Er hat die
Meere der Welt bezwungen:
Kapitän Reinhard Kloser wird 60
Kapitän
a.D. Reinhard Kloser hat die Meere der Welt nicht nur befahren, er hat sie auch
bezwungen. Trotzdem sagt er, dass gerade der Bodensee ihm immer wieder Respekt
abgenötigt hat. Der Senior-Kapitän und "Vater" der Hohentwiel,
des einzigen Raddampfers auf dem Bodensee, feiert heute seinen 60. Geburtstag.
Sein
Blick ist ruhig und klar, wenn er von den Stürmen seines Lebens und der Meere
erzählt. Es ist ja doch schon ein paar Jahre her, seit er mit schrottreifen
Zement-Dampfschiffen von der Westküste der USA durch den Panamakanal nach
Mexiko gefahren ist. Zuvor hatte er die Schrotthaufen mit einer Mannschaft,
"die Nägel nicht von Schrauben unterscheiden konnte" und deren
Sprache er nicht sprach, wieder flottgemacht. "Wir haben Situationen
erlebt, die kann man sich ungefähr so vorstellen wie im Film 'Das Boot'",
sagt der Seebär, wundert sich noch im Nachhinein, dass er das alles überlebt
hat. "Auf diesen Schiffen holte ich mir das Rüstzeug, das ich später für
die Instandsetzung der Hohentwiel benötigte."
Kloser
zog es mit 19 Jahren in die Welt hinaus. Der abenteuerlustige Bursche musterte
in Bremen als Offiziersanwärter an. Die erste Reise ging nach New York und
Kloser wurde schrecklich seekrank. Er nahm sich vor: "Wenn ich lebend in
New York ankomme, fliege ich mit dem ersten Flugzeug zurück." Im Hudson
River war die Seekrankheit weg und seine Abenteuerlust trieb ihn weiter in die
Welt. Dabei absolvierte er ein Schiffsingenieursstudium und wurde
verantwortlicher Ingenieur einer großen Reederei.
Mit
34 Jahren kehrte er nach Hause zurück. "Mein Fernweh war gestillt - ich
hatte alles gesehen und nichts war besser als die Heimat." Kloser, der die
ganze Welt bereist hatte, sah eines Tages seine Nachbarin, eine junge hübsche
Frau, die ihren Triumph Speedfire putzte. Sie heirateten und Anneliese schaffte
es, den Seemann wieder landtauglich zu machen. Kloser wurde von der Vorarlberger
Landesregierung angestellt und nahm Schiffs- und Bootsprüfungen ab - in
Vorarlberg ist er bis heute der Einzige, der das darf.
Dann
erschien die verrostete Hohentwiel in seinem Leben. Auf Anregung der
Internationalen Bodenseekonferenz und in enger Zusammenarbeit mit Altlandrat
Klaus Henninger wurde 1984 ein Verein gegründet, mit Henninger als Vorsitzenden
und Kloser als Projektleiter. Die Freundschaft, die zwischen den beiden Männern
entstand, half, das kühne Projekt durchzustehen. "Wir wurden belächelt,
niemand glaubte daran, dass man ein so desolates Schiff wieder in Betrieb nehmen
könnte." Kloser gewann die Gemeinde Hard für das Projekt und der Bürgermeister
stellte einen Platz zur Verfügung. Sie bauten in Hard eine kleine Werft. Unter
bescheidenen Umständen wurde das Schiff ab 1987 renoviert "wie in einer
russischen Feldschmiede. Jeder sagte: die sind meschugge!" Nach drei Jahren
war die Hohentwiel fertig. Als wir zum ersten Mal mit der Hohentwiel in die Häfen
von Friedrichshafen und Lindau einfuhren, standen 6000 Menschen am Ufer und
klatschten....", erzählt Kloser mit strahlendem Gesicht.
15
Jahre lang verrichtete er auf der Hohentwiel als Kapitän seinen Dienst - in
Kilometern gerechnet umrundete er dabei viermal die Erde - ohne jegliche
technisch bedingte Störung. Heute hört er von zu Hause aus, wenn die
Hohentwiel in den Harder Hafen einfährt und dabei tutet. "Es war eine
wunderbare Zeit mit der Hohentwiel. Sie ist wirklich eine einzige
Erfolgsgeschichte." Seine Erfolgsgeschichte.
(Schwäbische Zeitung v. 18.12.07)