Mindestens fünf Dampfer ruhen im See

Neben der „Helvetia“ liegt noch ein Schiffswrack im Bodensee. Dampfschiff-Experte Karl Fritz hält diesen zweiten Fund für die „Säntis“.

Im „Tiefen Schweb“, dem 200 Meter tiefen Graben im Obersee des Bodensees, sind Forscher des Interreg-Projektes „Tiefenschärfe“ auf ein 54 Meter langes Schiffswrack gestoßen (wir berichteten gestern auf der Baden-Württemberg-Seite). Karl Fritz, Dampfschiff-Experte aus Konstanz, ist sich absolut sicher: Bei besagtem Schiff „muss es sich um die ‚Helvetia' handeln“, die am 27. Oktober 1932 versenkt wurde. „Der im Sonarbild gezeigte Schnabelbug lässt keine Zweifel offen“, sagt er. Vor der Versenkung wurde der Dampfer „ausgebeint“. Die Zwei-Zylinder-Dampfmaschine samt beider Kessel und andere Aufbauten wurden entfernt und nur die Schale entsorgt. Dass der ausrangierte Schaufelraddampfer nicht auf der Schrottpresse, sondern im See landete, lag an den damals extrem niedrigen Schrottpreisen, erklärt Karl Fritz.

Vier weitere Schaufelraddampfer teilen wissentlich das Schicksal der „Helvetia“: die „Jura“, die „Säntis“, die „Friedrichshafen“ und die „Kaiser Wilhelm“, die später in „Baden“ umbenannt wurde. Karl Fritz weiß bei fast jedem Schiff, wo und wann es im Bodensee seine letzte Ruhestätte fand. Seiner Meinung nach liegt unweit der „Helvetia“ die etwas kleinere „Säntis“, die mit Ausnahme des Steuerhauses in kompletter „Montur“ am 2. Mai 1933 versenkt wurde.

Da es sich bei der „Säntis“ zudem um ein Schiff mit Drei-Zylinder-Motor handelt, der auf dem Bodensee kaum zum Einsatz kam, wäre es auch deshalb von besonderem Interesse, dieses Schiff zu heben, meint Fritz.

Bei dem Interreg-Projekt, dessen Forscher das „Helvetia“-Wrack entdeckten, handelt es sich um ein von der EU finanziertes Unternehmen, dessen Ziel die Kartierung und Vermessung des Bodensees ist. Dabei stieß man offensichtlich auch auf das Wrack der „Säntis“. Martin Wessels von der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) jedenfalls teilte Karl Fritz gestern mit, dass man auf ein weiteres Schiff, mutmaßlich die ‚Säntis'“, gestoßen sei. Dieses Wrack werde man „bei Gelegenheit mit der Kamera aufsuchen“. Auch das Wrack der „Jura“ haben die Taucher schon entdeckt. Nach Informationen von Karl Fritz liegt vor der Argenmündung außerdem die 1944 auf dem Werftgelände ausgebrannte „Friedrichshafen“. Zwei Jahre später wurden die Überreste mit Beton ausgegossen und in der Schwed vor der Argenmündung versenkt. Hier ruht der einst stolze Dampfer vermutlich auf 100 bis 150 Meter Seetiefe. Unweit dieser Stelle wurden rästelhafte Wrackreste gefunden, die das LUBW weiter untersucht.

Nicht nur für Karl Fritz steht die Frage im Raum, was mit den Wracks nun passiert. Klaus Wessels meint, dass sich der Kostenaufwand einer Hebung im Falle der „völlig ausgeschlachteten ‚Helvetia'“ wohl nicht rentiere. Aber es sei durchaus möglich, dass der jüngste, noch nicht endgültig identifizierte Fund an die Wasseroberfläche geschafft werden muss. Handele es sich bei besagtem Dampfer tatsächlich um die „Säntis“, „dann haben wir es voraussichtlich mit einem Schiff zu tun, das mit Kohle angetrieben wurde“, so Martin Wessels. Es wäre dann durchaus möglich, dass auf dem Schiff noch Kohle lagere, was eine „negative Auswirkung auf die Umwelt“ hätte. Dieses Problem müsse man dann „auf die eine oder andere Art“ beheben.

Ein SWR-Filmteam war an Bord, als die Wracks gefunden wurden. Die Reportage ist am Montag um 18 Uhr im Fernsehen zu sehen.

(Janina Raschdorf/Südkurier v. 09.11.13)

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