Untergang vertagt

Humboldt-Gymnasium kann MS Friedrichshafen nicht als Mensa-Schiff nutzen – Eine formale Absage steht noch aus

Schüler des Humboldt-Gymnasiums sollten im ausgemusterten BSB-Schiff «Friedrichshafen» zu Mittag essen können. Der Schulausschuss hat seine angekündigte Absage vertagt. 180 000 Euro Sanierungskosten seien zu viel.

Aus den Reihen der Eltern und der Bürgerschaft kam die Idee, die ausgemusterte MS Friedrichshafen als Mensa-Schiff zu nutzen. Unterstützt wurden sie auch von Elternverbänden und einzelnen Stadträten. Am Dienstag wurden die Pläne durch den Schul- und Sportausschuss zunächst vertagt. Der Gesamtelternbeirat hat vor der formalen Absage noch ein Gespräch führen wollen. «Aus meiner Sicht war das nicht nötig. Es ist schlichtweg zu teuer», erklärt der zuständige Bürgermeister Claus Boldt.

Mehrere Nutzungen denkbar

Zusammen mit Feuerwehr, Baurechtsamt und Schifffahrtsamt ermittelten die Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) voraussichtliche Sanierungskosten von 180 000 Euro. «Wir haben die ursprünglichen 300 000 Euro entsprechend runter gerechnet», so Boldt. Das 1952 gebaute und in Dienst gestellte Bodenseeschiff wurde vor drei Jahren stillgelegt. Der Grund: der Modernisierungsbedarf und die Unterhaltskosten hätten in keinem sinnvollen Verhältnis zum wirtschaftlichen Nutzen gestanden. «Gedacht war die <Friedrichshafen> als Interimslösung bis zur Fertigstellung der Mensa», sagt die stellvertretende Schulleiterin des Humboldt-Gymnasiums, Anna-Maria Lacher. Man habe das Schiff als Lehrraum nutzen wollen, auch sei über eine Nutzung als Jugendtreff nachgedacht worden.

«Charmant und ungewöhnlich»

Dass das Schiff mit Kosten verbunden sei, sei im Vorfeld klar gewesen, jedoch habe niemand mit einer Summe dieser Grössenordnung gerechnet. Die MS Friedrichshafen hätte am Pulverturm, nur wenige Schritte vom Humboldt-Gymnasium entfernt, vor Anker gehen sollen. «Die Schüler fanden das eine tolle Idee – charmant und ungewöhnlich». Bisher erhalten bis zu 80 Schüler der 5. und 6. Klasse des Humboldt-Gymnasiums in der ehemaligen Hausmeisterwohnung ihr Mittagessen, ehrenamtlich ausgeteilt von Eltern. «Wir hoffen, dass die Mensa gebaut wird und wir dann in der Lage sind, alle Schüler zu verköstigen», erklärt Anna-Maria Lacher. Der Baubeginn der Mensa sei für den Herbst vorgesehen. Walter Rügert, Pressesprecher der Stadt Konstanz, wollte sich jedoch nicht auf diesen Termin festlegen.

«Wir hätten das Schiff veräußert, wenn es zu einer positiven Entscheidung gekommen wäre, sonst verhalten wir uns aber neutral», so Silke Rockenstein , Pressesprecherin der BSB. Für die «Friedrichshafen» wird nun der Einsatz als Arbeitsschiff wahrscheinlich. «Die <Möve>, die wir zurzeit für Arbeiten im Hafen einsetzen, stammt aus dem 19. Jahrhundert. Sie könnte von der <Friedrichshafen> ersetzt werden», führt Silke Rockenstein aus.

MS Friedrichshafen

Das 38 Meter lange Schiff mit einer Verdrängung von 112 Tonnen wurde 1952 in Dienst gestellt. Bis zu 300 Personen fanden auf dem MS Friedrichshafen Platz. Die Motoren mit einer Leistung von 559 PS konnten das Schiff auf 25 Stundenkilometer beschleunigen. 2003 endete die Dienstzeit des MS Friedrichshafen.

(Arne Goebel/St. Galler Tagblatt v. 02.02.06)

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