Schwimmende Kulturgüter

Bodensee-Traditionswoche macht in einer Woche in Arbon Station - George Smits Beitrag fürs Stadtjubiläum

Edle Oldtimer mit elegant geschwungenen Rümpfen werden nächsten Mittwoch im Arboner Hafen ein Stelldichein geben: «Seebär» George Smits ermöglicht die Visite aus Anlass des Stadtjubiläums.

Seine Augen bekommen wieder dieses spitzbübisch leuchtende Strahlen: Der Mittwoch nächster Woche, wenn rund 60 Oldtimerschiffe an der achten Bodensee-Traditionswoche von Kressbronn nach Arbon herübersegeln, wird ein großer Tag von George Smits.

1987 selbst gegründet

Der mittlerweile pensionierte Bootsbauer, der mit Mütze und Schnauz das Ebenbild eines gestandenen Nordseekapitäns verkörpert, präsidiert den Verein «Oldtimer Schiffer Bodensee» (OSB). 1987 hat der «emigrierte» Holländer mit einem unverkennbaren Hang zur Nostalgie diesen selbst gegründet. Initialzündung war damals die für ihn unerträgliche Vorstellung, dass ein wunderbarer Veteran eines Steinacher Ehepaars, das altershalber das Hobby aufgeben musste, aufs Trockene gestellt würde und unter vermoderndem Plastik vergammelte.

Bootsbau-Erbe pflegen

Sich auf alte Werte besinnen und diese pflegen: Diesem Credo folgend hat Smits auf die Vereinigung der Oldtimer-Skipper am Bodensee hingewirkt. Den Verein übrigens, dem 80 Mitglieder angehören, präsidiert der standfeste Wertkonservative heute noch. Smits und seine Mitstreiter haben sich dem Ziel verschrieben, «die schwimmenden Kulturgüter zu erhalten und das Erbe weiterzureichen». Solche heute noch immatrikulierten Schätze entsprangen der Bootsbaukunst seiner professionellen Vorfahren: Segelyachten mit elegant geschwungenen Rümpfen und geringem Freibord. Die Skipper müssen, wenn sie anlegen, meist aufschauen zu den anderen. Gelegentlich trifft man sich zu Flaggenparaden - oder dann eben alljährlich zur Traditionswoche.

Näher am Wasser dran

Wenn Smits über die Bauart und aquadynamischen Konstruktionen erzählt, kommt er ins Schwärmen: «Die Segeleigenschaften sind ganz speziell. Wenn man ein altes Schiff segelt, so sind das Welten zu einem neueren Modell. Sie sind kursstabiler. Wenn man aber einen Fehler macht, wird man unbarmherzig bestraft.» Weil der Schwerpunkt tiefer ist, sei man auch näher am Element Wasser dran. «Da stimmt einfach alles.» Smits besass eine 6-Meter-Rennyacht («Phönix», Jg. 1920) - bis sein Sohn fand, er sei jetzt zu alt fürs rennmässige Segeln. Da verkaufte der Vater die «Phönix» und erstand vor sechs Jahren vom Zürichsee die «Sophie Charlotte», ein motorbetriebenes Schiff «zum gemütlichen Promenieren und Lustfahren». Es schwimmt auch schon immerhin hundert Jahre.

Ein Auge voll nehmen

Gegen 16 Uhr heute in einer Woche würden die Oldtimer den Arboner Hafen ansteuern, blickt Smits voraus auf das grosse Ereignis. «Abhängig ist der Zeitpunkt natürlich von den Windverhältnissen.» Im Hafen wird festgemacht. «Der Gästesteg ist für uns freigehalten.» Hier werden die Veteranen zu Wasser auch von nah zu bestaunen sein. «Das ist mein Beitrag zum Stadtjubiläum», sagt Seebär Smits.

Stichwort «Elisabeth»

Ein Oldtimer, will er im Mitgliedsregister des Vereins «Oldtimer Schiffer Bodensee» Aufnahme finden, hat bestimmten Bedingungen zu entsprechen, die reglementarisch festgelegt sind: So muss die Yacht - eine Grundvoraussetzung - vor 1940 gebaut worden sein. Nachbauten, so genannte Replica, nehmen dann die Anforderungshürden, wenn sie mindestens dreissig Jahre alt sind und alte, damals gängige Baumaterialien verwendet wurden. Ausserdem müssen die Schiffs-Rekonstrukte nach früher üblicher Bauart konstruiert worden sein. An der Traditions-Woche sind auch Nachbauten zugelassen. Ausgezeichnet wird das «originalgetreust erhaltene Schiff». Diese Ehre dürfte diesmal der Sonderklasse «Elisabeth» zufallen und dafür der Eigner einen vom Hotel Metropol gestifteten Pokal in Empfang nehmen. Die «Elisabeth» wurde 1905 von einem Prinzen bei einem Hamburger Bootsbauer geordert. Smits schätzt das Potenzial der Oldtimerschiffe am Bodensee bei 220 bis 250 Einheiten. In seinem Arboner Heimathafen zählt er 17 schwimmtüchtige Veteranen. Noch heute trauert Smits der verpatzten Chance nach, sie gruppiert in einem «Museumshafen» zusammenzufassen

(St. Galler Tagblatt  v. 27.07.05)

zurück