Schiffsverkehr: Eine Fähre auf Abwegen

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MEERSBURG (sz) - Spektakuläre Aktion gestern vor Meersburg: Anstatt in den See zu stechen, lief die Autofähre "Fritz Arnold" auf dem Ufer auf. Die Gründe für das Missgeschick, bei dem niemand verletzt wurde, sind noch nicht geklärt.

Fahrplanmäßig hatte das Schiff um 11.25 Uhr den Meersburger Hafen Richtung Konstanz-Staad verlassen. Das Gewicht der "Fritz Arnold" betrug zu diesem Zeitpunkt rund 450 Tonnen — ohne Ladung ist die Fähre 352 Tonnen schwer, zugeladen werden können maximal 160 Tonnen.

Der Unfall ereignete sich drei Minuten später, als das Schiff rund 300 Meter weit gefahren war. Es driftete ab, und obwohl der Schiffsführer nach den Worten von Franz Leinweber, Pressesprecher der Stadtwerke Konstanz, die Maschinen sofort auf "Stopp" stellte, konnte er nicht mehr verhindern, dass die "Fritz Arnold" abdriftete und mit dem vorderen Sechstel des Schiffes "mit einem lauten Knirschen" auflief.

So schilderte der Augenzeuge Jürgen Schäfer aus Friedrichshafen, der Fahrgast auf der "Fritz Arnold" war, den Unfall. "Die Passagiere waren sehr ruhig und gelassen. Es gab zwar einige Geschäftsreisende, die über verpasste Termine schimpften, die Touristen hingegen haben sich an dem Unfall eher verlustiert."

Der Schiffsführer sei erfahren und sei bisher noch nie in einen Unfall verwickelt worden, betont Pressesprecher Franz Leinweber. Auch habe das Schiff keine Schräglage gehabt. Doch aufgrund des Eigengewichtes kam das Schiff nicht mehr frei. Erst die "Konstanz" vermochte das Schiff freizuschleppen — zuvor waren die Stahltrossen, die die Besatzung der "Konstanz" zur "Fritz Arnold" hinübergeworfen hatte, mehrfach gerissen.

Um 11.55 Uhr setzte das aufgelaufene Schiff aus eigener Kraft seine Fahrt nach Konstanz fort. Bei einer Untersuchung stellten die Techniker im Bereich der vorderen Schiffshaut zwei Schrammen fest —?diese durchdrangen die Schiffshaut allerdings nicht, das heißt, es drang auch kein Wasser in den Schiffsrumpf ein. Gravierender waren dagegen die Auswirkungen des Auflaufens auf einen der beiden Voith-Schneider-Propeller: Vier von sechs Messern wurden verbogen. "Die müssen auf jeden Fall ersetzt werden", so Franz Leinweber, der von einem "großen Schaden" sprach.

Noch in der Nacht zu heute überprüften die Techniker Steuereinrichtungen, die automatische Steuerung und Messgeräte wie das Echolot. Außerdem soll abgeklärt werden, ob eventuell äußere Einwirkungen, wie zum Beispiel eine Böe, den Unfall mit verursacht hat. "Der Seespiegel ist in den vergangenen 14 Tagen gesunken", sagte Leinweber. "Bei höherem Wasser wäre der Unfall glimpflicher abgelaufen."

Sollten bei der Untersuchung keine weiteren Mängel festgestellt werden, wird die "Fritz Arnold" heute wieder eingesetzt. Als Ersatzschiff übernahm gestern die kleinere "Thurgau" den Fährverkehr zwischen Meersburg und Konstanz-Staad.

Die 54 Meter lange "Fritz Arnold" wurde 1963 in der Bodan-Werft in Kressbronn gebaut. Leer hat sie einen Tiefgang von 1,59 Metern, vollgeladen beträgt der Tiefgang 1,96 Meter. Schon vor dem Unfall war geplant, die Autofähre im Herbst zu überholen.
(Schwäbische Zeitung v. 01.08.02)

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