Jens
Albiez aus Allensbach bestand die Prüfung für das gewerbliche Schifferpatent
Eine im
wahrsten Sinne stürmische Premiere gab es jüngst bei den Schifffahrtsbetrieben
Baumann: Mit Jens Albiez erwarb zum ersten Mal ein Prüfling das gewerbliche
Schifferpatent Kategorie B für die Beförderung von über 60 Personen, der
nicht aus der traditionsreichen Familie selbst kommt. Und die praktische Prüfung
meisterte der 22-Jährige trotz kräftigen Sturms.
Der Regen
peitschte übers Land und den See, mit Böen bis zu Windstärke acht blies der
Sturm und sorgte für bis zu 1,5 Meter hohe Wellen - am Dienstag vergangener
Woche war ein Wetter, bei dem man den sprichwörtlichen Hund nicht auf die Straße
schickt. Es war der Tag der praktischen Prüfung für Jens Albiez. "Volle
Sturmwarnung" habe es gegeben, so sein Chef Roland Baumann. Die Prüfer um
Schifffahrtsamtsleiter Andreas Ellegast fragten denn auch vor dem Start im
Jachthafen Reichenau, ob man die Prüfung fahren wolle.
"Wir
dachten, dass wir im windgeschützten Teil vom See bleiben", so Roland
Baumann. Doch dann hätten die Prüfer gesagt: nach Steckborn. "Mir ist
erst mal das Herz in die Hose gerutscht", erinnert sich Jens Albiez:
"Doch dann habe ich gedacht: alles oder nichts." Der Mut wurde
belohnt.
"Es
hat alles funktioniert", grinst der 22-Jährige. Die Fahrt sei noch das
kleinere Problem gewesen. Doch auch das Anlegen mit dem großen MS
Alet am ungeschützten Steg in Steckborn "hat einwandfrei
geklappt", so Roland Baumann: Zunächst Backbord legte Jens Albiez im
ersten Versuch an, beim Steuerbord-Anlegen habe ihn "eine Windbö
gepackt", da sei er chancenlos gewesen, berichtet Roland Baumann. Doch auf
zwei Versuche habe ein Prüfling immer ein Anrecht. Und "da hat er es dann
richtig gemacht", erläutert Baumann: "Er ist noch mal komplett neu
angefahren."
Die
theoretische Prüfung hatte Jens Albiez bereits am 7.März im Landratsamt
bestanden - ebenfalls mit gutem Ergebnis. Das nötige Wissen habe er sich seit
Januar aus Büchern angeeignet, nachdem der Entschluss gefallen war, das
Schifferpatent zu machen, so der gebürtige Allensbacher. "Den letzten
Schliff in der Theorie habe ich mir über Fasnacht bei der Segelschule von Kuno
Benz auf der Reichenau geholt", blickt er auf das für ihn diesmal
ausgefallene närrische Treiben zurück.
Seit
1.April ist er bei den Baumanns angestellt, lernte das Steuern mit dem großen
und dem kleinen Schiff. Auch das klappte. Schäden habe er keine verursacht,
lacht Jens Albiez: "Ich habe immer gut aufgepasst."
Sturm hier,
verpasste Fasnacht da: Der 22-Jährige hat seine Leidenschaft zum Beruf machen können.
Schon zur Schulzeit sei er nachmittags oft bei den Schifffahrtsbetrieben gewesen
und habe dort ausgeholfen. Und: "Ich bin schon immer gern auf dem See
gewesen, ich könnte das ganze Jahr auf dem Wasser sein", so Jens Albiez.
Im Winter freilich ist Pause angesagt. Da werde er wieder im ursprünglich
gelernten Beruf als Fliesenleger arbeiten. Oder wenn nötig beim Vater
aushelfen: Fridolin Albiez hat ein Taxiunternehmen.
(Schwäbische Zeitung v. 16.10.03)