Vom
Kongress-Schiff zum „Schwerarbeiter“
25
Jahre Motorschiff „Graf Zeppelin“
Erste
Vorstudien des technischen Designerteams der Universität in Stuttgart begannen
schon 1985. Der Dimensionierung wurden die Abmessungen des 1964 in Dienst
gestellten Motorschiffes „Konstanz“ zu Grunde gelegt. Gegenüber den 300
Innenraumplätzen der „Konstanz“ waren bei dem neuen Schiff 520 Tischplätze
vorgesehen. Sämtliche Innenräume sollten eine schlichte, sachliche Eleganz
ausstrahlen. Während die Antriebsmotoren der bisher gebauten Schiffe wegen des
Gewichtsschwerpunktes mittschiffs angeordnet sind, wurden die leichteren
Schnellläufer-Motoren des Fabrikates MTU in den Heckteil eingebaut. Dadurch
wurde wesentlich mehr Raum für die Infrastruktur und die sanitären Anlagen
gewonnen. Den Antrieb besorgen zwei Voith-Schneider-Propeller des Typs 16 E 100.
Neu war auch der Einbau einer großräumigen Küche von 85 Quadratmetern im
Bereich des Hauptdecks auf dem Vorschiff. Nach den damaligen Auffassungen sollte
die Küche mit ihrer großzügigen Infrastruktur näher in den Bereich des
Publikums verlegt werden, um dem Servicepersonal größere Wegstrecken zu
ersparen. Nach abgeschlossener Planung durch die Konstrukteure Professor Hartmut
Seeger und Diplomingenieur Adolf Heidrich, wurde der Bauauftrag im Jahre 1987 an
die Österreichischen Schiffswerften in Korneuburg (ÖSWAG) vergeben. Die
Vormontage am Donauufer begann am 3. Mai 1988. Nach dreimonatiger Bauzeit war
der provisorisch geklammerte Rohbau vollendet. Im September wurde das Schiff
wieder demontiert, in insgesamt 144 Einzelteile zerlegt und auf die Eisenbahn
verladen. Nach dreitägiger Fahrt traf der Transport in Fußach ein, wo er auf
speziellen Straßenfahrzeugen zur Endmontage in das Werftgelände transportiert
wurde. Die endgültige Kiellegung begann am 15. September und schon am 28.
November konnte das Schiff vom Stapel gelassen werden. Innerhalb von drei
Monaten war der Innenausbau beendet und vom 10.-16 März 1989 unternahm das
Schiff seine ersten Gehversuche. Taufe und Indienststellung erfolgten am 18. März
1989 in Friedrichshafen. Als Zeichen der offiziellen Übergabe an die
Bodensee-Schiffsbetriebe wurde die bis dahin geführte rot-weiß-rote Heckflagge
eingeholt und die schwarz-rot-goldene deutsche Bundesflagge gehisst. Baronin
Alexa von König-Warthausen, eine Enkelin des „Luftschiffgrafen“ taufte das
neue Schiff feierlich auf den Namen "Graf Zeppelin".
Bald rückte
das neue Schiff in den Mittelpunkt offizieller Anlässe. Im Mai 1989 feierte
Graf Lennart Bernadotte an Bord der „Graf
Zeppelin“ seinen 80. Geburtstag. Ein Jahr später fuhren der damalige
Bundeskanzler Helmut Kohl und sein spanischer Amtskollege Felipe Gonzales mit
dem Schiff von Friedrichshafen nach Konstanz. Aber auch gekrönte Häupter wie
das schwedische Königspaar waren mehrmals auf der „Graf Zeppelin“ zu Gast.
Gerne bevorzugt wurde das Schiff auch für die alljährlich stattfindende
„Litera-Tour“, wo Autoren aus allen Teilen Europas ihre neuesten Werke präsentieren.
Inzwischen hat sich die „Graf Zeppelin“ längst als „eigenständiges
Objekt“ in die Typenvielfalt der „Weißen Flotte“ eingefügt. Als
"Allwetterschiff" wird die „Zeppi“ wie das Schiff von den
Besatzungen genannt wird, von den Fahrgästen bei kühler und unbeständiger
Witterung besonders geschätzt. Neuere Schiffe wie die „Lindau“
(2006) und die „Überlingen“
(2010) haben die "Graf Zeppelin" inzwischen etwas in den Hintergrund
gedrängt. Vom Saisonbeginn bis in den Herbst verkehrt das Schiff schon seit
Jahren im strengen Liniendienst zwischen Friedrichshafen, Konstanz und Bregenz.
Aber immer noch wird die „Graf Zeppelin“ für Fahrten mit gehobenem Ambiente
bevorzugt. Besonders in den Monaten Juli und August zählen die attraktiven
Abendfahrten von Konstanz und Meersburg zu den Bregenzer Festspielen dank der
großzügigen Infrastruktur zu einem Privileg der „Graf Zeppelin“. Nach
Einbruch der Dunkelheit zaubern die zwischen dem Hauptmast und den beiden
Kaminattrappen aufgehängten Lichtergirlanden einen Hauch von
Traumschiff-Atmosphäre auf den Bodensee. Im Frühjahr 2007 wurde das Heckteil
um 2,80 Meter verlängert und das Schiff mit einem Bugwulst und Schlingerkielen
ausgerüstet. Mit diesen nachträglichen Umbauten konnte nicht nur der
Treibstoffverbrauch um rund 25 Prozent reduziert, sondern auch die
Gesamtsilhouette verbessert werden. Schon vor Jahren war auf das ursprüngliche
Dreifarbenschema zugunsten eines komplett weißen Außenanstriches verzichtet
worden. Spätestens nach diesen kosmetischen Eingriffen gilt auch die „Graf
Zeppelin“ als eine vielseitig verwendbare Einheit im Kurs- und
Ausflugsverkehr.
(Karl F. Fritz)