungskonzepts verpflichtet werden. Dieses müsste dann ihm Rahmen einer Bürgerbeteiligung diskutiert werden, sagte Sader.
(Vorarlberg
Online v. 01.09.05)
Bodenseeflotte:
ÖBB will Verkauf "absegnen"
SP-Parteichefin
Dr. Elke Sader: „Jetzt ist es höchste Eisenbahn, dass das Land Vorarlberg
offensiv politisch seine Stimme erhebt“. Die beste Lösung ist ihrer Meinung
nach weiterhin der Verbleib der Schifffahrt bei der ÖBB. Sollte ein Verkauf
nicht zu verhindern sein, dann „haben die Illwerke meine Unterstützung. Auch
eine Beteiligung der Hypo sollte angedacht werden, die Bank hätte dies für die
Imageverbesserung dringend notwendig“.
Konzepte
auf den Tisch
Wer
auch immer Schiffe und Hafen erwirbt, sollte ihrer Meinung nach zur Vorlage
eines Konzeptes für die künftige Nutzung verpflichtet werden, „das dann mit
Bürgerbeteiligung diskutiert wird“. Auf Nationalratsebene bereiten die
Sozialdemokraten einen Antrag gegen den Verkauf der Schifffahrt vor: SP-NAbg.
Manfred Lackner werde federführend sein, auch Bundesparteichef Gusenbauer hat
seine aktive Unterstützung zugesagt. „Die Vorarlberger Abgeordneten der ÖVP
müssen dann Farbe bekennen“, so Sader. Der SP-Antrag an den Landtag vom
10.Mai, wonach die ÖBB-Schifffahrt vom Land gekauft werden sollte, ist nach wie
vor unerledigt.
Wie
„Volksgarten“
Der
grüne Bregenzer Vizebürgermeister Gernot Kiermayr warnte gestern vor der
Privatisierung. Diese bedeute eine verstärkte kommerzielle Nutzung. Die
Seeanlagen seien jedoch der einzige innerstädtische Ort der Erholung,
„vergleichbar mit dem Volksgarten in Wien“. Das öffentliche Interesse müsse
jetzt im Detail definiert werden, die Stadt sei der „logische Eigentümer des
Hafenareals und hat historisch begründete Ansprüche“, so Kiermayr.
Die
Zukunft der Bodensee-Flotte
Mit
Ausschreibung und Verkauf der Schifffahrt durch die ÖBB werden die Weichen für
die Zukunft der Flotte und des Hafens gestellt. Was soll mit Hafen und Flotte
konkret geschehen? Die „VN“ bieten der Bevölkerung am Donnerstag, den 8.
September die Gelegenheit, sich einzubringen.
Am
Podium des „VN“ - Stammtisches (18 bis 19.30 Uhr, Gössersaal, Bregenz)
stellen sich Vertreter der Interessenten und Kritiker der Veräußerung den
Fragen der Bevölkerung: Illwerke-Vorstandsdirektor Dr. Summer, der Bregenzer Bürgermeister
Dipl.-Ing. Linhart, Dr. Kinz von der Pfänderbahn AG und SP-Parteivorsitzende
Dr. Sader. Die „VN“ haben auch im Management der ÖBB Personenverkehrs AG
einen Vertreter eingeladen. Die Bahn winkte ab. Vorstandskollegin Dkfm.
Wilhelmine Goldmann hat „ebenso keine Zeit wie alle anderen Vertreter“,
meinte Sprecherin Wallner zu den „VN“. Dieser Maulkorb gilt auch für sämtliche
ÖBB-Mitarbeiter vor Ort: „Fast jeder zittert um seinen Job, auch die
Goldmann“, so Eisenbahner-Gewerkschafter Ernst Lerch.
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Datum: Donnerstag, 8. September, 18 bis 19.30 Uhr
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Ort: Bregenz, „Gösser“-Saal
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Am Podium:
Bürgermeister Dipl.-Ing. Markus Linhart, Bregenz;
Dr. Ludwig Summer, Vorstandsdirektor VKW/Illwerke;
Dipl.-Ing. Thomas Kinz, Pfänderbahn AG;
Dr. Elke Sader, SP-Parteichefin
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Moderation: Marianne Mathis
Schifffahrt:
Kiermayr gegen Verkauf
Das
öffentliche Interesse müsse von einer öffentlichen Körperschaft garantiert
werden, so Kiermayr in einer Aussendung. Dafür sei die Landeshauptstadt Bregenz
am besten geeignet, weil sie widmungsrechtlich zuständig ist. Die Stadt habe
historisch begründete Ansprüche, sagte der Bregenzer Vize-Bürgermeister.
Seiner Ansicht nach sollte die Stadt ihre Interessen und jene ihrer Bürger
eindeutig definieren und festlegen. Vor allem dürfe es keine Zweifel daran
geben, dass die Stadt die ihr widmungsrechtlich zustehenden Möglichkeiten voll
nutzen werde, das Hafenareal den Interessen der Bregenzer und der Vorarlberger
Bevölkerung entsprechend zu erhalten.
Der
Bregenzer Bürgermeister Markus Linhart (V) hat bereits Ende Juli in Richtung möglicher
Interessenten darauf hingewiesen, dass die Stadt als Behörde bei der Nutzung
des Areals unabhängig vom Käufer auch in Zukunft ein gewichtiges Wort
mitzureden haben werde. Die Stadt Bregenz hat im Rahmen des
Interessenbekundungsverfahren, das am 9. August abgelaufen ist, ihre Absicht
deponiert, sich an der Ausschreibung zu beteiligen.
Neue Zürcher Zeitung,
Dienstag, 23. August 2005, S. 5.
Streit um
Bodenseeschifffahrt in Bregenz
Die sommerliche Kulisse ist
perfekt: Die Seebühne mit dem spektakulären Aufbau zum „Troubadour“, dem
Rohrgewirr einer imaginären Ölraffinerie, dessen brandrote Farbe dramatisch
mit den transparenten Blautönen von See und Himmel kontrastiert. Majestätisch
gleiten die weißen Schiffe der österreichischen Bodenseeflotte in den
Bregenzer Hafen. Ein friedliches Bild. Doch hinter der harmonischen Szene spielt
sich im geruhsamen „Ländle“ eine Kontroverse ab, in der es just um die
Versatzstücke dieser touristisch wertvollen Idylle geht: um die
Motorschiffflotte mit ihren sechs Schiffen (Gesamtkapazität 3360 Passagiere)
und den Hafen Bregenz mit seinen Gebäuden und Anlagen, deren Privatisierung vom
bisherigen Eigentümer, den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) angestrebt
wird.
Wenig erfreut über die
Absicht der ÖBB Personenverkehrs AG, Schiffe und Hafen zu veräußern, zeigt
sich Landeshauptmann Herbert Sausgruber. Er will sich dafür einsetzen, dass die
Vorarlberger Illwerke, die sich zu 95,5 Prozent im Eigentum des Landes
Vorarlberg befinden, Schiffe und Hafenareal erwerben. Dafür gebe es, so
Sausgruber, ein klares öffentliches Interesse. Unmut bekundet Sausgruber darüber,
dass der Hafen unter „intensiven privaten Verwertungsdruck“ geraten sei,
dass man jetzt als Landesregierung „im Herzen der Landeshauptstadt um Grundstücke
kämpfen“ und sich mit anderen Bewerbern in die Schlange stellen müsse. Zudem
werde aufgrund des Zeitdrucks - bis Ende Jahr soll der Verkauf über die Bühne
gehen - der Preis in die Höhe getrieben. Der Landeshauptmann und auch der
Bregenzer Bürgermeister Markus Linhart zeigen sich brüskiert von der
Vorgehensweise der ÖBB, die im Alleingang die Privatisierung der
Bodensee-Infrastruktur eingeleitet hätten. Anders als Sausgruber erwägt
Linhart den Kauf von Hafenareal und Flotte durch die Stadt Bregenz; der
Schiffsbetrieb könnte dann an Private vergeben werden.
Vom Landeshauptmann mit
einem unmissverständlichen Seitenhieb wird der österreichische Vizekanzler und
Infrastrukturminister Hubert Gorbach bedacht. Für Sausgruber ist es besonders stoßend,
dass sich der Verkauf der Bodenseeflotte ausgerechnet „unter der
Ministerschaft eines Vorarlbergers“ anbahnt. Denn vor seinem Senkrechtstart
zum zweiten Mann in der Bundesregierung war Gorbach Landesstatthalter und damit
stellvertretender Landeshauptmann in Bregenz. Sein Wegzug ins ferne Wien und vor
allem die Übernahme der Geschäftsführung von Jörg Haiders Bündnis Zukunft
Österreich haben Gorbach gerade bei den Vorarlberger Freiheitlichen letztlich
wenig Sympathien eingebracht.
Gorbach hatte im Frühjahr
mit seinen Plänen für Schlagzeilen gesorgt, in absehbarer Zeit die Politik zu
verlassen und bei der Silvretta Nova Bergbahnen AG einzusteigen. Mit deren
Hauptaktionär, Walter Klaus, verbindet Gorbach eine alte Freundschaft. Das
Tourismus-Unternehmen Silvretta Nova, dem bereits Bergbahnen und
Gastronomiebetriebe in Vorarlberg gehören, ist einer der chancenreichsten
Interessenten an Hafenareal und Bodenseeflotte. Diese Verquickung von
ministerieller Tätigkeit und privaten Plänen bei Gorbach ist
naheliegenderweise ein gefundenes Fressen für die Opposition. So unken die
Vorarlberger Grünen, Gorbach vertrete als Minister die Bundesbahnen, also den
Verkäufer - und der Käufer sei möglicherweise sein künftiger Chef, Walter
Klaus.
(NZZ v. 23.08.05)