"Sind keine Anfänger"


Walter Klaus will bei der Schweizerischen Bodensee Schifffahrtsgesellschaft an Bord gehen - Ein Besuch beim Vorarlberger
Tourismusunternehmer


Walter Klaus ist derzeit nicht gut zu Fuss. Der 72-Jährige aus Gaschurn im Montafon hat gerade eine Knieoperation hinter sich. Doch
der Eindruck täuscht. Als Unternehmer schlägt der Vorarlberger nach wie vor ein hohes
Tempo an. Dieses Jahr wurde er von dem österreichischen Wirtschaftsmagazin "New Business" und dem Trainingsunternehmen ZZN
mit dem Titel "Beweger des Jahres 2005" ausgezeichnet. In Gang gebracht hat Klaus zuletzt einiges. Unter anderem übernahm
er auf diesen Frühling hin als Minderheitsaktionär (25,1 Prozent) zusammen mit den staatlichen Illwerken die österreichische
Bodenseeflotte (sieben Schiffe) und gab den Bau eines Luxusliners für 1000 Personen mit Theatersaal bei der Bodanwerft in Kressbronn in
Auftrag. Kosten: über 9 Millionen Euro. "Ich habe noch nie so viel gearbeitet wie in den letzten drei, vier Jahren", erklärte Klaus kürzlich in einem Interview. Für Ferien auf seinem Weingut in der Steiermark oder seiner Insel vor Venedig bleibt dem erklärten "Genussmenschen" kaum mehr Zeit.

Neue Impulse geben

Daran wird sich so schnell nichts ändern. "Ich habe viele Ideen", sagt Klaus, der trotz gesundheitlichen Problemen noch nicht ans
Aufhören denkt. "Ich will mich langsam zurückziehen."
Zuvor möchte er zusammen mit einer Investorengruppe um AFG-Chef Edgar Oehler bei der Schweizerischen Bodensee- Schifffahrtsgesellschaft (SBS) an Bord gehen. "Wir können mit unserer Erfahrung der Schweizer Flotte neue Impulse geben", ist der Neoreeder sicher.
"Wir sind keine Anfänger", wirbt Klaus um Vertrauen. Und meint damit vor allem auch sich selber. Er ist Mehrheitsaktionär und Verwaltungsratspräsident der Silvretta-Nova-Gruppe, die er in den letzten 30 Jahren zu einem der grössten Bergtourismus-Unternehmen
Österreichs aufgebaut hat mit 20 Gastrobetrieben und einem Hotel sowie gegen 60 Liften und Seilbahnen, darunter die grösste der Welt
auf den Ortler in Sulden im Südtirol. Sein Erfolgsrezept: "Es kommt auf die Kleinigkeiten an." Halbherzigkeiten toleriert der Mann der
schnellen Entscheide nicht. Kommerzialrat Klaus ist nicht nur in Vorarlberg ein Vorzeigeunternehmer. Für seine besonderen Verdienste um die Republik Österreich verlieh ihm der damalige Bundespräsident Thomas Klestil 1998 das goldene Ehrenzeichen.

Durch Zufall im Tourismus

Vorgezeichnet war dem gebürtigen Bayer aus Augsburg, der von sich sagt, er habe kein einfaches Leben gehabt, ein anderer Weg. Ende der
1960er-Jahre übernahm der gelernte Maurer und studierte Architekt das elterliche Baugeschäft, das er durch Zukäufe und Übernahmen zu einem
mittelständischen Betrieb mit 13 Firmen und 1100 Mitarbeitern in Süddeutschland machte. Die Geschäfte führt längst sein Sohn.
Dass der passionierte Antiquitätensammler heute mit Bergwanderern und Skifahrern einen Jahresumsatz von mehr als 55 Millionen Euro
macht, ist einem Freundschaftsdienst zu verdanken. Als Ferienhausbesitzer im Montafon liess sich Klaus vom damaligen
Bürgermeister von Gaschurn Ende der 1960er-Jahre widerwillig dazu überreden, Anteilscheine an der örtlichen Bergbahn zu kaufen, um die
es finanziell schlecht stand.

"Gibt einiges zu verbessern"

Jetzt bei der geplanten Übernahme der SBS ist alles anders. "Wir wissen genau, was wir wollen", sagt Klaus, ohne allerdings Details zu
nennen. Auch zur Aufgabenteilung zwischen ihm und der Schweizer Investorengruppe will er sich nicht äussern. "Schauen Sie sich die
Silvretta-Nova-Gruppe an. Dann haben Sie eine Ahnung, in welche Richtung es gehen könnte", antwortet er stattdessen. Nur so viel an
Konkretem ist zu erfahren: "Es gibt einiges zu verbessern, gerade was die Effizienz anbelangt."
Personal abbauen will der Wahlösterreicher aber nicht, wenn er bei der SBS als Minderheitsaktionär ein Wort mitreden könnte. "Ich habe
immer nur Leute angestellt." Die Silvretta-Nova-Gruppe habe vor sechs Jahren im Winter 420 Personen beschäftigt, heute seien es 815. Und
bei der österreichischen Flotte habe er bis auf einen Mann die gesamte Crew übernommen.
"Mein Ziel ist es, das Unternehmen zu stärken", betont Klaus. Denn gehe es der Firma gut, profitierten alle - auch die Schweizer. "Wir können mehr bieten."

Keine Überlebensfrage

Die geplante Allianz sei keine Überlebensfrage für die Vorarlberg Lines, wie die österreichische Flotte heute heisst, sagt Klaus. "Ich
würde nicht sterben, wenn es nicht klappen sollte." Klar sei aber: Falls die Stadtwerke Konstanz als Eigner der deutschen
Schifffahrtsgesellschaft das Rennen um die SBS machen, würde das Ungleichgewicht auf dem Bodensee noch grösser. Ob das gut für das
touristische Angebot wäre, bezweifelt Klaus, der in gewissen Bergregionen mittlerweile selber keine Konkurrenz mehr hat.
Für ihn kein Widerspruch. "Ich bin ein Privatunternehmer, die Stadtwerke Konstanz sind ein Staatsbetrieb." In Österreich spielte dieser Unterschied eine Rolle. Dort setzte sich Klaus im Rennen um die österreichische Flotte gegen die Deutschen durch.

(Markus Schoch/St. Galler Tagblatt v. 27.10.06)

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