Bodensee-Schiffsbetriebe
zerlegen Motoren der MS Karlsruhe und Baden
Wo sonst Touristen wandeln, klaffen tiefe Löcher
im Rumpf der MS Karlsruhe. Statt
schmucker Uniform tragen die Mitarbeiter der Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) mit
Öl verschmierte Overalls. Und dort unten, im aufgerissenen Schiffsbauch,
arbeiten sie an mannshohen Maschinen mit Schraubenschlüsseln und Zangen, so
dick wie Unterarme. Alles im Blick hat Dieter Ehinger, 47. Er ist Chef der
Konstanzer BSB-Werkstätten - und hat im Winter Hochsaison.
Seit Januar liegen die MS Karlsruhe und die MS
Baden im Wartungsbecken vor der Werkstatt im Hafen. Es sind die zwei alten
Tanten der Flotte, die Karlsruhe ging 1937 auf Jungfernfahrt, die Baden 1935.
Die Motoren sind nicht ganz so alt, aber über 40 Jahre sind auch sie schon in
Betrieb. "Die Ersatzteile werden immer seltener und teurer", sagt
Ehinger. Was Hersteller nicht mehr in Serie liefern können, muss er von Hand
nachbauen lassen. Tausende Euro kostet dann manchmal ein einfaches Bauteil. In
diesem Jahr allerdings konnte Ehinger etliches Zubehör aus der im Herbst
ausgemusterten Überlingen verwenden. 200000 Euro investieren die BSB in die große
Motorenwartung der beiden Schiffe insgesamt.
Eine Generalüberholung des Antriebs steht
alle fünf Jahre auf dem Plan. Ehinger und bis zu 15 Mann bauen die je sechs
Tonnen schweren Antriebsaggregate vollständig auseinander. Jeden Zylinder,
jeden Kolben, jede Nockenwelle, jedes Lager schauen sie an. Zwei Motoren hat die
MS Karlsruhe, jeder 350 PS stark. Die Antriebspropeller Marke Voith-Schneider
bringt ein Lastwagen nach Heidenheim zum Hersteller, der sie bei sich überholt.
Ehinger kennt die Tücken der einzelnen
Schiffe. Seit 16 Jahren arbeitet er in der Werkstatt der Schiffsbetriebe. Ihm
helfen jene Männer, die auch im Sommer auf den Schiffen arbeiten. Doch in
diesem Jahr haben die Mitarbeiter nicht nur mit altem Öl, Rost und Verschleiß
zu kämpfen, sondern auch mit dem niedrigen Wasserstand. Auf der einen Seite des
Hafenbeckens vor der Werkstatt drohen die Schiffe, auf Grund aufzusetzen. Die
Arbeit an der in einer Ecke vertäuten MS
Uhldingen musste bereits gestoppt werden. "Wir warten auf mehr
Wasser", sagt Ehinger.
Noch schwerer ist die Situation für die
Kollegen der BSB-Werft in Friedrichshafen. Hier könnte die Königin
Katherina wieder aus dem Trockendock in den See - doch weil sie zu wenig
Wasser unter dem Kiel hätte, sitzt sie in der Werft fest.
Ehinger dagegen hat an der tiefsten Stelle
seines Hafens immer noch einen Wasserstand von zwei Metern. Die nach der Wartung
fällige Probefahrt der Karlsruhe ist damit nicht in Gefahr. Nach rund sechs
Wochen sitzen bei der großen Motorrevision alle Schrauben wieder an der
richtigen Stelle, sind die Böden über den Motoren wieder eingebaut und die
Anlagen frisch gestrichen. Bei einer Tour über den See justieren die Techniker
alle Regler. Dann kann die Saison kommen.
(Südkurier
v. 11.02.2006)