Exakt nach Fahrplan wollte ich als Matrosin bei der Schifffahrtsgesellschaft
Untersee und Rhein anheuern. So geht das nicht, hieß es. Der Job beginnt viel
früher.
Ich fand mich also
anderthalb Stunden vor der Abfahrt in Schaffhausen ein. «Zum Plaudern ist jetzt
keine Zeit, wir müssen putzen», der Blick aus den schalkhaft lachenden Augen
von Matrosin und Kassierin Cornelia Ribi kam bei mir gut an. Die ganze
Mannschaft der «Arenenberg»,
Schiffsführer, oder normal Kapitän genannt, Renato Svensson, der Maschinist
Arnold Ribi und der Matrose in Ausbildung, Danieli Tresoldi, starteten im
Putztenü. Lässige Leute, fühlte ich. Sie alle schienen in meinen Gedanken zu
lesen. Da meinte doch eine tatsächlich, dass Putzen nicht zur Arbeit der Crew
gehöre. Dass alles nur Dienst in schicker Uniform sei, fahrplangemäß.
Ich schöpfte Atem und bot
meine Dienste an. Ich begriff, dass der Schiffsführer, der Kapitän, das
Oberdeck putzen darf. Schließlich ist er der Boss. Oben ist oben. Der Rest
blieb «für uns». Kollegin Cornelia Ribi klopfte mir vertraulich auf die
Schulter. Ich bekam die WCs zugewiesen. Ganz schöne Sauerei, dachte ich beim
Wischen im Damen-WC beim Anblick der vielen Frauenhaarbüschel auf dem Boden.
Bei den Männer-WCs sah´s ordentlicher aus. Um jede Spur von Kaugummis zu
tilgen, wurde eine Axt eingesetzt. Wie beiläufig wurde das Schiff sauber. Die
Gastronomietruppe traf ein. Die arbeiten selbstständig. Mein zugewiesener
Lehrmeister Danieli Tresoldi outete sich als charmanter Mensch, wie alle vom
Team, verliebt in ihren nautischen Beruf, trotz 9-Tage-Woche in der Hochsaison.
Haben die denn kein Zuhause, kein Privatleben? «Im Winter», hieß es cool.
Hatte ich es mir doch gedacht, Seefahrer sind eigen.
Dann schlüpfte die Crew in
schmucke Uniformen. Auch ich bekam ein Hemd mit Patten. Mit verschwörerischem
Blick stellte ich fest: In Uniform sehen alle plötzlich sehr chic aus. Erste
Fahrgäste drängelten an der Quaianlage. Noch mussten sie an Land warten.
Gepflegte Freundlichkeit zeigte die Crew auch gegenüber Ungeduldigen. Tresoldi
brachte mir den amerikanischen Palstek, einen Seemannsknoten nach Lassoart
geworfen, und den richtigen Knopf bei der Kaffeemaschine zu drücken, bei. Beiläufig
zeigte ich, dass ich den Palstek blindlings hinter meinem Rücken knüpfen kann.
Doch das war nichts im Vergleich zum amerikanischen Palstek. Allerdings zum
Schiffanbinden konnte ich den Palstek so oder so nicht gebrauchen, da war der
Mastwurf gefragt. Ich verkniff mir einen kritischen Kommentar. Später, beim
Tauwerfen an den Anlegestellen merkte ich, dass ich nicht meinen besten Tag
erwischt hatte.
Als ich meinen Rollenwechsel
auf der «Arenenberg» beendete, schaute ich der Crew beglückt nach. Mit großem
Respekt verneigte ich mich innerlich vor dieser Crew, vor ihrer Loyalität,
ihrem Einsatzwillen und ihrem Teamgeist, ernüchtert über die Tatsache, dass
sie mehr für den Tourismus leisten, als ich je vermutete.
(Margrith Pfister-Kübler -
Thurgauer Zeitung v. 11.07.05)