Wieder ist ein Jahr vorbei...
Ein Rückblick auf die Bodenseeschifffahrt 2009
Wenn wir in
Zukunft auf das Jahr 2009 zurückblicken werden wir es sicher immer mit der
weltweiten Wirtschaftskrise in Verbindung bringen. Auch an der
Bodenseeschifffahrt ist diese Entwicklung nicht spurlos vorbeigegangen.
Der Winter ist traditionell die Jahreszeit, die für Baumaßnahmen an den Häfen
und Landestellen genutzt wird. Die bei weitem größten Bauarbeiten fanden und
finden am Bregenzer Hafen statt. Im Winter 2008/2009 wurde der nord-östliche
Hafen mit der Außenmole saniert und zu einer Marina für die Sport- und
Freizeitboote umgestaltet. Im Gegenzug wurden am Promenadenmolo neue
Anlegeplätze für die Fahrgastschiffe geschaffen. Auch die Verbreiterung des
Hafenplatzes zwischen dem Hafengebäude und dem Fahnenrondell konnte im
Frühjahr 2009 fertig gestellt werden. In diesem Winter wird dieser Hafenumbau
mit der Erneuerung des Personenmolos und der Fertigstellung des neuen
Empfangsgebäudes "Welle" fortgesetzt und soll bis Frühsommer 2010
abgeschlossen sein.
In Friedrichshafen fanden Umbaumaßnahmen an der sog. "Schweizer
Brücke" statt. An den Landeplätzen 4 und 6 wurden Schwimmpontons,
eingebaut um das Aus- und Einsteigen bei Niedrigwasser zu erleichtern.
Nach einem oft stürmischen und kalten Winter begann die Schifffahrtssaison der Weißen Flotte und der meisten privaten Schiffsbetriebe am Palmsonntag, dem 04.04.2009. Bereits eine Woche zuvor wurde bekannt gegeben, dass die Bodensee-Schiffsbetriebe den Bauauftrag für ihren Schiffsneubau 2010 an die ÖSWAG Werft AG in Linz vergeben haben. Das neue Dreideckmotorschiff, das im Frühsommer 2010 in Dienst gestellt werden soll, wird derzeit in der Werft in Fußach aus den in Linz gefertigten Teilen zusammengebaut und soll in den kommenden Monaten in Friedrichshafen fertig gestellt werden.
Der
erfolgreiche Saisonauftakt der Weißen Flotte wurde durch schlechte Nachrichten
der Schweizerischen Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft getrübt. Trotz steigender
Fahrgastzahlen musste die Gesellschaft einen Verlust von 800.000 SFr. ausweisen.
Gründe dafür waren neben den hohen Treibstoffpreisen 2008, die hohen
Personalkosten im Bereich der Betriebsführung, die 2009 Veränderungen erfuhr.
Nachdem die Verantwortlichen deutliche Einsparmaßnahmen im Bereich der
Personalkosten in Aussicht stellten, kam es zu massiven Protesten von Seiten der
Mitarbeiter. Nach erfolgreichen Verhandlungen konnte Mitte Mai eine für beide
Parteien befriedigende Einigung erzielt werden.
Alle weiteren Schiffsbetriebe der Vereinigten Schifffahrtsunternehmen für
Bodensee und Rhein (VSU) konnten auf eine erfolgreiche Saison 2008
zurückblicken. Bemerkbar machte sich die "Wirtschaftskrise" bei der
Pensionskasse der Schifffahrtsgesellschaft Untersee & Rhein (URh), die
bereits seit Anfang 2000 eine Unterdeckung aufwies. Dieser Fehlbetrag betrug zum
Jahresende 2008 ca. 4,5 Millionen SFr. Die URh erhielt Unterstützung durch die
Kantone Thurgau und Schaffhausen in Form eines Schuldenerlasses.
Die 38. Flottensternfahrt der Weißen Flotte führte am 26.04.2009 zur Insel Mainau, deren Saison 2009 mit dem Motto "100 Jahre Lennart Bernadotte" an den Gründer der "Blumeninsel" erinnerte.
Während die
Kurs- und Ausflugsschifffahrt nach dem herausragendem Saisonstart an Ostern auch
über Pfingsten und den Frühsommer erfolgreiche Zahlen einfuhr, brauten sich
dunkle Wolken über der "Königin" des Bodensees zusammen. Im
September 2008 war das Eventschiff "Sonnenkönigin"
nach einer zweijährigen Bauzeit als schwimmender Veranstaltungssaal für
gehobene Events in Dienst gestellt worden. Im Februar glänzte das Schiff beim
"Ball der Königin" mit dem spanischen Tenor José Carreras als
Stargast, aber bereits zu dieser Zeit zeichnete es sich ab, dass die geplante
und für den Unterhalt des Schiffs notwendige Anzahl an Veranstaltungen und
Charter nur schwer zu erreichen sein wird.
Im Juni machte das Schiff von sich reden, als ein geistig verwirrter Mann aus
Vorarlberg das Schiff im Bregenzer Hafen losband und versuchte damit aus
dem Hafen zu fahren. Der Mann scheiterte an der Technik und konnte von der
Polizei in Gewahrsam genommen werden. Auch ein zweiter "Kaperversuch"
vor laufender ORF-Kamera konnte abgewendet werden. Nachdem sich, auch in Folge
der "Wirtschaftskrise" die Auftragslage der "Königin" nicht
verbessern konnte und das Schiff meist untätig in den Häfen Bregenz und
Romanshorn lag, wurde die Betreibergesellschaft "Sonnenkönigin AG"
Anfang September aufgelöst und der Ver- und Betrieb des Schiffs in die Hände
der Mo Catering übergeben. Ende Oktober zog sich dann der "Vater" der
MS Sonnenkönigin Walter Klaus aus gesundheitlichen Gründen aus dem aktiven
Geschäft zurück.
Anfang Juli feierte die Österreichische Bodenseeschifffahrt ihren 125.
Geburtstag mit einem mehrtägigen Hafenfest und weiteren über die Saison
verteilten Aktionen. Der offizielle Festakt fand am 04.07.2009 an Bord der
"Sonnenkönigin" statt, auf der während der folgenden Woche eine
bemerkenswerte Ausstellung mit historischen Bildern zur Geschichte der
österreichischen Schifffahrt auf dem Bodensee zu sehen war. Höhepunkt des
Festaktes waren ohne Frage die Erzählungen des ältesten Bodenseekapitäns Helmut
Schöpf, der auf seine Erlebnisse während vieler Jahrzehnte Dienstzeit bei der
Bregenzer Schifffahrt zurückblickte.
Die Saison 2009 verlief auch in den Sommermonaten sehr erfolgreich. Die Sonderfahrten zu den Bregenzer Festspielen mit der Verdi-Oper Aida auf der Seebühne konnten mit Rekord-Fahrgastzahlen aufwarten. Im August unterzeichneten die Geschäftsführer der VSU und der Bodan-Werft einen Kooperationsvertrag über die gemeinsame Entwicklung eines Werftkonzeptes für die Bodenseeschiffsbetriebe. Als mögliche Standorte für eine große gemeinsame Werft stehen Romanshorn und Kressbronn zur Debatte.
Was lange währt wird endlich gut. Nach mehr als sechs Jahren kann der "Hafenstreit" zwischen den Städten Lindau und Konstanz Ende Oktober ohne Gerichtsentscheid beigelegt werden. Lindau wird Eigentümer aller Hafenflächen, die Stadt Konstanz bzw. deren Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) erhalten ein umfangreiches Nutzungsrecht für ihre Anlegeplätze und die Eilguthalle.
Alle Freunde
der Bodenseeschifffahrt können erleichtert auf das Jahr 2009 zurückblicken.
Kein Schiff wurde verschrottet, lediglich der Verkauf des MS
Bacchus an einen Schiffshändler und der Transport nach Holland machen etwas
wehmütig.
Die BSB Oldtimer "Baden" und "Schwaben"
wurden in der Werft in Friedrichshafen überholt und fit gemacht. Seit September
liegt das Lindauer MS Konstanz zur
Landrevision auf der Friedrichshafener Heling.
Das Bregenzer MS Austria konnte im
Jubiläumsjahr der Österreichischen Bodenseeschifffahrt seinen 70. Geburtstag
feiern und wird hoffentlich noch nicht so bald in Ruhestand gehen. Die
Bodensee-Lädine "St. Jodok" feierte im Mai seinen 10. Geburtstag und
erhielt zu diesem Anlass einen neuen Anlegesteg in Immenstaad.
Am 01.10. wurde das ehemalige Güterschleppboot und BSB-Arbeitsschiff "Möve"
am Konstanzer Werftgelände an Land gesetzt um vor dem weiteren Verfall im
Wasser geschützt zu werden.
Zum Jahresende kam die gute Nachricht von den Stadtwerken Konstanz, dass die Fähre
"Fontainebleau" derzeit auf der Werft in Romanshorn, überholt wird
und nicht nach Indienststellung der neuen Konstanzer Großfähre im Frühjahr
2010 ausgemustert wird.
Das Dampfschiff "Hohentwiel"
kann ebenfalls auf eine erfolgreiche Saison zurückblicken und kommt im März
2010 zur "Landkur" in die Werft in Romanshorn.
Neben der neuen
Stadtwerke-Fähre wird 2010 auch der Neubau der BSB in Dienst gestellt. Der
zukünftige Name dieses neuen Schiffes wird bereits heiß diskutiert.
Auch auf die folgenden Fragen werden wir vielleicht nächstes Jahr eine Antwort
bekommen oder weiter abwarten müssen:
Wie geht es mit der "Sonnenkönigin" weiter? Verbessert sich die
wirtschaftliche Situation bei den Bodensee-Katamaranen? Was passiert mit den
stillgelegten Schiffen "Lindau
(II)" und "Feldkirch"?
Wird es wieder Fahrten mit dem MS
Österreich geben? Wie wird die neue Anlegestelle im schweizerischen Altnau
angenommen? Wird das MS Bodman saniert
oder ausgemustert? Wie bewährt sich das MS Baden in seiner zukünftigen Heimat
Lindau? Lassen sich die Pläne für ein Dampfschiff auf dem Rhein verwirklichen?
Ist eine Hebung des Wracks der "Jura"
noch im Bereich des Möglichen? Wird der Wasserstand einen Schiffsbetrieb auf
allen Kursen für die gesamte Saison 2010 zulassen?...
Ans Ende dieses Rückblickes gehört wieder unser Dankeschön. Vielen Dank an die über 175.000 Besucher unserer Seiten in diesem Jahr - wieder ein Zuwachs von knapp 15.000 Besuchern gegenüber 2008. Vielen Dank an alle Schiffsbetriebe am See für Ihre Unterstützung und die persönlichen Kontakte. Großes Lob und Dank an alle Mitglieder unseres Forums für Eure Beteiligung und Eure Beiträge. Ein herzliches Dankeschön an alle Medien und Freunde rund um den Bodensee, die uns wieder mit Informationen, Berichten und Aufnahmen versorgt haben.
Wir wünschen
Ihnen/Euch allen ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2010
und natürlich wieder viele schöne Stunden an und auf dem Bodensee.
Florian und
Wolfgang Scholz
(Bodenseeschifffahrt.de v. 31.12.09)
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