Betriebswirtschaftlicher Ballast oder verkehrsgeschichtliches Kulturgut?

Nach seiner Magisterarbeit mit dem Thema "Motorschifffahrt der Deutschen Reichsbahn in den Jahren 1920 - 1952" hat Michael Berg jetzt seine Dissertation fertiggestellt. Diese befasst sich mit der Beurteilung der geschichtlichen Relevanz der BSB-Motorschiffe "Baden" und "Schwaben" als Grundlage für Überlegungen zu einem möglichen weiteren Erhalt.
Im "verlag regionalkultur" ist jetzt eine überarbeitete Fassung der Arbeit veröffentlicht worden.

Michael Berg befasst sich seit Jahren mit der Bodenseeschifffahrt und besonders der Motorschifffahrt zur Zeit der Deutschen Reichsbahn. Mit einem geschichtlichen Überblick zur Bodenseeschifffahrt nach dem Ersten Weltkrieg, der touristischen Entwicklung der Bodenseeregion in dieser Zeit und der technischen Entwicklung - der direkte Vergleich zwischen Dampfschiff "SD Stadt Überlingen" und Motorschiff "MS Allgäu" - schafft der Autor die Einleitung für seine Arbeit.
Im Rahmen dieser Arbeit hat Michael Berg in den vergangenen Jahren Interviews mit Mitarbeitern beim Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, beim Schifffahrtsamt Konstanz, mit der Geschäftsführung der Bodensee-Schiffsbetriebe BSB, einem Konservator des schweizerischen Verkehrshauses Luzern, sowie einem privaten schweizerischen Schifffahrtshistoriker geführt. Diese Gespräche sind im dritten Kapitel der Arbeit wiedergegeben. Dabei geht es um die Voraussetzungen für die Erlangung eines Stauts als schifffahrtsgeschichtliches Denkmal, gesetzliche Vorgaben bzw. Entwicklungen im Bezug auf den Schiffsbau und die Schiffssicherheit, sowie eine Darstellung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und
Zwänge der Bodensee-Schiffsbetriebe. Auch Vergleiche zwischen der Situation am Bodensee und anderen Binnengewässern werden dabei gezogen.
Das vierte Kapitel stellt dar, inwiefern sich die beiden Schiffe in eine schiffbauliche Entwicklungskette einfügen. Blieben sie Einzelgänger, gab es Vorgänger bzw. Nachfolger, oder waren sie eventuell sogar wegweisend?

Das fünfte Kapitel befasst sich ausführlich und detailliert mit der Planung, dem Bau und der frühen Betriebsgeschichte der beiden Schiffe. Historische Zeitungsberichte aus der Planungs- und frühen Betriebsphase schließen sich in Kapitel sechs an.
Nach einem Exkurs zu weiteren Bodenseeschiffen, welche durch den Denkmalschutz untersucht und teilweise als erhaltungswürdig erachtet wurden, dokumentiert Michael Berg die gegenwärtige Situation von MS Baden und MS Schwaben und wagt – unter zahlreichen Verweisen auf entsprechende Erhaltungsbemühungen anderer Schiffsbetriebe – einen Blick in die Zukunft der beiden Schiffe. Dabei gilt es den Spagat zwischen einem schiffbaulich-technisch hochwertigen Erhalt der Schiffe (es wären aus historischer Sicht dringend umfassende Sanierungen einschließlich der Behebung von zahlreichen Sünden aus vergangenen Überholungen und Reparaturen notwendig), und gleichzeitig einem wirtschaftlich sinnvollen und den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Betrieb der Schiffe zu schaffen.
Das Buch enthält eine CD mit historischen Abbildungen der Schiffe, sowie Bauzeichnungen und Schriftverkehr aus der Bauzeit. Durch eine Photodokumentation des gegenwärtigen Zustandes erhält der Leser zudem die Möglichkeit einen Blick in nahezu alle Teile der Schiffe zu werfen. Dazu gehören auch diejenigen, welche für die Fahrgäste nicht zugänglich sind wie beispielsweise der Schornstein, der Kettenkasten, der Maschinenraum oder andere. Zudem werden damit technische Details aus der Baugeschichte bzw. von späteren Umbauten und Reparaturen anschaulich dokumentiert.

Ich danke und gratuliere Michael Berg zu dieser hervorragenden Arbeit, welche ich jedem geschichts- und schiffsinteressierten Besucher unserer Seite wärmstens empfehlen kann.

Das Werk ist im Buchhandel und beim Verlag erhältlich. Für Rückfragen, Anregungen und konstruktive Kritik ist Michael Berg unter der E-Mail-Adresse reichsbahn.schiffahrt.bodensee@sofortsurf.de zu erreichen.

(Florian Scholz/Bodenseeschifffahrt.de v. 09.08.15)  

 

Beschreibung des verlag regionalkultur:

Der Autor dieses Buches befasst sich seit vielen Jahren mit verkehrs- und technikgeschichtlichen Fragestellungen. Diese Schrift, die auf einer 2014 am Karlsruher Institut für Technologie eingereichten Doktorarbeit beruht, dokumentiert erstmalig und umfassend die Bedeutung der großen Motorpassagierschiffe „Baden“ (1935) und „Schwaben“ (1937). Beide Einheiten stehen noch immer im Kursverkehr auf dem Bodensee. Zunächst wird unter anderem ihre schifffahrtsgeschichtliche Bedeutung untersucht: Blieben sie Einzelgänger, ordnen sie sich in eine Entwicklungskette ein, waren sie eventuell sogar wegweisend für spätere Konstruktionen? Im Anschluss daran wird die spannende und facettenreiche Planungs-, Bau- und Betriebszeit der beiden Schiffe detailliert dargestellt. Nach einem Querverweis auf andere historische Bodenseeschiffe und die Erhaltungsbemühungen ihrer Eigner wird der gegenwärtige Zustand der MS „Baden“ und „Schwaben“ dargestellt. Davon ausgehend werden grundlegende restauratorische Ansätze diskutiert: Welche Behandlung erfährt ein vergleichbares historisches Exponat im Museum? Welchen Einschränkungen ist dagegen ein zwar ebenso historisches Schiff unterworfen, das sich jedoch weiterhin im intensiven Alltagsgebrauch befindet? Wie können historische Passagierschiffe unter größtmöglicher Wahrung ihrer historischen Substanz erhalten und gleichzeitig mit zeitgemäßem Anspruch alltagstauglich und langfristig betrieben werden? Das Buch dürfte für Freunde der Bodenseeschifffahrt über verkehrsgeschichtlich interessierte Leser bis hin zu weiteren Betreibern historischer Passagierschiffe von großem Interesse sein.

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