Fahrgast
Nummer 0001 hat den Katamaran fast für sich
Ganz
unerwartet steht Ralf Müller im Mittelpunkt: Er ist am Mittwoch der erste
zahlende Fahrgast im Katamaran von Friedrichshafen nach Konstanz - und um 6.02
Uhr auch der einzige. Im Laufe des Tages aber wurde es noch um einiges voller
auf den Schiffen. Bis Mittag fuhren schon 560 Fahrgäste mit.
"Wenn
Märchen wahr werden... Der Katamaran", steht auf dem Flugblatt, das in "Fridolin"
verteilt liegt. Für Ralf Müller stimmt dieser Werbeslogan. Nicht, weil er
davon geträumt hat, mal im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, sondern
weil er seit gestern das ganze Jahr über stündlich von Friedrichshafen nach
Konstanz fahren kann. "Darauf warte ich schon lange, da erfüllt sich ein
Traum von mir." Zum einen, weil er Konstanz so mag, aber auch, weil er sich
leidenschaftlich für Schiffe interessiert und der Katamaran "echte Qualitätsarbeit
von hinten bis vorne" ist. Begeistert hält der Friedrichshafener die
Etappen seiner Fahrt mit der Fotokamera fest.
Dafür
hat sich auch das frühe Aufstehen gelohnt, meint Ralf Müller. "Das glaubt
mir eh keiner, denn normalerweise hab ich schon Probleme, um 9 Uhr bei der
Arbeit wach zu sein." Der Mitarbeiter im Bauaufsichtsamt der Stadt trifft
auf dem Katamaran auch gleich ein paar seiner Chefs: Oberbürgermeister Josef Büchelmeier
und Bürgermeister Peter Hauswald nutzen die erste öffentliche Fahrt, um in der
Sitzgruppe nebenan zu frühstücken. Ralf Müller würde seinen Kaffee aus dem
Pappbecher recht einsam trinken, so viel Platz ist noch um ihn herum. Aber weil
er der erste und einzige zahlende Fahrgast auf der Strecke ist, steht er ganz im
Mittelpunkt und einige Journalisten leisten ihm Gesellschaft.
Mit
dem Katamaran nach Kreta
Noch
früher dran als Ralf Müller war Lisa Lamb aus Konstanz. Die Studentin ist um
5.02 Uhr mit dem Katamaran von Konstanz nach Friedrichshafen gefahren. Vom Hafen
geht" s weiter zum Flughafen und dann ab in den Urlaub nach Kreta. Aber
vorher schwärmt sie noch vom Frühstück und dem tollen Ausblick auf dem
Schiff. Von der Häfler Seite aus durfte Ralf Müller als erster regulärer
Fahrgast diesen Blick genießen.
Dass
er dabei auch noch der einzige sein würde, damit hätte er nicht gerechnet:
"Ich habe eher gehofft, dass ich überhaupt noch eine Fahrkarte bekomme und
dachte, da sind mindestens hundert Leute am Hafen." Und als er bemerkt,
dass er sogar das Ticket mit der Nummer 0001 gezogen hat, ist der
Schiffsliebhaber selig: "Ausgerechnet ich, daran hab' ich gar nicht
gedacht." Als Souvenir kommt es zu den Postkarten vom Katamaran.
Dafür,
dass Ralf Müller auf "Fridolin" wohlbehalten in Konstanz ankommt,
sorgt Schiffsführer Andreas Schönegg. Der reibt sich schon ungeduldig die
Finger: "Wir sind ein bisschen gespannt, was uns den Tag über
erwartet." Bei den ersten Fahrten läuft alles problemlos. Auch wenn für
die Schiffsführer alles neu ist: das Anfahren der Häfen und der Linienverkehr.
Denn die rote Linie auf dem Bildschirm vor ihm muss Schönegg einhalten, sonst
gibt es Verspätungen. Bislang ist der Katamaran punktlich. Und bald auch
voller, meint Schönegg. "Wir erwarten ab 10 Uhr mehr Fahrgäste."
Erster
Tag läuft problemlos
Die
kamen dann auch. Bis 13 Uhr wollten bereits 560 Menschen mitfahren und
nachmittags zog es noch einmal an: Bei der Fahrt um 14.02 Uhr ab Konstanz waren
es schon 80 Fahrgäste und fast ebenso viele hat das Schiff wieder mit zurückgenommen.
"Wir gehen davon aus, dass wir am ersten Tag schon die 1200 Fahrgäste
erreichen, die wir täglich brauchen, um kostendeckend zu fahren", sagt
Sebastian Dix, Pressesprecher der Katamaran-Reederei. "Und es gab keine
Pannen und keine Unpünktlichkeit."
Ralf Müller ist, als es voll wird, längst zurück in Friedrichshafen bei der Arbeit. Und egal, wie viele Fahrgäste der Katamaran bei seinen 30 Fahrten täglich in Zukunft verbuchen wird, eines ist sicher: Er wird immer der Fahrgast 0001 sein.
Ausflügler,
Pendler oder Bahnreisende? Wer war an Bord, am ersten Tag des regulären
Katamaranbetriebs? SZ-Redaktionsmitglied Daniela Zinser hat sich auf der Fahrt
von Konstanz nach Friedrichshafen umgehört.
Dieter
Chudzinske: "Wir waren einfach neugierig auf das Schiff", sagt der
61-jährige Konstanzer. Gemeinsam mit seiner Partnerin will er von
Friedrichshafen aus das Hinterland entdecken. "Mit der Gaisbockbahn soll es
weiter nach Meckenbeuren gehen." Am tollsten findet es der Renter, wenn der
Katamaran auf dem See mal so richtig Vollgas gibt.
Anette
Ehrlich: "Ich möchte endlich mal wieder nach Friedrichshafen - und Kümmelbrot
kaufen", erzählt die Konstanzerin. Den Katamaran will sie in Zukunft öfter
nutzen. "Mit dem Auto ist es auch nicht billiger und man hat so kein
Parkplatzproblem." Nur eine Toilette, das ist zu wenig für so viele Fahrgäste,
findet sie.
Aline
Baumann hat die Fahrt von ihrem Freund geschenkt bekommen. "Weil ich heute
Geburtstag habe". Der Kreuzlingerin gefällt besonders der Ausblick.
"Nur diese Sitze, wie im Flugzeug, das finde ich nicht so schön." Mit
allen, die sie besuchen kommen, will sie nun Katamaran fahren: "Das ist
eine Attraktion."
Andreas
Padberg: "Ich fahre weiter nach München und die Verbindung mit dem
Katamaran war die billigste." Sonst hätte sich der 26-jährige Polizist
lieber in den Zug gesetzt, weil dann das Umsteigen wegfällt.
Stephanie
Obergfell findet es toll, zufällig am ersten Tag mitzufahren: "Ich bin auf
dem Weg zu meiner Freundin nach Bad Waldsee und das ist die schnellste
Verbindung." Auch als Anschluss an den Flughafen ist der Katamaran ideal,
meint die Architektin
(Südkurier v. 07.07.05)
Kritik haben die Berufsfischer an der Katamaran-Reederei Bodensee geübt: Noch immer seien nicht alle Sicherheitsauflagen erfüllt, obwohl der Katamaran seit gestern im Linienbetrieb fahre. Rainer Schöttle, Geschäftsführer der Katamaran-Reederei, sagt: "Wir haben ein gutes Gewissen."
"Bis heute sind noch mehrere Fischer ohne die in der Genehmigung vorgeschriebenen und von drei Gerichten als zwingend bezeichneten Radarreflektoren unterwegs", schreibt Andreas Geiger, Sprecher der Berufsfischer. Und weiter: "Wie soll hier ein Vertrauensverhältnis entstehen, wenn Aussagen wie ,safety first" und «wir suchen das Gespräch mit den Fischern" von der Zeit als hohl und leer entlarvt werden?" Die Reederei wolle den Fischern den schwarzen Peter zuschieben. "Das ist mehr als dreist, es ist gefährlich!", sagt Geiger.
Rainer Schöttle, Geschäftsführer der Katamaran-Reederei Bodensee, wischt die Kritik als unbegründet vom Tisch. "Von 148 Fischern haben nur drei ihre Scheinwerfer nicht abgeholt", sagt Reederei-Geschäftsführer Rainer Schöttle. "Zwei haben die gewünschte Sonderanfertigung bekommen. Hätte ich so Angst um mein Leben wie die Berufsfischer sagen, hätte ich längst die Radarreflektoren abgeholt."
Erich Jörg, Vorsitzender des "Bund Naturschutz in Bayern", hat unterdessen Post vom Bundespräsidialamt bekommen. Die Einwände gegen das Katamaran-Projekt, heißt es darin, seien als unbegründet angesehen worden.
(Schwäbische Zeitung v. 07.07.05)