Katamaran mit vielen
Sicherheitsvorkehrungen - Auf schlechtes Wetter eingestellt
Das "Manöver des letzten
Augenblicks" wurde nur einmal durchexerziert. Schiffsführer und Techniker
testeten, wie der Katamaran auf eine "Vollbremsung" reagiert. Da das
Material in einer solchen Situation extrem beansprucht wird, könne man sie
nicht öfter durchspielen, sagt Projektberater Manfred Büsing. Er geht davon
aus, dass dieses Manöver im Linienverkehr auch nicht gefahren werden muss.
Die Wellen schlugen hoch am See, als der
Katamaran geplant wurde. Segler und Fischer fürchteten um ihre Sicherheit. In
Zukunft muss der Katamaran mit anderen Wellen fertig werden: denen des
Bodensees. "Sie werden bei Sturm 1,40 bis 1,50 Meter hoch", berichtet
Manfred Büsing. Was geschieht, wenn schlechtes Wetter aufzieht?
Das Wohl der Fahrgäste stehe im Vordergrund,
erläutert der Projektberater. Die Reederei setzt dabei auf erfahrene Kapitäne.
"Sie haben mindestens fünfjährige Bodensee-Erfahrung als selbstständige
Schiffsführer, viele sogar bis zu 20 Jahre. Sie kennen den See und seine
Gefahren." Bei Regen, Schnee oder Nebel - die Fachleute sprechen von
"unsichtigem Wetter" - ist vorausschauendes Handeln gefragt. Die
Besatzung ist mit der Topografie bestens vertraut, so dass sie bei Nebel auch
die Städte am Ufer zuordnen kann.
"Die Schiffsführer haben alle ein
internationales Radarpatent gemacht." Es sind zwei Schiffsführer an Bord,
der eine konzentriert sich auf das Radargerät, das die Nähe erfasst, der
andere auf die Auslotung der ferneren Zonen. Somit sei es möglich, andere
Fahrzeuge auf dem Wasser rechtzeitig zu orten.
Für den Schiffskenner aus Konstanz sind
solche Sicherheitsvorkehrungen nicht ungewöhnlich. Beim Katamaran hat er aber
grundsätzlich keine Bedenken, weil er durch den Doppelrumpf stabiler im Wasser
liege. "Der Schiffsrumpf wurde in der Konstruktion auch auf maximale
Wellenhöhe gebaut."
Die Schiffsführer können durch Fahrmanöver
die Gewalt des Wassers brechen. "Sie müssen auch mal gegen die Welle
fahren und sie austricksen."
Informationen über das Wetter werden laufend
per Radio, Internet und Funk abgerufen. Damit sei man bestens informiert, sagt
Manfred Büsing. Zum Wohl der Fahrgäste ist es möglich, eine Kursfahrt bei zu
heftigen Stürmen zu verschieben. Da sich der See meistens schnell beruhigt,
gehe es nur um kurze Zeitspannen. Die Anschlüsse an den Nahverkehr sollen in
solchen Fällen kurzfristig angepasst werden.
Die Besatzung achtet darauf, dass sich bei
starkem Wellengang noch alle Passagiere wohl fühlen. Zum einen befindet sich
das Personal der Bordgastronomie direkt im Fahrgastraum, zum anderen überwachen
Videokameras das Geschehen an Bord - die Schiffsführer sehen es im Steuerstand,
wenn jemand bei Sturm ins Freie geht.
In den Tests haben sich die Schiffe sehr gut
verhalten. Auf einer Strecke von zweieinhalb bis drei Schiffslängen können sie
von der maximalen Geschwindigkeit (40 Stundenkilometer) auf Null gedrosselt
werden. Mit diesem Wert sind die Techniker sehr zufrieden. Ohne Bremsweg geht es
eben nicht: "Es gibt physikalische Grundgesetze, die können wir nicht
umgehen."
Sollte trotz aller Vorkehrungen ein Passagier
ins Wasser stürzen, hilft das Navigationssystem, ihn zu orten. Es speichert die
Daten des Unfallorts. Außerdem gibt es auf den Katamaranen eine Neuheit: An
Bord befinden sich Rettungsringe mit Licht. Der Schiffsführer lässt sie per
Knopfdruck vom Steuerstand aus ins Wasser fallen. Er kann den Passagier dann
durch das Licht im Wasser orten.
Das "Manöver des letzten Augenblicks" sei gut verlaufen, berichtet Manfred Büsing. Am Schiff blieb alles heil. Zurzeit gibt es Nachtfahrten, um die Schiffsführer für die Fahrt bei Dunkelheit zu schulen und Geräte wie die Wärmebildkamera zu testen. Sein Fazit: "Bisher gibt es keine Probleme mit dem Katamaran."
(Südkurier v. 24.06.05)