Hohentwiel: Ein Juwel wird 100 Jahre alt
Großes Jubiläum für den Schaufelraddampfer Hohentwiel – Festakt am Freitagabend im Zeppelin Museum
Ein Empfang wie zu Kaisers Zeiten: Viele Schaulustige drängelten sich am Freitagnachmittag im Fährehafen, als die „Hohentwiel“ festmachte. Die Auslöser der Kameras klickten, während feine Herrschaften in historischen Kleidern an Bord gingen und auf dem Oberdeck die Bürgermusik Hard aufspielte. Am 21. April 1913 absolvierte der Schaufelraddampfer seine Jungfernfahrt auf dem Bodensee, 100 Jahre später kommt das Schiff immer noch genauso schön und majestätisch erhaben daher wie damals.
Zu verdanken ist dies in erster Linie engagierten Männern um den ersten Kapitän Reinhard E. Kloser und den inzwischen verstorbenen Lindauer Landrat Klaus Henninger, die sich in den 80er-Jahren daran machten, den total heruntergekommenen Schaufelraddampfer auf Vordermann zubringen. Nicht nur Landrat Lothar Wölfle sprach ihnen gestern Abend beim Festakt im Zeppelin Museum ein großes Lob dafür aus, „dass sie es geschafft haben, aus einem Schrotthaufen ein Juwel zu machen“.
1962 wurde die Hohentwiel außer Dienst gestellt. Es fand sich kein Käufer, ehe der Segelclub Bregenz ein Jahr später 21 000 Mark für das ehemals königlich-württembergische Dampfschiff hinblätterte. Es diente einige Jahre als Vereinsrestaurant, dann rottete es vor sich hin. Im Jahr 1984 erwarb der Verein „Internationales Bodenseeschifffahrtsmuseum“ die Hohentwiel, so dass Kloser, Henninger und ihre Mitstreiter ihr Projekt, die Hohentwiel wieder in ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen, starten konnten.
Seit dem 17. Mai 1990 kreuzt die liebevoll und detailgetreu restaurierte Hohentwiel wieder über den Bodensee. „Und zwar ohne öffentliche Zuschüsse“, betonte Karlheinz Rüdisser, Landesstatthalter aus Vorarlberg. Seit dem zweiten Stapellauf vor 23 Jahren hat das Schiff 4049 Fahrten gemacht, 571 068 Passagiere befördert und 283 783 Kilometer zurückgelegt. Rüdisser nannte als Erfolgsgeheimnis des Schaufelraddampfers: die Weitsichtigkeit der Internationalen Bodenseekonferenz, die die Restaurierung förderte, und der Mut der Macher, kein schwimmendes Museum einzurichten, sondern ein fahrbares Schiff zu bauen. Der Förderverein mit seinen 2000 Mitgliedern biete eine gute Basis für den Betrieb, ein Glücksfall sei gewesen, dass Heino Huber die Gastronomie an Bord übernommen habe.
An Komplimenten und Schwärmereien wurde beim Festakt nicht gespart. Kapitän Adolf F. Konstazky, der seit 1990 zur Besatzung gehört und 2004 das Steuer von Reinhard E. Kloser übernahm, gestand, dass die Hohentwiel für ihn „Liebe auf den ersten Blick“ gewesen sei. Bruno Lüscher, Vizepräsident des Thurgauer Großen Rates, bescheinigte der Jubilarin „Eleganz, Sinnlichkeit und ein tolles Ambiente“.
(Gunnar M.
Flotow/Schwäbische Zeitung v. 18.05.13)