Vom Schuh zum Schiff
Letztes Geheimnis um Interessenten der
Bodenseeflotte gelüftet: MBT-Gründer Karl Müller Hauptinvestor der «Seahorse»-Gruppe
Mit Gesundheitsschuhen
eroberte er die Welt
.
Jetzt wagt er sich auch aufs Wasser hinaus
.
Karl Müller will mit anderen Oberthurgauern zusammen die Schweizerische
Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft (SBS) kaufen und betreiben
.
Drei
Interessengruppen bewerben sich um die SBS: Die
Stadtwerke Konstanz
, eine Ostschweizer Investorengruppe rund um AFG-Chef Edgar Oehler im Verbund
mit der Stadt Rorschach und dem Vorarlberger Tourismusunternehmer Walter Klaus
sowie ein Projektteam aus der Region Arbon mit dem Namen «Seahorse» – die
grosse Unbekannte
.
Wer dahinter steht, war bis jetzt nicht klar
.
Mediensprecher Rolf Staedler weigerte sich stets, Namen zu nennen, bevor die
SBB als Verkäuferin der Flotte abschließend zu ihren Gunsten entschieden habe
.
Nun haben sich die
Verantwortlichen aus dem Oberthurgau doch anders besonnen
.
Gestern lüfteten sie das Geheimnis um die Hintermänner
.
«Wir fanden, dass jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen ist», erklärt
Staedler
.
Einen eigentlichen Auslöser gebe es nicht
.
«Wir wissen nichts Neues von den SBB
.
»
Müller
Hauptinvestor
Sie brauchten sich
nicht zu verstecken, hatte Staedler stets behauptet, wenn er nach den Chancen für
den Zuschlag gefragt wurde
.
Die Gruppe dürfte tatsächlich ein ernsthafter Konkurrent im Rennen um die SBS
sein, wie sich jetzt zeigt
.
Hauptinvestor bei «Seahorse» ist Karl Müller, Erfinder der
MBT-Gesundheitsschuhe, die heute auf der ganzen Welt getragen werden
.
Vor kurzem stieg der 54-Jährige ganz aus der Firma mit einem Jahresumsatz von
rund 300 Millionen Franken aus, nachdem er bereits vor zwei Jahren die
Aktienmehrheit an den ehemaligen österreichischen Skirennfahrer Klaus Heidegger
verkauft hatte
.
Müller weilt derzeit im Ausland und war gestern nicht für eine Stellungnahme
erreichbar
.
Die anderen
Mitglieder von «Seahorse» sind nebst ihm und Projektleiter Staedler weitere
Mitglieder der Arboner awitgroup AG, nämlich Christoph Wanner
(Eventorganisation/Marketing und Immobilien) sowie Sascha Bigger (Finanzen)
.
Zum Projektteam gehören außerdem der St
.
Galler Rechtsanwalt Markus Schultz (Vertreter Investor) und Robert Straubhaar
aus Basel, der das nautische Know-how einbringt
.
Der ehemalige Kapitän berät heute Schiffsunternehmen auf der ganzen Welt –
auch am Bodensee
.
«Er hat ein großes Wissen», sagt Staedler
.
Alle Personalien
werden aber nicht bekannt gemacht
.
Im Boot der Oberthurgauer ist ein zweiter Geldgeber für den Kauf des
Lagerhauses der SBB in Romanshorn
.
«Den Namen kann ich noch nicht nennen», sagt Staedler
.
Ins massive Gebäude am See will die «Seahorse»-Gruppe den Sitz der SBS
verlegen und darin gleichzeitig ein Vergnügungs- und Freizeitzentrum eröffnen
.
«Wir beabsichtigen, Freizeit, Arbeiten und Wohnen zu kombinieren
.
»
Touristen
aus Korea holen
Auch auf den
Schiffen möchte die «Seahorse»-Gruppe künftig mehr bieten und damit vor
allem auch Jugendliche neu an Bord holen
.
«Im Eventbereich liegt ein großes Potenzial», sagt Staedler
.
Die Schiffsbetriebe auf dem Vierwaldstättersee und dem Rhein bei Basel machten
vor, wie es gehe
.
Der Trend gehe klar weg von der reinen Beförderung von Passagieren
.
Grosse Hoffnungen
setzt die «Seahorse»-Gruppe auf Touristen aus Fernost
.
An den Bodensee holen soll sie Müller, der vor allem in Südkorea ein
eigentlicher Star ist dank den MBT-Schuhen, die dort teilweise produziert werden
.
Der Thurgauer, der die Landessprache fließend spricht, hat beste Beziehungen
in Politik und Wirtschaft
.
30 Prozent der Bevölkerung sollen ihn kennen, schreibt die «Seahorse»-Gruppe
in einer Mitteilung
.
«Bereits heute pilgern viele Koreaner zu seinem Wohnort in der Schweiz
.
» Für sie soll ein «Ferienpaket» geschnürt werden
.
Chance
für Arbeitslose
Die «Seahorse»-Gruppe
will aber auch als Arbeitgeber neue Wege gehen. So sollen künftig auch
arbeitslose Jugendliche oder Ausgesteuerte beschäftigt werden. Finanziert würde
das Projekt über Müllers Stiftung KM-Foundation, in die ein Bruchteil des
Verkaufserlöses der MBT-Schuhe fließt. Geplant ist gemäß Staedler aber keine
geschützte Werkstätte. «Alle werden ins Tagesgeschäft integriert.»
Stichwort
: SBS-Verkauf
Den
Verkaufsentscheid trifft
ein Steuerungsausschuss, in dem zwei SBB-Vertreter sowie Regierungsrat Kaspar
Schläpfer und der Romanshorner Gemeindeammann Max Brunner Stimmrecht haben
.
Wer den Zuschlag bekommt, soll bis Ende Jahr klar sein
.
(Markus Schoch/St. Galler
Tagblatt v. 31.10.06)
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