Mit der Gründung der
Lindauer Dampfschiffaktiengesellschaft im Jahre 1835 begann für die Inselstadt
gewissermaßen ein neues Zeitalter. Was zuvor die Lädinen und Segner etwas mühselig
aus dem und in den hiesigen Hafen transportiert hatten, erledigten jetzt quasi
ohne jede Anstrengung die dampfbetriebenen Schiffe. 1824 schon hatte der
Verleger Cotta aus Stuttgart ein erstes Privileg zum Betreiben der
Dampfschiffahrt auf dem Bodensee erhalten, das natürlich nur für den württembergischen
Teil des Sees galt. 1835 nun, machte es ihm das Königreich Bayern nach und
genehmigte den Lindauern ein gleiches Privileg.. - Als am 26. April 1835 auf der
Insel die Dampfschiffaktiengesellschaft gegründet wurde, zählte sie sogleich
129 Mitglieder, die sich zunächst aber noch im Trocken-Schwimmen üben mussten:
Ein Schiff hatten die fortschrittlichen Schiffer nämlich zunächst noch nicht.
Um überhaupt in den Besitz eines solchen zu kommen, gab man zunächst einmal
300 Aktien aus, von denen jede mit 250 Gulden erworben werden konnte. Aber
immerhin konnte die Gesellschaft noch im Gründungsjahr das königliche Privileg
erwerben, das trotz so mancher Einschränkungen doch schon ein schöner Anfang
war. Und in seiner königlichen Gnade gestattete König Ludwig I. ihnen noch,
dem zu erwartenden Schiff seinen Namen zu geben. Eduard von Pfister, ein
bedeutender Lindauer Handelsmann, konnte endlich nach England reisen und dort
ein "eisernes" Dampfschiff in Auftrag geben. - Die neue
Aktiengesellschaft war natürlich nicht untätig. 1836, am 9. März, konnte sie
ein weiteres königliches Privileg erwerben, das erst einmal nur zehn Jahr galt,
ihr aber doch den Schiffsbetrieb auf dem See gestattete. Verbunden war damit,
ebenso wichtig, eine Gewerbekonzession mit Schiffergerechtigkeit. Der Staat
behielt sich aber vor, der Gesellschaft einen eigenen Regierungskommissär
beizugeben, der das Recht hatte, an den jeweiligen Versammlungen teilzunehmen
und natürlich auch die Pflicht, die Interessen des bayerischen Staates zu überwachen.
Er konnte außerordentliche Generalversammlungen durch den Verwaltungsrat
einberufen. Ein Stimmrecht stand ihm nicht zu. - Dann kam der große Tag, auf
den die Gesellschaft sehnsüchtig gewartet hatte: Der 6. September 1837. Da nämlich
wurde das neue und erste Dampfschiff, die "Ludwig"
vom Stapel gelassen. Den Akt hatte man sich freilich ein wenig anders
vorgestellt: Nach feierlichem Ritual, ganz wie vorgesehen, glitt das Schiff ins
Wasser, auch wie vorgesehen. Dann aber ging es, kaum dass es im Wasser war, auf
Grund: Der Abfuhrschlitten war nämlich gebrochen. Wenigstens kamen die
Schadenfrohen auf ihre Kosten, und das waren die Schiffer, die sozusagen als Späher
offiziell oder inoffiziell anwesend waren, und die ganz und gar nicht mit dieser
Art von Fortschritt einverstanden waren. Einer von ihnen soll damals von sich
gegeben haben: "Ise ischt Ise, und Ise schwimmt ed.". Nun, der Schaden
konnte doch so rechtzeitig behoben werden, dass die regelmäßigen Fahrten am 1.
Januar des kommenden Jahres aufgenommen werden konnten. Im Wechsel mit den
beiden badischen Schiffen wurde nun die Linie in steter Regelmäßigkeit
betrieben. Sicher wäre es geschickter gewesen, beide Linien, die Lindauer und
die Badische, hätten sich zusammengeschlossen, einen gemeinsamen Fahrplan
ausgegeben und den Gewinn einfach geteilt. Patriotismus wurde auch damals eben
groß geschrieben. Zu diesen immer wieder auftretenden Querelen kam der Ärger
mit den einheimischen Schiffern und der anderen Konkurrenz. So versuchten die
Konstanzer Schiffe stets eine Stunde eher als die Lindauer abzufahren. Es kam
sogar zu gefährlichen Wettfahrten zwischen den einzelnen Linien. 1847 wurde
dann doch ein gemeinsamer Fahrplan ausgegeben. Und den Schiffern konnte man 1841
ihre Rechte um 84 000 Gulden abkaufen. Der hiesige Handelsstand garantierte der
Gesellschaft die alleinige Abfuhr von Kaufmannsgütern, ausgenommen Salz, Holz
und Getreide, die weiterhin von den Segelschiffen auf den Weg gebracht wurden.
Es ging aufwärts mit der Gesellschaft.
(Schwäbische Zeitung v. 17.07.03)